In glänzenden Edelstahlfässern reifen Liköre und andere Spirituosen, wo früher in Vettelschoß Fertighausteile produziert wurden. Im ersten und ältesten Gebäude der ehemaligen Streif-Haus-Produktion auf dem Streif-Gelände wird Hochprozentiges maschinell in Flaschen abgefüllt und etikettiert. 1200 Flaschen pro Stunde sind möglich. „Ich war 2012 der erste Mieter hier auf dem Gelände“, sagt Heinz Spitz im Gespräch mit unserer Zeitung. Er entwickelt und produziert dort alkoholische Getränke.

Der Boden der Halle ist neu und nach Lebensmittelvorschriften gebaut. In der Hallenmitte steht eine von Spitz selbst entwickelte Maschine zur Herstellung seines Eierlikörs. In einem Nebenraum findet sich ein Labor, und hinter einer Tür verbergen sich Warenlager und Versand – in von Heinz Spitz mitentwickelten Verpackungen. „Ich verschicke rund 6000 Pakete pro Jahr und habe eine Beschädigungsquote von unter einer Promille“, berichtet Spitz. Er versendet seine Bio-Spirituosen und -Liköre an 800 Einzelhändler in der Bundesrepublik. An Bio- und Feinkostläden ebenso wie auf den Münchner Weihnachtsmarkt, auf den er 1000 Liter Eierlikör geliefert hat. „Ich bin in Hamburg oder München bekannter als hier in unserer Region“, ergänzt er.
„Aber dazu sind Genehmigungen von zehn Behörden notwendig.“
Heinz Spitz erklärt, warum er nicht selbst brennt, sondern veredelt.
Das soll sich bald ändern. Gerade ist der Raum für Werksverkauf und Verkostung fertig geworden. In den Regalen stehen alle von Spitz hergestellten Sorten. „Im Einzelhandel findet sich ja nur eine Auswahl, hier ist für jeden Geschmack etwas dabei.“ Und um Geschmack geht es ihm. Während bei Produkten wie Rum oder Wodka ein relativ hoher Alkoholgehalt vorgegeben sei, konzentriere er sich bei Likören und anderen Spirituosen auf den Geschmack, sagt Spitz. Auch dort spiele der Alkohol natürlich eine Rolle, allein als Geschmacksträger. „Aber mir geht es um den Genuss hochwertiger Produkte“, betont Spitz. Das Wesentliche aber sind die Zutaten. Bei Spitz ist alles Bioqualität, von den Frucht- und Kräutersäften bis zum zugelieferten Alkohol, denn Spitz brennt nicht selbst. Das sei zwar in Planung, verrät er. „Aber dazu sind Genehmigungen von zehn Behörden notwendig“, erklärt er. Das koste Zeit, und er mache so etwas ohne externe Hilfe, er hat nur vier Mitarbeiter in der Firma.

Seit 16 Jahren ist er biozertifiziert. Er versucht, alle Zutaten aus der Region – auf jeden Fall aber aus Deutschland – zu beziehen. Natürlich geht das bei Zitronen- oder Orangensaft nicht. Den Hanf für seinen Hanflikör aber bekommt er beispielsweise von einem Hanfanbauer aus Maria Laach. Heinz Spitz trifft mit seinen Produkten offenbar den Geschmack. Die DLG (Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft) hat seine Produkte mehrfach ausgezeichnet: In den vergangenen sechs Jahren hat er 35 Gold- und Silber-Auszeichnungen bekommen. In diesem Jahr allein viermal Gold – für den Kaffee-Likör, den Rosenlikör sowie für Orange und Cassis. Silber gab es für den Eierlikör. Jährlich entwickelt er fünf bis sechs neue Produkte, dafür fallen dann gelegentlich auch welche aus dem Sortiment. Rund 60 Sorten und Geschmacksrichtungen umfasst seine Produktpalette derzeit.
Angefangen hat alles als Hobby im Keller
Dabei ist Spitz weder Brenner noch Brauer. Er ist studierter Nachrichtentechniker und war in dieser Eigenschaft weltweit unterwegs. Schon als Grundschüler habe er mit dem Vergären von Früchten begonnen. „Das hat geklappt, aber nicht geschmeckt“, sagte er lachend. „Dann war da irgendwann der Ingwer-Wein, denn ich bin ein Ingwer-Fan“, erinnert sich Spitz. Die Flaschen habe er erst verschenkt, später dann über Ebay verkauft und mit dem Erlös die Zutaten gekauft. „In der Küche, im Wohnzimmer und im Keller, überall standen Fässer, Gläser und Zubehör. Anfang 2000 sei dann die Entscheidung gefallen. Als gebürtiger Vettelschoßer ist er in die Heimat zurückgekommen, hat die Räume einer ehemaligen Bäckerei gemietet und aus seinem Hobby den Beruf gemacht. Produktion und Verkauf wurden professionalisiert.

Zwölf Jahre später zog er in das Streif-Gewerbegebiet. Zunächst stellte er – wie schon als Schüler und Jugendlicher –nur Fruchtweine her. Auch die verkaufte und verschickte er an Einzelhändler im gesamten Bundesgebiet. „Und 2015 ist dann die Halle hier abgebrannt“, berichtet er. 70.000 Flaschen Wein seien vernichtet worden, und ein Jahr habe der gesamte Betrieb stillgestanden. Auch weil sich die Prüfungen der Versicherungen so lange hingezogen hätten. „Das war der Punkt, wo ich alles an den Nagel hängen und aufgeben wollte, weil die Situation so dramatisch und unübersichtlich war“, sagt Spitz nachdenklich.
„Ja, das war die richtige Entscheidung.“
Heinz Spitz über die Entscheidung, seinen Beruf für sein Hobby an den Nagel zu hängen.
Was in der großen Wirtschaft in solchen Krisen floskelhaft „Wir werden gestärkt aus dieser Krise hervorgehen“ heißt, war bei Spitz tatsächlich so. „Ich habe mich aufgerappelt, und statt Wein habe ich dann Liköre und Spirituosen produziert“, erzählt er. Also ein wirklicher Neuanfang, der auch gelungen ist, wie nicht zuletzt an den vielen hohen Auszeichnungen zu erkennen ist.

Der Brand, der Wiederaufbau, die Arbeit oft abends und am Wochenende – auf die Frage, ob er es noch einmal so machen würde, schaut der seit 37 Jahren verheiratete 59-Jährige kurz durch den Raum des Direktverkaufes und auf die Flaschen in den Regalen. „Beruf und Hobby habe ich zusammengebracht, das ist nicht immer einfach, aber es macht mir sehr viel Spaß. Ja, das war die richtige Entscheidung.“
Der Werksverkauf in der Hans-Streif-Straße 2 ist montags bis freitags von 8.30 bis 13 Uhr und von 14.30 bis 16.30 Uhr geöffnet. Unter https://www.spitz.bio/ können die Produkte auch online bestellt werden, dort gibt es auch weitere Informationen.


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