Symptome erkennen
Hitze erhöht Gefahr von Schlaganfällen auch in Neuwied
Ein Notfallsanitäterin schiebt eine Seniorin nach einem Schlaganfall auf einer Trage in die Notaufnahme eines Krankenhauses. (Symbolfoto)
Boris Roessler/dpa. picture alliance/dpa

Längere Hitzeperioden mit heißen Nächten steigern das Risiko für einen Schlaganfall, wissen die Experten der Stroke Unit im St.-Elisabeth-Krankenhaus in Neuwied. Doch woran ist ein Schlaganfall zu erkennen und wie kann man vorbeugen?

Lesezeit 4 Minuten

Ein Schlaganfall hat das Leben einer 46-jährigen Neuwiederin komplett auf den Kopf gestellt. Sie kämpft sich zurück in den Alltag und braucht dafür finanzielle Unterstützung. Doch wie häufig sind Schlaganfälle in Neuwied? Wie alt sind die Menschen, die damit ein Krankenhaus aufsuchen? Und woran erkennen Laien diesen gefährlichen Zustand?

„Die Fallzahlen sind von Jahr zu Jahr schwankend, aber man kann festhalten, dass in Zeiten mit längeren Hitzeperioden, wenn dann auch die Nächte heiß bleiben, das Risiko steigt und es zu mehr Fällen kommen kann“, berichtet Dietmar Bochert, Pressesprecher der Marienhaus-Gruppe, aus dem Marienhaus-Krankenhaus St. Elisabeth in Neuwied. Dort gibt es eine Stroke Unit, eine Spezialeinheit für Schlaganfall-Patienten. Am Marienhaus Klinikum St. Elisabeth in Neuwied würden pro Jahr zwischen 50 und 100 Fälle in dieser Stroke Unit versorgt, berichtet der Sprecher weiter: „Das Altersspektrum reicht von 60 Jahre bis über 90 Jahre, der Altersschnitt liegt bei 70 Jahren.“

„Es kann jeden treffen, und im Fall der Fälle zählt jede Minute.“
Dietmar Bochert, Pressesprecher der Marienhaus-Gruppe

Der Schlaganfall sei eine schwerwiegende, lebensbedrohliche und plötzlich auftretende Erkrankung. Mehr als eine Viertelmillion Deutsche seien jährlich davon betroffen, weiß Bochert, jeder Fünfte versterbe nach wenigen Wochen an den Folgen. „Es kann jeden treffen, und im Fall der Fälle zählt jede Minute“, macht er deutlich und betont: „Daher ist ein Schlaganfall immer ein Notfall, bei dem der Rettungsdienst gerufen werden sollte.“

Der leiste eine fachgerechte Erstversorgung und bringe die betroffene Person zu einem Krankenhaus mit entsprechenden medizinischen Möglichkeiten – eben mit einer Stroke Unit , wie es sie etwa am Marienhaus-Klinikum in Neuwied oder in der Rhein-Mosel-Fachklinik in Andernach gibt.

FAST-Test hilft beim Erkennen

„Ein Schlaganfall hat in den allermeisten Fällen bestimmte Symptome. Diese helfen Angehörigen, ihn zu erkennen und die richtigen Maßnahmen einzuleiten“, erzählt Bochert weiter. Der sogenannte FAST-Test helfe dabei. Die Großbuchstaben stehen für englische Worte: Face heißt Gesicht, Arms Arme, Speech meint die Sprache und Time die Zeit. Das ist eine kurze Merkformel, um zu überprüfen, ob ein Schlaganfall vorliegt.

Gesicht: „Bitten Sie die Person zu lächeln! Hängt ein Mundwinkel herab, deutet dies auf eine Halbseitenlähmung als Folge des Schlaganfalls hin“, erklärt der Pressesprecher. Zu den Armen sagt er: „Lassen Sie die Person beide Arme nach vorne strecken und dabei die Handflächen geöffnet nach oben heben. Bei einem Schlaganfall können nicht beide Arme gehoben werden – einer sinkt oder dreht weg.“

„Wählen Sie unverzüglich die 112 und schildern die Symptome.“
Dietmar Bochert, Pressesprecher der Marienhaus-Gruppe

Wenn das Gegenüber einen einfachen Satz nicht nachsprechen kann oder es verwaschen klingt, liege wahrscheinlich eine schlaganfallbedingte Sprachstörung vor: „Wählen Sie unverzüglich die 112 und schildern die Symptome“, rät Dietmar Bochert zu zeitlicher Schnelligkeit und weiter: „Sorgen Sie dafür, dass ansprechbare Personen bei Bewusstsein bleiben und bequem mit erhöhtem Oberkörper gelagert werden. Sprechen Sie ruhig mit ihnen, trösten Sie sie und halten Sie Körperkontakt.“

Aufregung und Unruhe im Umfeld sollten dringend vermieden werden. Bei Bewusstlosigkeit und normaler Atmung solle für eine stabile Seitenlage auf der gelähmten Körperhälfte gesorgt werden, bei fehlender Atmung für unmittelbare Wiederbelebungsmaßnahmen.

Es gebe weitere Symptome. „Sehr oft treten plötzliche und heftige Kopfschmerzen auf, oft begleitet von einem steifen Nacken“, sagt der Sprecher. Schluckbeschwerden, Übelkeit und Erbrechen, Lähmungserscheinungen an Armen und Beinen einer Körperseite oder ein einseitig geschlossenes Augenlid seien weitere Anzeichen für einen Schlaganfall.

Der könne jeden treffen, aber das Risiko sei für Männer und für Menschen älter als 50 Jahre höher. Die Altersgruppe ab 60 Jahren macht fast 80 Prozent aller Schlaganfälle aus. Da Frauen aber älter werden als Männer, erleiden sie oftmals viel später einen Schlaganfall und sind daher im Alter deutlich überproportional vertreten. Rauchen, Übergewicht und Bewegungsmangel seien „Killerfaktoren“ in jedem Alter.

70 Prozent der Fälle sind vermeidbar

„Jeder kann etwas gegen Schlaganfälle tun, zumal rund 70 Prozent als vermeidbar angesehen werden“, sagt Dietmar Bochert und rät: „Bewegen Sie sich mindestens drei Mal in der Woche für 30 bis 45 Minuten. Achten Sie auf Ihr Gewicht, ernähren Sie sich ausgewogen, und bereiten Sie Ihre Speisen möglichst frisch zu – mit wenig Salz und möglichst keinen gesättigten Fettsäuren.“ Bei Übergewicht, bei dem es schwerfalle, es zu reduzieren, solle gemeinsam mit dem Hausarzt darüber gesprochen werden, wie man das gemeinsam angehen kann. „Hören Sie mit dem Rauchen auf oder suchen Sie Rat zur Nikotinentwöhnung. Sie erreichen damit einen unmittelbaren positiven Effekt“, betont der Sprecher. Übermäßiger Alkoholkonsum solle ebenfalls wegfallen. Und: „Lassen Sie regelmäßig Ihren Blutdruck und den Blutzuckerwert überprüfen, um Risikofaktoren frühzeitig zu erkennen und behandeln zu können“, so Bochert. mwa

Top-News aus der Region