Zweiter Energiegipfel des Wirtschaftsforums mit überraschender Ankündigung
Heizkraftwerk soll ans Fernwärmenetz: Beim Energiegipfel in Neuwied verkündet
Die Teilnehmer des zweiten Energiegipfels des Wirtschaftsforums Foto: Rainer Claaßen
Rainer Claaßen

Neuwied. Das Wirtschaftsforum Neuwied – ein Zusammenschluss, der sich die Förderung und Weiterentwicklung der Zusammenarbeit und Entwicklung von Neuwieder Unternehmen zum Ziel gesetzt hat – hatte im Juni erstmals einen Energiegipfel veranstaltet. Nun gab es einen zweiten Gipfel-  mit einer überraschenden Nachricht.

Beim ersten Energiegipfel war der Eindruck nach den Vorträgen ernüchternd: Es wurden zwar Möglichkeiten aufgezeigt, wie auch der hohe Energiebedarf vieler Industrieunternehmen perspektivisch gedeckt werden kann. Bis etwa für Hochtemperaturöfen, die auch hier in der Region bei einigen Unternehmen benötigt werden, konkrete Lösungen verfügbar sind, ist aber noch viel Entwicklungsarbeit nötig.

Wasserstofftechnologie: Experte zeichnet positives Bild der Chancen

Umso erfreulicher waren die Aussagen, die jetzt bei der zweiten Veranstaltung zu hören waren: In der Zooschule in Heimbach präsentierte zum Auftakt Heribert J. Wiedenhues seine Überlegungen zu Chancen deutscher Unternehmen im Bereich Wasserstofftechnologie – und zeichnete dabei ein äußerst positives Bild mit vielen Chancen, die nur ergriffen werden müssen. Die bieten sich laut Wiedenhues nicht nur für Großkonzerne, sondern auch für mittelständische Unternehmen aus der Region.

Ursprünglich sollte dieser Vortrag erst nach den Präsentationen von Philipp Engel und Thomas Velten von der Flohr AG gehalten werden. Wegen Problemen bei der Anreise von Jürgen Kirsch aus dem Saarland, der in Verbindung mit den beiden präsentieren sollte, wurde die Planung kurzfristig umgestellt. Für die Dramaturgie des Abends war das durchaus von Vorteil, denn obwohl die zweite Präsentation vergleichsweise nüchtern vorgetragen wurde, enthielt sie einen Paukenschlag für die Perspektiven der Energieversorgung in Neuwied.

Wie das Biomasseheizkraftwerk von Flohr funktioniert

Zunächst stellte Geschäftsführer Engel die Historie und das breite Portfolio der Flohr-Unternehmensgruppe vor. Im Zentrum steht dabei das Biomasseheizkraftwerk auf dem ehemaligen Rasselstein-Gelände. Dessen Funktion erklärte anschließend der technische Betriebsleiter Thomas Velten: In einem gewaltigen Kessel werden verschiedene Arten von Althölzern verbrannt, die mit eigenen Transportern angeliefert und entsprechend aufbereitet werden. Laut dem Unternehmen werden die Emissionen aufgefangen und Abfallprodukte wiederverwertet. Über eine Turbine wird dabei Strom erzeugt, der ins Netz eingespeist wird – damit können circa 12.000 Haushalte versorgt werden.

Der entstehende Dampf wurde früher für die Weißblechproduktion bei Rasselstein genutzt. Seitdem der Produktionsstandort aufgegeben wurde, gibt es dafür keine Verwendung mehr – der eigentlich wertvolle heiße Dampf wird in die Umwelt abgegeben. Die so vergeudete Energie würde laut den Berechnungen des Unternehmens genügen, um etwa 5600 Einfamilienhäuser zu versorgen – 14 Millionen Kubikmeter Erdgas könnten so theoretisch eingespart werden.

Spanischer Investor möchte in Europa expandieren

Nach diesen Erläuterungen übernahm Jürgen Kirsch die Präsentation. Der beschrieb zunächst die Historie des Energiekonzerns Steag, der schon lange Zeit mit Flohr kooperiert. Wie viele andere Unternehmen dieser Branche stellt auch der ehemals vor allem als Kohleverstromer bekannte Konzern sich aktuell neu auf, und beschäftigt sich unter dem Namen „Iqony Energies“ mit erneuerbarer Energie. Der spanische Investor Asterion hat das Unternehmen kürzlich übernommen und möchte auf dem europäischen Markt expandieren.

Und davon soll nun auch Neuwied profitieren. Recht verklausuliert kündigte Kirsch die konkreten Pläne an: Es gab bereits intensive Gespräche zwischen Iquony und Flohr, und auch die Stadtwerke waren bereits involviert. Bisher sind zwar noch keine Verträge unterzeichnet. Aber in einem Szenario stellte Kirsch einen Entwicklungsplan vor, bei dem bis zum Ende des Jahrzehnts große Teile der Innenstadt und Heddesdorfs mit Fernwärme versorgt werden könnten. Auch das Industriegebiet Dieselfeld wird in diesem Szenario berücksichtigt.

Noch viele Hürden für Vertragsgestaltung

Auf Rückfragen bremste Kirsch allerdings die Euphorie – bei der Vertragsgestaltung warten noch viele Hürden. Und auch ein Vertreter der Stadtwerke ergänzte, dass auch der tatsächliche Bedarf zunächst geklärt werden muss. Der Ausbau geht mit Rohrverlegungen und Straßenbauarbeiten einher, die kostspielig sind – wenn diese Kosten von Bürgern oder Unternehmen getragen werden müssen, könnte deren Interesse trotz der Einsparpotenziale bei den Energiepreisen ausbleiben.

Irritiert wirkte auch Fred Häring als Vertreter des Unternehmens Asas. Auf dessen Gelände befindet sich das Heizkraftwerk. Als Vermieter wurde Asas aber bisher offenbar noch nicht in die Pläne eingeweiht. Und auch bei dem vorgestellten Szenario des Netzausbaus spielte das ehemalige Industriegelände, in dem ein neuer Stadtteil entstehen und Industrieunternehmen angesiedelt werden sollen, keine Rolle.

Pläne wurden allgemein begrüßt

Für große Euphorie ist es also wohl noch zu früh – ob die Planung so tatsächlich umgesetzt werden kann, muss sich erst zeigen. Dennoch wurden die Pläne allgemein begrüßt – dass so viel Energie ungenutzt verpufft, ist schlicht nicht zeitgemäß.

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