Caritasverband informiert in Neuwied über Interventionsstellen für Frauen - Fast 11 000 Beratungen innerhalb von 15 Jahren
Gewalt gegen Frauen hinter verschlossenen Türen: Veranstaltung in Neuwied macht auf Problem aufmerksam
Caritasverband informiert in Neuwied über Interventionsstelle für Frauen
Bettina Echtermeyer von der Koblenzer Interventionsstelle gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen (2. von rechts) und Olga Scott, Fachteamleiterin der Interventionsstellen des Caritasverbands Rhein-Wied-Sieg, informierten beim Elisabeth-Tag über ihre Arbeit. Dazu eingeladen hatten sie Caritasdirektor Eberhard Köhler (rechts) und Bernd Wagener, Erster Vorsitzender des Caritasrates. Foto: Bistum Trier/Julia Fröder
Bistum Trier/Julia Fröder

Neuwied. Der Caritasverband Rhein-Wied-Sieg informierte in Neuwied über die Interventionsstellen für Frauen – fast 11 000 Beratungen innerhalb von 15 Jahren.

„An jedem Tag versucht ein (Ex-)Partner seine (Ex-)Partnerin umzubringen; an jedem dritten Tag gelingt es einem“: Mit diesen schockierenden Worten hat Bettina Echtermeyer die Teilnehmer des Elisabeth-Tages auf die Statistik im Bereich Gewalt in engen sozialen Beziehungen hingewiesen. Unter der Überschrift „Hinter verschlossenen Türen – Gewalt gegen Frauen“ trafen sich auf Einladung des Caritasverbandes Rhein-Wied-Sieg Vertreter aus Politik, Verwaltung, Polizei, Gesellschaft und Kirche sowie ehrenamtlich und hauptamtlich Mitarbeitende in der Katholischen Familienbildungsstätte in Neuwied. Das geht aus einer Pressemitteilung des Verbands hervor.

„Wir haben ein ernstes Thema gewählt in einer Zeit, in der wir viele Aufgaben stemmen und die ganze Welt im Blick haben müssen. Doch es geschieht direkt vor unserer Haustüre“, unterstrich Caritasdirektor Eberhard Köhler die Bedeutung dieses Nachmittags. Es sei Gewalt, die nicht so öffentlich wahrnehmbar ist, sagte auch Bernd Wagener als Erster Vorsitzender des Caritasrates. „Aber das Thema ist sehr nah.“

„Wir haben ein ernstes Thema gewählt in einer Zeit, in der wir viele Aufgaben stemmen und die ganze Welt im Blick haben müssen. Doch es geschieht direkt vor unserer Haustüre.“

Caritasdirektor Eberhard Köhler

Bettina Echtermeyer berichtete von ihren Erfahrungen aus einer Koblenzer Interventionsstelle für Frauen, die Gewalt in engen sozialen Beziehungen erleben und auch von ihrer Arbeit in einer Kinderinterventionsstelle. Dabei sei es wichtig, zu wissen, dass es nicht nur die körperliche Form von Gewalt gebe, sondern viele weitere wie psychische Gewalt durch Beleidigungen und Demütigung oder soziale Gewalt mit der Unterbindung von sozialen Kontakten und die damit einhergehenden Isolation oder auch eine ökonomische Gewalt, sodass die Frau sich in einer finanziellen Abhängigkeit befindet.

„Die Anliegen der Frau werden immer ernst genommen, und die Entscheidung, bei dem gewalttätigen Partner zu bleiben oder ihn zu verlassen, liegt ganz bei ihr. Denn eine Entmächtigung erleben die Frauen schon durch ihren Partner“, erklärte Echtermeyer. Die Mitarbeiterinnen der Interventionsstelle, die sich in Koblenz in Trägerschaft des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) befindet, zeigen den Frauen unterschiedliche Perspektiven auf, sensibilisieren für das Fehlverhalten der gewalttätigen Partner und schätzen gemeinsam die Gefahrenlage ein.

Schutzkonzepte und Rechte werden aufgezeigt

„Die Frau ist Expertin für ihr Leben“, betonte auch Fachteamleiterin Olga Scott für die Interventionsstellen für Frauen und Kinder in Trägerschaft des Caritasverbands Rhein-Wied-Sieg in Neuwied und Betzdorf. Die Stellen informieren über rechtliche Möglichkeiten, stellen gemeinsam mit den Frauen Schutzkonzepte auf, unterstützen bei dem Umgang mit Behörden und können auch an weitere (Caritas-)Dienste verweisen. Die Beratung ist kostenlos, vertraulich und auf Wunsch anonym; Religionszugehörigkeit, Weltanschauung und Nationalität spielen keine Rolle. Die Interventionsstelle gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen des Caritasverbands gibt es seit 15 Jahren. In dieser Zeit fanden dort fast 11.000 Beratungen statt.

In vielen Beziehungen gebe es auch Kinder, die die Gewalt der Erwachsenen miterleben müssten. „Sie sind immer mitbetroffen“, berichtete Echtermeyer. Auch wenn diese vielleicht nicht geschlagen würden, erlebten sie doch psychische Gewalt. „Für die Kinder ist Gewalt normal. Sie gehört zum Alltag“, so die Referentin des Elisabeth-Tages. Hier sei es wichtig, ihnen altersgerecht und transparent die Lage zu erklären. „Uns geht es auch darum, die Frauen in ihrer Mutterrolle zu stabilisieren und das Vertrauen in sich selbst zu stärken, da sie oft einen geringen Selbstwert haben“, erklärte Echtermeyer. Bei Kindern ab sechs Jahren gibt es auch die Möglichkeit zu Einzelgesprächen.

Auch seit einem Jahr Kinder im Blick

Seit einem Jahr gibt es die Kinderinterventionsstelle auch beim Caritasverband Rhein-Wied-Sieg. In dieser Zeit hatten die Mitarbeiter mit 40 Familien Kontakt und haben fast 250 Gespräche geführt. „Wir brauchen eine verlässliche und ausreichende Finanzierung, verfügbare Schutzräume wie Frauenhäuser und finanzielle Unterstützung für Einzelfälle“, formulierte Scott Forderungen an die Politik. Die Interventionsstellen werden vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Rheinland-Pfalz gefördert.

Kontakt und Wissenswertes

Die Interventionsstelle Neuwied ist zu erreichen unter der Telefonnummer 02631/987 552 oder per E-Mail an interventionsstelle@caritas-neuwied.de – die Kinder-Interventionsstelle (KIST) ist zu erreichen unter der Telefonnummer 0176/84 985 944 oder per E-Mail an kinder-ist@caritas-neuwied.de – beide Interventionsstellen sind zu finden in der Heddesdorfer Straße 5 in Neuwied. An die Interventionsstellen können sich alle Frauen, die an Gewalt in engen sozialen Beziehungen leiden, wenden. Des Weiteren können die Stellen mit dem Einverständnis der Frauen durch die Polizei informiert werden. red

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