Die Geschichte begann filmreif in Dierdorf, und sie endete nicht weniger spektakulär in Trier: Der am 26. November auf dem Aquafit-Parkplatz brutal geraubte Audi RS6 ist am Dienstagnachmittag wieder aufgetaucht – sein Fahrer lieferte sich eine irre Verfolgungsjagd mit 30 Polizeiautos quer durch das Trierer Umland. Schließlich nahm die Polizei einen 29-jährigen Mann aus der Region Trier fest, der zuletzt in den Niederlanden gemeldet war.
Das Geschehen vom Dienstagmittag erinnert an einen Actionstreifen, so wie die Polizei berichtet: Gegen 13.30 Uhr fällt Polizisten der zur Fahndung ausgeschriebene silberfarbene Audi RS6 im Ort Welschbillig auf, etwa 15 Kilometer von der Trierer Innenstadt entfernt. Der Wagen trägt verdächtige Luxemburger Kennzeichen mit den Anfangsbuchstaben WT – sie wurden zuvor als verloren gemeldet.
Der Fahrer des Audi reagiert jedenfalls maximal alarmiert, drückt aufs Gas und rast mit Höchsttempo davon. Dann geht es kreuz und quer durch die Landschaft, über die Bundesstraße 51 in Richtung Trier, dann weiter Richtung Biewer und Mertesdorf, ins Ruwertal und über Korlingen zurück nach Trier.
Dabei hetzt die Polizei dem 450-PS-Boliden mit einem Großaufgebot hinterher – mehr als 30 Polizeifahrzeuge und der Polizeihubschrauber sind beteiligt. Dennoch verlieren die Einsatzkräfte mehrmals den Blickkontakt zum Audi – so schnell rast der Verdächtige durch die Gegend. Während der Verfolgungsjagd kommt es zu etlichen gefährlichen Situationen und drei leichten Verkehrsunfällen, verletzt wird zum Glück niemand.
Schließlich endet die Hatz im beschaulichen Avelertal im Nordosten von Trier: Die Polizei findet den Audi verlassen vor. Den Fahrer, dessen Namen die Beamten inzwischen kennen, finden sie gegen 14.25 Uhr nicht weit vom Auto entfernt in einer Anwohnerstraße. Sie nehmen ihn fest. Gegen ihn wird ermittelt – wegen mehrfachem gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr, aber auch wegen der Frage, wie er an den Audi gekommen ist.
In diese Fahndung ist natürlich die Kripo Neuwied am Mittwoch eingebunden – schließlich wurde hier unter Hochdruck an dem Fall des Audi-Raubs gearbeitet. Der hatte in und um Dierdorf für Aufsehen gesorgt: An jenem Dienstagabend Ende November hatte sich der Besitzer der 15 Jahre alten Limousine mit einem Kaufinteressenten auf dem Parkplatz des Aquafit-Hallenbades in Dierdorf verabredet. Der Audi war zuvor für 20 900 Euro in einem Internetportal inseriert gewesen – es handelt sich um einen Re-Import aus Japan mit Sonderausstattung. Doch die Verkaufsverhandlung endete in Brutalität: Der Kaufinteressent – er wird als dunkel gekleideter, kräftiger, etwa 35 Jahre alter Mann mit polnischem oder russischem Akzent beschrieben – zerrte den Besitzer vom Fahrersitz, sprang hinein und fuhr los. Der Besitzer warf sich noch auf die Motorhaube, wurde aber vom startenden Wagen geschleudert und leicht verletzt. Der Räuber raste davon, fuhr beinahe noch einen Passanten über den Haufen – und verschwand.
Damit fiel der Startschuss zu einer groß angelegten Fahndung – die jetzt auf unerwartete Weise ein Ende fand.
[Update 13.35 Uhr:] Wie die weiteren Ermittlungen ergaben, handelt es sich bei dem 29-jährigen Verdächtigen, der in Trier mit dem Audi umherraste, um den Räuber von Dierdorf. Als er bei der Kripo Neuwied und der Staatsanwaltschaft Koblenz vernommen wurde, gab er die Tat zu, teilen die Neuwieder Fahnder mit. Nach der Vorführung bei der Haftrichterin am Amtsgericht wanderte er in Untersuchungshaft. Ihm werden noch weitere Straftaten zur Last gelegt.
Nachdem die Kripo Neuwied den Raub von Dierdorf öffentlich gemacht hatte, hoffte sie noch auf Zeugenhinweise vom Aquafit-Parkplatz – vergeblich, wie sie jetzt im Nachhinein mitteilt. Doch im Zuge der umfangreichen Ermittlungen kamen die Fahnder vom für Eigentumsdelikte zuständigen Kommissariat in Neuwied dem Audi dennoch auf die Spur und fanden „Hinweise auf einen Abstellort des Fahrzeuges zwischen Trier und Bitburg“, wie es nun in einer Pressemitteilung heißt.
Von unserem Redaktionsleiter Tim Kosmetschke