Ähnlich wie bei vielen Kunden gibt es auch bei den Fahrzeughändlern zwei Lager: Einige wollen aufgrund schlechter Erfahrungen oder negativer Berichte am liebsten gar nichts mit batteriebetriebenen Autos zu tun haben. Andere sehen hier eine Chance, sich frühzeitig zu positionieren und sich auf einen Zukunftsmarkt vorzubereiten. Ein Argument, das gleich mehrere Händler anbringen, die sich noch zurückhalten: Da die Neuanschaffung oft noch stark subventioniert wird, erscheint es vielen Kunden wirtschaftlicher, die Förderungen mitzunehmen und auf ein Neufahrzeug zu setzen.
Gebrauchtwagenhändler Martin Hofmann aus Neuwied erklärt: „Zählt man die staatliche Förderung und die Förderung durch die Konzerne zusammen, konnten Kunden zeitweise mehr als 10.000 Euro vom eigentlichen Preis abziehen. Beim Verkauf von Gebrauchten kommt man dagegen nicht an.“
Nach meiner Einschätzung wird es noch etwa drei bis fünf Jahre dauern, bis dieses Geschäft wirklich eine große Rolle spielen wird.
Oliver Kaes von Löhr Automobile Neuwied
Zudem sieht Hofmann große Risiken beim Thema Gewährleistung. Er berichtet von einem Hybridfahrzeug, bei dem die Batterie ausgefallen sei. Die Reparatur habe 15.000 Euro gekostet. Das war dem Kunden zu viel – er nutzt jetzt nur noch den ebenfalls eingebauten Verbrennermotor. Hofmann beobachtet auch, dass in den Werkstätten der Neuwagenhändler viel an den Elektrofahrzeugen gearbeitet wird. Nach seiner Einschätzung sind diese oft noch sehr störungsanfällig. Persönlich möchte er hier nicht das Risiko eingehen, über die Gewährleistungspflicht für die Kinderkrankheiten der neuen Technik aufkommen zu müssen.
Etwas optimistischer ist Oliver Kaes vom VW-Händler Löhr in Neuwied. „Nach meiner Einschätzung wird es noch etwa drei bis fünf Jahre dauern, bis dieses Geschäft wirklich eine große Rolle spielen wird. Noch kommen einfach zu wenige gebrauchte Elektrofahrzeuge in den Verkauf“, sagt er. In den vergangenen beiden Jahren sei die Marktlage nach seiner Einschätzung ohnehin stark schwankend. „Ich bin sicher, dass wir schon in wenigen Jahren in einer ganz anderen Automobilwelt leben werden, die dann viel mehr von Elektromobilität dominiert ist. Die dafür nötige Infrastruktur wird gerade ausgebaut. Das ist vielen Kunden bewusst, dennoch entscheiden sich aktuell viele letztmals noch für das Fahrzeug mit Verbrennermotor.“
Wer schnell und ohne lange Lieferzeit auf einen Stromer umsteigen möchte, sollte den Gebrauchtwagenmarkt genau im Blick haben, denn E-Autos werden auch dort zur echten Alternative.
Das teilt der ADAC mit.
Ein gebrauchtes Elektrofahrzeug konnte er aber schon an den Mann bringen: „Gerade im Preissegment unter 30.000 Euro gingen die ID-Modelle als Jahreswagen gut weg. Damit lagen sie auch etwa 30 Prozent unter dem Neupreis“, erklärt Kaes. Der Preisverfall im ersten Jahr kann also mit dem von Verbrennern verglichen werden. Von aktuell etwas mehr als 800 Fahrzeugen, auf die Kaes zugreifen kann, sind 772 mit Verbrennermotoren ausgestattet. Der Anteil an Elektro- und Hybridfahrzeugen liegt also bei weniger als 5 Prozent.
Der Allgemeine Deutsche Automobil Club (ADAC) hat kürzlich in Sachen E-Auto-Markt neue Zahlen und Fakten auf den Tisch gelegt. Der Markt für gebrauchte Elektroautos wachse spürbar, heißt es in einer Pressemitteilung. Auch gingen die Preise zurück. „Wer schnell und ohne lange Lieferzeit auf einen Stromer umsteigen möchte, sollte den Gebrauchtwagenmarkt genau im Blick haben, denn E-Autos werden auch dort zur echten Alternative“, so der Club.
Ehemalige Firmenwagen kommen nun auf den Markt
Auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigt der ADAC die Entwicklung, die aus Sicht von Händlern und Autokäufern grundsätzlich einmal positiv daherkommen sollte: Die Anzahl der gebrauchten E-Autos im Markt steigt an. „Es kommen derzeit vermehrt Elektroautos auf den Gebrauchtwagenmarkt“, so Sprecher Micha Gebhardt.
Vor allem zwei Gründe macht der ADAC dafür aus. Zum einen wurde 2020 der Umweltbonus des Bundes deutlich erhöht, auch seien da, so der Sprecher, einige „attraktive Elektromodelle“ auf den Markt gelangt. Das habe diesen seinerzeit angekurbelt, vor allem Firmenwagen wurden verkauft. Nun, drei Jahre später, laufen die Leasingverträge aus, und die Modelle gehen auf den freien Markt. Hinzu kommt, dass 2024 die E-Auto-Förderung etwas reduziert wird.
Das Autohaus Dax in Oberbieber hat sich auf Fahrzeuge des Herstellers Hyundai spezialisiert, dessen Elektrofahrzeuge oft auf den Straßen zu sehen sind. Verkäuferin Daniela Stein sagt, dass davon aber nur sehr wenige auch hier wieder in den Verkauf kommen: „Meistens handelt es sich um Leasingfahrzeuge, die nach der Laufzeit wieder zurück an die Bank gehen. Die bringt sie natürlich auch wieder in den Verkehr, soweit ich weiß aber in den meisten Fällen im europäischen Ausland“, erklärt sie. Ein einziges Fahrzeug aus privatem Bestand hat der Händler bisher zurückerhalten. Das kann dann in nächster Zeit angeboten werden.
Wir reden immer noch von einem überschaubaren Markt.
ADAC-Sprecher Micha Gebhardt
Auch der ADAC lässt über Sprecher Gebhardt mitteilen: „Wir reden immer noch von einem überschaubaren Markt.“ Wenn man bei einschlägigen Portalen schaue, wie viele E-Fahrzeuge dort angeboten würden, sei das deutlich mehr als bisher.
Während gleich mehrere Händler betonen, dass sie zumindest bisher recht bewusst nicht in den Markt mit gebrauchten Elektrofahrzeugen eingestiegen sind, hat Bernfried Mohr aus Neuwied hier weniger Berührungsängste. „Es ist zwar noch etwas schwer, an interessante Fahrzeuge zu kommen. Wir haben aber immer mehrere Elektrofahrzeuge auf dem Hof – und die gehen dann auch schnell weg“, erklärt er.
Aus seiner Erfahrung ist es eine spezielle Personengruppe, die sich für diese Autos interessieren: „Die meisten Interessenten sind älter als 50, haben ein eigenes Haus etwas außerhalb, wo sie ohne allzu großen Aufwand für die Ladeinfrastruktur sorgen können, oft in Verbindung mit einer eigenen Fotovoltaikanlage. Aber auch die Stadtwerke haben bei mir schon mehrere gebrauchte E-Fahrzeuge gekauft“, sagt er. Für Pendler oder Menschen, die lange Strecken in Urlaub fahren, sind die aktuell verfügbaren Fahrzeuge hingegen kaum interessant. Er bezieht die gebrauchten Stromer von Leasinggesellschaften. In der Regel waren sie für etwa zwei Jahre auf den Straßen unterwegs.
Die Entwicklung bezüglich Zuverlässigkeit und Reichweite ist aktuell rasant – die jetzt neu angebotenen Autos sind den Gebrauchten in vielerlei Hinsicht überlegen.
Autohändler Bernfried Mohr aus Neuwied
Aus der Sicht von Mohr sprechen die günstigen Preise für diese Autos: Sie liegen nach dieser Zeit schon etwa 45 Prozent unter dem Neupreis. Das hat nachvollziehbare Gründe: „Die Entwicklung bezüglich Zuverlässigkeit und Reichweite ist aktuell rasant – die jetzt neu angebotenen Autos sind den Gebrauchten in vielerlei Hinsicht überlegen“, sagt Mohr. Er wünscht sich, dass es mehr Möglichkeiten gibt, die Elektrofahrzeuge überprüfen zu lassen. Grundsätzlich bietet der TÜV die Möglichkeit an, den Zustand von Akkus zu testen, allerdings nicht an allen Standorten und dann mit mehrwöchigen Wartezeiten.
Bernfried Mohr setzt aktuell auf Fahrzeuge, die nicht älter als 2,5 Jahre sind und die unter 20.000 Kilometer gefahren sind. Mit denen hat er bisher keine negativen Erfahrungen gemacht. Sicher ist: Der Markt wird sich ändern – wie schnell das geht, muss sich noch zeigen.