Baumgartner kann sich noch gut an die Reportage aus dem Radio von vor 70 Jahren erinnern. Auch daran, dass die Schweizer Fußballanhänger, wohl noch in Gedanken an den Zweiten Weltkrieg, nach dem Schlusspfiff nicht gerade in Jubelarien ausbrachen. „Aber vielleicht war das Spiel einer der Gründe, warum ich wenig später mit dem Fußballspielen begonnen habe“, so der 77-Jährige und ergänzt mit einem Lächeln: „Ein weiterer Grund dürfte gewesen sein, dass ich, wenn ich beim Training oder Spiel war, zu Hause im elterlichen Betrieb nicht mitarbeiten musste.“
Aber, dass die Schweiz ins Viertelfinale kommt, davon bin ich überzeugt.
Urs Baumgartner
Schon vor dem ersten Spiel der Fußball-EM 2024 hat Baumgartner die Schweizer Fahne am Balkon seiner Wohnung in der Neuwieder Seminarstraße gehisst. Klar, dass er als echter Schweizer auch beim Spiel der Eidgenossen gegen Deutschland seinen Landsleuten die Daumen drückt. „Ich tippe trotzdem auf einen knappen Sieg für Deutschland“, sagt der agile Rentner. „Aber, dass die Schweiz ins Viertelfinale kommt, davon bin ich überzeugt. Und die Stars wie den Leverkusener Granit Xhaka, den mittlerweile in den USA spielenden Xherdan Shakiri, die Torhüter Yann Sommer und Gregor Kobel oder Breel Embolo von AS Monaco kennen die deutschen Fans ja auch alle aus der Bundesliga.“
Schon in jungen Jahren hatte der gelernte Betriebswirt aus beruflichen Gründen seine Heimat in der Schweiz verlassen und zog nach Straßburg. Bei einem Sprachaufenthalt in England lernte er seine heutige Frau Hildegard kennen. Man zog nach Bonn, Andernach und fand in erster Linie wegen der drei Kinder (zwei Söhne, eine Tochter) in Neuwied ein festes Zuhause. Rund 25 Jahre war Baumgartner bis zu seiner Pensionierung bei der Firma Winkler und Dünnebier beschäftigt, arbeitete dann in verschiedenen Schulen, indem er die Jungen und Mädchen auf ihren Berufsalltag vorbereitete, heute noch gibt er Englischunterricht in der Familienbildungsstätte.
Schweizer auch stolz auf weitere sportliche Erfolge seiner Nation
Dass in der Schweiz, anders wie in Deutschland, Fußball nicht die Sportart Nummer eins ist, hält Baumgartner aber nicht davon ab, dass er bei der EM kein Spiel verpasst. Aber auch auf die anderen Sportarten schaut er und ist ebenfalls ein wenig stolz. „Schließlich wurden wir vor ein paar Wochen Eishockeyvizeweltmeister, bei den Leichtathletikeuropameisterschaften holte die Schweiz vier Goldmedaillen, und der Winter mit den Schweizer Skicracks kommt ja erst noch.“
Wie lange die Baumgartners nun die rot-weiße Nationalflagge an ihrem Balkon befestigen, dürfte in erster Linie vom Abschneiden der Mannschaft abhängen. Ihre ukrainischen Untermieter hatten die gelb-blaue Fahne nach der Niederlage schon wieder abgehängt. „Schön wäre es eben, wenn wir beide bei uns am Balkon befestigen könnten“, so Baumgartner. „Obwohl, so ganz bis zum Finale reicht die Klasse dann aber doch nicht.“