Im April sucht eine Patientin, die unter anderem eine Schwäche in den Beinen hatte, mit Symptomen wie etwa Parästhesien (Kribbeln) und Sensibilitätsverlust an allen Extremitäten medizinische Hilfe im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) des Krankenhauses in Selters.
Da die Patientin in einem direkten Kontakt zu einem SARS-CoV-2-positiven Patienten war, wurde bei ihr routinemäßig ein SARS-CoV-2-Abstrich gemacht. Der positive Abstrich der Patientin war drei Wochen vor den Symptomen. Zum Zeitpunkt der Aufnahme im MVZ war sie bereits negativ.
Neurologen des MVZ Dierdorf/Selters untersuchten die Patientin sorgfältig und glichen ihre Untersuchungsergebnisse immer wieder mit aktuellsten Entwicklungen in Bezug auf die Folgen einer Covid-19-Infektion ab.
Ihre Recherchen ergaben, dass die Symptome einem ersten – im April publizierten – Fall eines vermutlich SARS-CoV-2-assoziierten Guillain-Barré-Syndroms (GBS) aus China ähnelten. Weitere vereinzelte Fälle aus Italien und Spanien wurden bekannt, heißt es weiter.
„Dort setzten unsere diagnostischen Überlegungen an“, berichtete Dr. Erika Scheidl, Oberärztin der Neurologie im Krankenhaus. „Der Fall war schon anders als die bisher publizierten, und das war das Interessante. Der Unterschied lag darin, dass die Patientin zwar davor positiv auf Corona getestet war, aber sie hatte drei Wochen vorher nur eine Riechstörung und keine respiratorischen Symptome. So kamen wir zu dem Schluss, dass quasi asymptomatisch verlaufende Infektionen durch spätere Immunreaktionen neurologische Erkrankungen auslösen können“, erklärt die Fachärztin.
Sie konnte schließlich gemeinsam mit dem Chefarzt der Neurologie, Dr. med. Benjamin Bereznai, Oberarzt Aleksandar Hadji-Naumov und ihrem Kollegen Diez Canseco die Diagnose bestätigen. Die Patientin litt unter dem Guillain-Barre-Syndrom nach einer SARS-CoV-2-Infektion. „Dank einer schnellen Diagnostik und der daran anschließenden effektiven Behandlung ist die Patientin heute beschwerdefrei und wird aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem milden Krankheitsverlauf rechnen dürfen“, heißt es.
„Wir freuen uns natürlich mit der Patientin. Gleichzeitig ist es für uns aber auch wichtig, dass unsere Erkenntnisse dazu dienen, weltweit die medizinischen Folgen einer Covid-19-Infektion zu erforschen“, sagt Erika Scheidl. Die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse erschien jüngst im „Journal oft the Peripheral Nervous System“, einer renommierten wissenschaftlichen Publikation.