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Kreis Neuwied
Flächenfraß: Das Land im Kreis wird knapp

Auch Neubaugebiete wie hier in Rengsdorf der "Eifelblick" tragen zum Flächenfraß im Kreis Neuwied bei. Foto: Jörg Niebergall

Jörg Niebergall

Kreis Neuwied. Wird den Landwirten im Kreis der Boden entzogen? Immer mehr Land in Rheinland-Pfalz wird als Siedlungs- und Verkehrsfläche genutzt, nach jüngsten Angaben des statistischen Landesamtes wächst sie um etwa ein Fußballfeld pro Tag - zulasten der Landwirtschaft.

Auch Neubaugebiete wie hier in Rengsdorf der "Eifelblick" tragen zum Flächenfraß im Kreis Neuwied bei. Foto: Jörg Niebergall

Jörg Niebergall

Von unserem Redakteur Robin Brand

Nach Rechnungen der Bauernverbände gehen pro Tag inklusive der Ausweisung von Ausgleichsflächen gar sieben Hektar für die Landwirtschaft verloren. Was auf Landesebene schon problematisch ist, könnte sich im Kreis noch drastischer niederschlagen: Während in den Kreisen die Landwirtschaft durchschnittlich 41,7 Prozent der Fläche einnimmt, ist sie in Neuwied im Laufe der Jahre auf 33,2 Prozent gesunken.

Da neu ausgeschriebene Siedlungs- und Verkehrsflächen stets mit Ausgleichsflächen einhergehen, kommt Bezirksgeschäftsführer des Bauernverbands, Markus Mille, zu dem Schluss: „Sämtliche Maßnahmen werden auf dem Rücken der Landwirtschaft ausgetragen. So geht die Produktionsgrundlage der Landwirte und der Gesellschaft verloren.“

Ein Blick auf die Zahlen gibt ihm Recht. Während Wald- und Siedlungsfläche im Kreis seit 1988 stetig gewachsen sind, hat die landwirtschaftliche Nutzfläche um 25 080 000 Quadratmeter abgenommen. Als Beispiel führt Mille einen Landwirt, der durch Infrastrukturmaßnahmen zehn Hektar Land verloren hat, an. „Zehn Hektar freies Land sind einfach nicht da. Es wird Jahre dauern, bis dieser Verlust kompensiert ist.“

Höchststand erreicht

Nachdem der „Flächenfraß“ zuletzt – auch konjunkturell bedingt – abgenommen hatte, hat die Siedlungs- und Verkehrsfläche mittlerweile mit 2840 Quadratkilometern im Land einen neuen Höchststand erreicht.

Gerade Bauern, die Pachtland bewirtschaften, sind davon stark getroffen. Denn für die Eigentümer ist es oftmals attraktiver, ihr Land zu verkaufen oder als Ausgleichsfläche zur Verfügung zu stellen.

Doch nicht nur die Landwirte beklagen die zunehmende Bebauung. Auch die Naturschützer bemängeln, dass der Lebensraum der Tiere an Qualität verliert, obwohl die Waldfläche gewachsen ist. Jonas Krause-Heiber, Leiter der Nabu-Regionalgeschäftsstelle Rhein-Westerwald, erläutert: „Auch wenn Ausgleichsflächen ausgewiesen werden, bedeutet die zunehmende Zersiedelung eine Fragmentierung von Lebensräumen. Die Tiere können sich nicht mehr vernetzen. Genetische Verarmung ist die Folge, die Anpassungsfähigkeit der Arten geht verloren.“

Zusammenarbeit mit Behörden klappt gut

Johannes Leonhard vom Nabu-Verband in Neuwied lobt dennoch die Arbeit der Behörden. Die Zusammenarbeit mit der Kreisverwaltung und auch mit der Struktur- und Genehmigungsdirektion funktioniere gut. Gerade entlang der Rheinschiene seien in letzter Zeit viele Flächen renaturiert worden, um Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu schaffen. „Da stoßen wir bei den Behörden auf offene Ohren“, sagt Leonhard. Den Landwirten komme der Naturschutz nicht in die Quere. „Das sind vor allem alte Weinberge, die wir renaturieren, oder andere Flächen, die für sie nicht mehr interessant sind.“

Die Bauern dagegen setzen viel Hoffnung in die Stiftung Kulturlandschaft, die Naturschutz und nachhaltige Landwirtschaft vereinen soll. „Es muss ein Miteinander sein“, betont Mille. „Was nutzen schließlich Ausgleichsflächen wie Streuobstwiesen, wenn nachher die Kapazitäten fehlen, um sie zu bewirtschaften?“

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