Herr Weidemann, Sie haben bis zuletzt den Ruf eines innovativen Unternehmers gehabt und dennoch verkaufen Sie Ihre Firma. Warum jetzt?
Ich habe mich schon lange Zeit mit dem Gedanken getragen. Ich hatte die gesamte Verantwortung, und es kamen immer wieder Anfragen. Anfangs habe ich immer abgelehnt, aber dann habe ich mir überlegt, wenn mir etwas zustößt, bricht das Chaos aus. Dann kam wieder eine Anfrage, und ich habe ich die Firma von einem Makler ausschreiben lassen. Ich werde nächstes Jahr 60, warum noch warten?
Der Käufer Abéo hat sich gegen die anderen Interessenten durchgesetzt. Was ist das für ein Unternehmen?
Ich kenne den Chef bereits seit 15 Jahren, damals war er Kunde bei uns. Er ist auf meiner Wellenlänge. Es gehören 15, 20 Unternehmen zu Abéo und er lässt sie alle, wie sie sind. Die erste Frage, die er Gerd Mohr, der hier als leitender Angestellter bleiben wird, stellte, war, ob er etwas investieren möchte. Das hat mir gefallen. Wir haben dieselben Ansichten über die Produktion, deswegen war Abéo von Anfang an Favorit.
Was sind denn Ihre Ansichten über Produktion? Was waren Sie für ein Chef?
Schon fordernd, aber ich habe die Leute auch an der langen Leine gelassen. Sie mussten nicht immer Rücksprache halten. Es kriegte keiner den Kopf abgemacht, wenn er einen Fehler gemacht hat. Aber wenn er den gleichen Fehler zweimal gemacht hat, dann schon. Weil dann ist es Interessenlosigkeit.
Wofür Meta bekannt war und ist in der Region, ist eine Art Basisdemokratie. Kann das in einem Verbund wie Abéo weiterhin funktionieren?
Ich glaube schon. Abéo wird höchstens einen Geschäftsführer stellen. Die Struktur von Meta bleibt erhalten. Wir haben keine Titel vergeben, es hat sich einfach herauskristallisiert, dass jemand mehr zu sagen hat, weil er etwas besser kann. Die Leute haben ein starkes Mitspracherecht bei Einstellungen. Wir haben in der Produktion ewig keine Stellenanzeige mehr aufgegeben, weil immer einer jemanden kannte und mitgebracht hat. Die Mitarbeiter haben entschieden, wer eingestellt wird.
Was ist der Vorteil davon?
Ich maß' mir doch nicht an, zu wissen, mit wem meine Mitarbeiter am besten zusammenarbeiten können.
Und Sie haben nie Angst gehabt, dass sich die Mitarbeiter gezielt diejenigen aussuchen, mit denen sich der Chef am besten absägen lässt?
Nein, eigentlich nicht. Wer die Leute anständig behandelt, wird auch selbst anständig behandelt. Viele Klagen wird es nicht geben.
Sie haben als Unternehmer auch das Risiko nicht gescheut. Was bleibt für Sie selbst als beste Entscheidung hängen?
Das war die 3-Millionen-Euro-Investition 2008, als die gesamte Industrie am Boden lag. Das war die Chance. Billiger konnte man keine Maschinen kaufen, weil keiner etwas zu tun hatte. Die Frage war natürlich, wie zahlen wir die 3 Millionen Euro wieder zurück, und das zu einem Zeitpunkt als keiner wusste, wie es weitergeht. Aber die Trennwandbranche hatte Glück. Alles, was die Industrie trifft, trifft uns ein Jahr später. Alles, was im Bau ist, muss noch fertiggestellt werden. Und ein Jahr später kam direkt das Konjunkturprogramm der Bundesregierung.
Was war Ihre schlechteste Entscheidung als Unternehmer?
Was Größeres, das danebengegangen wäre, hatten wir eigentlich nicht.
Das Abenteuer in Singapur, das vorzeitig beendet wurde, war kein Fehler? Warum hat das nicht geklappt?
Der Geschäftsführer war nicht clever. Er hat ein paar Fehler begangen. Als die Krise nach Singapur kam, hat er beispielsweise auf Scharniere gesetzt, die auch die Billigkonkurrenz hatte. Dann musst du natürlich billiger sein als die Konkurrenz. Sonst kann das nicht funktionieren. Ich habe zwar kein Geld gewonnen, aber auch keins verloren.
Aber eine verpasste Chance?
Im Nachhinein auf jeden Fall.
Am Tag nach dem Interview meldet sich Uwe Weidemann telefonisch. Ein Fehler falle ihm dann doch ein: „Ich habe mich auf einen Kunden eingelassen, auf den ich mich nicht hätte einlassen sollen. Der blieb mir eine Rechnung über 400.000 Euro schuldig.“ Der Drecksack aus Norddeutschland?, fragt eine Stimme im Hintergrund. Weidemann bestätigt. Der Drecksack aus Norddeutschland. Später habe dieser Konkurs angemeldet. „Damit wir überhaupt etwas von dem Geld sehen, wurde seine Jacht sichergestellt“, erzählt Weidemann. „Aber bevor wir die im Hafen begutachten konnten, wurde sie in einer Nacht- und Nebelaktion geklaut. Wahrscheinlich von ihm selbst.“ Es ist nicht der einzige bemerkenswerte Deal in Weidemanns Karriere. Einer brachte ihn sogar ins Gefängnis – rein geschäftlich.
Positiver dürfte Ihnen ein anderer Deal in Erinnerung geblieben sein. Wie war das mit Meta und den Gefängnissen?
Das war eigentlich eine witzige Geschichte. Ein Häftling hatte vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt, es wäre menschenunwürdig, zu zweit in einer Zelle zu sitzen ohne eine abgetrennte Toilette. Und er hat recht bekommen. Alle Zellen, die in überfüllten Gefängnissen mit zwei Mann belegt waren, sollten mit einer abgetrennten Toilette ausgestattet werden. Aber die brauchte natürlich eine Belüftung. Da ist der erste gekommen und hat gesagt, wir machen einfach ein Loch in die Wand. Sagen Sie das mal einem Gefängnisdirektor. Der springt Ihnen ins Gesicht. Zumal die Wände eines Gefängnisses 1,20 Meter dick sind. Und dann kam mir die Idee mit einem Kohlefilter. Alle waren begeistert, das ging raketenmäßig. Wir haben insgesamt 40 Gefängnisse mit unserem System ausgestattet. Das war so erfolgreich, dass sogar behauptet wurde, ich hätte den Kläger gesponsert. Das stimmt natürlich nicht. Aber ich hätte ihn gesponsert, wenn ich ihn gekannt hätte (lacht).
Keiner baut ein Toilettenhäuschen so schnell wie Meta, haben Sie gerne gesagt. Wie schnell ist Meta denn heute?
Etwa eine Dreiviertelstunde brauchen wir für ein Toilettenhäuschen.
Die Technik bleibt nicht stehen. Welche Fabelzeiten könnte Meta noch knacken?
40 Minuten sind vielleicht drin, aber viel schneller als jetzt geht es nicht.
Was war das schönste Toilettenhäuschen, in dem Sie je saßen?
Das war auf einem Rockkonzert, wo ich es gar nicht erwartet hätte. Da stand ein Toilettenhäuschen, das war richtig edel. Der Bodenbelag, die Beleuchtung, alles toll gemacht.
Nie Lust gehabt, selbst so etwas zu produzieren?
Nein. Meta produziert Massenware. Und das wird so bleiben.
Die Fragen stellte Robin Brand