Kreis Neuwied
Ex-Bandido: Einer von uns wollte „Engel abknipsen“

Koblenz / Anhausen - Ein ehemaliges Mitglied der Bandidos hat im Prozess gegen das Hells-Angels-Mitglied aus Anhausen ausgesagt und dessen Version der Vorgeschichte gedeckt.

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Koblenz / Anhausen – Ein ehemaliges Mitglied der Bandidos hat im Prozess gegen das Hells-Angels-Mitglied aus Anhausen ausgesagt und dessen Version der Vorgeschichte gedeckt.

Es war der 17. März 2010, als Karl-Heinz B. in Anhausen durch seine geschlossene Haustür schoss und damit einen SEK-Beamten tötete. Soweit die Fakten. Doch wollte der Hells-Angel einen Polizisten töten? Oder war er einfach durchgedreht? Karl-Heinz B. selbst behauptet, er habe einen Angriff der Bandidos befürchtet und sich schützen wollen.
Gestern, am achten Verhandlungstag vor dem Landgericht Koblenz, bestätigte ein Ex-Bandido diese Version. Es habe in dem mit den Hells Angels rivalisierenden Motorradclub ein Mitglied gegeben, das „Engel abknipsen“ wollte. „Und nicht die da oben“, ergänzte er im Zeugenstand mit zum Himmel gerichtetem Zeigefinger.


Doch von Beginn: Der Zeuge, nennen wir ihn Frank M., gehörte dem Bandido-„Chapter“ Aachen an, war aber nach Siegburg umgezogen. Hier traf er Hells Angel „Sammy“ wieder, den er noch aus seiner Vor-Bandido-Zeit kannte. Da er nur im Club gewesen sei, weil er gerne Motorrad fährt, und außerdem die Rivalität zwischen beiden Gruppen als von der Presse aufgebauscht empfand, sah er kein Problem darin, sich mit seinem Hells-Angels-Bekannten (und gleichzeitig auch mit dem jetzt Angeklagten) weiter zu treffen.
Das wiederum sahen die anderen Bandidos anders: M. bezog bei einem Clubtreffen in Aachen kräftig Prügel. Fotos, wie er danach aussah, übergab er dem Gericht. Aber schon ein paar Tage davor waren ihm Zweifel an seinen „Freunden“ gekommen. „Das ging mir alles zu weit und wurde kriminell“, sagte er. Vor allem weil in St. Augustin Bandido „Sven“ mit einer abgesägten Flinte durch die Gegend gefahren sei. Der habe unbedingt schnell innerhalb der Organisation aufsteigen wollen und habe es auf einen „Expect no Mercy“-Aufnäher abgesehen gehabt. „Und man weiß ja, dass man dafür jemanden mindestens sehr schwer verletzten oder töten muss“, bestätigte Frank M..


„Ich habe es erst für Gelaber gehalten, dann sind mir aber Zweifel gekommen, weil der Psychopath davon gesprochen hat, Engel abknipsen zu wollen“, berichtete M. und sagte, dass er seinen Bekannten Sammy deshalb vor den tödlichen Schüssen von Anhausen per SMS über die Angriffsabsichten informiert hat. Zwar war diese Nachricht nicht mehr auf dem Handy gespeichert (wohl aber Drohungen von Bandidos, die der Oberstaatsanwalt für weitere Ermittlungen entgegennahm), Richter Bock bestätigte aber, dass eine ähnlich lautende SMS vom 3. März dem Gericht vorliegt. Und da er auch die Bilder seines ramponierten Gesichts Sammy und Karl-Heinz B. gezeigt habe, war sein Fazit klar: „Ich hätte die Drohung sehr ernst genommen.“


Der Verteidigung müsste diese Aussage gefallen haben. Und so beflügelt polterte Rechtsanwalt Rüdiger Böhm gegen die Polizei und die Frage von Oberstaatsanwalt Walter Schmengler, warum der Ex-Bandido die Bedrohung und die ihm angetane Gewalt nicht angezeigt hat: „Weil die Polizei alles weiß, aber nichts dagegen tut. Und das war auch die Situation, in der sich der Angeklagte am Tatmorgen befand“, meinte Böhm. (Ulf Steffenfauseweh)

 

Der Prozess wird am 15. November fortgesetzt.

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