Viele Fragezeichen in der größten Ortsgemeinde der Verbandsgemeinde Rengsdorf-Waldbreitbach
Es ist Kommunalwahl und keiner kandidiert als Bürgermeister: Auf der Suche nach den Ursachen in Rengsdorf
Das Büro des Rengsdorfer Ortsbürgermeisters befindet sich derzeit rechts im Komplex des Verbandsgemeinderathauses.
Daniel Dresen

Rund 3000 Einwohner, aber darunter kein Nachfolger für den Posten des Ortsbürgermeisters: Das ist kurz vor der Kommunalwahl die Realität in der Ortsgemeinde Rengsdorf. Die RZ hat mit dem amtierenden Ortschef und seinem Vertreter gesprochen, wie es so weit kommen konnte und wie es in Rengsdorf weitergehen soll.

Lesezeit 4 Minuten

Die Ortsgemeinde Rengsdorf geht in die Kommunalwahl am 9. Juni ohne einen Ortsbürgermeisterkandidaten. Damit steht Rengsdorf keineswegs allein da: In Rheinland-Pfalz fehlen fast in jeder vierten Gemeinde Bewerber für das Amt. Zwei weitere Gemeinden ohne Kandidaten sind in der Verbandsgemeinde (VG) Rengsdorf-Waldbreitbach Kurtscheid und Hümmerich. Der amtierende Rengsdorfer Ortschef Christian Robenek spricht von einem Novum.

„Ich glaube nicht, dass es am Unvermögen der Fraktionen gelegen hat.“

Christian Robenek, scheidender Ortsbürgermeister in Rengsdorf

Dass der gesundheitlich angeschlagene Robenek nicht in eine dritte Amtszeit geht, steht seit 2019 fest. Dennoch haben es die im Ortsgemeinderat vertretenen Parteien CDU, SPD und FDP nicht geschafft, einen Kandidaten aufzubauen oder zu finden, der die mit circa 3000 Einwohnern größte Ortsgemeinde der VG Rengsdorf-Waldbreitbach in Zukunft ehrenamtlich leitet und repräsentiert.

Christian Robenek
Christian Robenek, scheidender Ortsbürgermeister in Rengsdorf
Daniel Dresen

„Ich glaube nicht, dass es am Unvermögen der Fraktionen gelegen hat“, sagt der scheidende Amtsinhaber Robenek. Allgemein beobachtet er ein sinkendes Interesse an „ehrenamtlicher, politischer Tätigkeit“. Das sei allerdings kein Alleinstellungsmerkmal für Rengsdorf, sondern ein bundesweites Problem.

Dass allerdings in der einwohnermäßig kleinsten Ortsgemeinde der VG, in Datzeroth, sich gleich zwei neue Köpfe um den frei gewordenen Ortsbürgermeisterposten duellieren, sorgt schon für Erstaunen. „Eine Ortsgemeinde mit 300 Einwohnern zu führen, ist aber etwas anderes als eine Ortsgemeinde mit 3000 Einwohnern zu führen. Allein vom Budget, Aufwand und Personal her“, so Robenek.

18.000 E-Mails in zehn Jahren beantwortet

In den vergangenen zehn Jahren seien bei ihm 18.000 E-Mails eingelaufen, die sich mit der Ortsgemeinde befassen und von ihm beantwortet werden mussten. Circa 40 Sitzungen stehen pro Jahr an. Hinzukommen noch öffentliche Termine. Außerdem ist der Ortsbürgermeister in Rengsdorf Dienstherr von zehn bis zwölf Angestellten. Robenek hält es für sehr schwierig, einen geeigneten Kandidaten im Nachgang der Kommunalwahl zu finden, der das Ehrenamt mit seinem Berufsleben vereinbaren kann. „Wir wollen ja nicht immer auf Rentner zurückgreifen.“ Er wagt einen „Blick in die Glaskugel“ und geht davon aus, dass dennoch im Sommer ein Nachfolger gefunden wird.

Viele Altbekannte wohl auch im neuen Rat

Erstmals tritt als Wahlvorschlag eine Einheitsliste in Rengsdorf an. Unter dem Namen „Wählergruppe Dillenberger“ stehen 30 Kandidaten für den Ortsgemeinderat zur Wahl. Auf Listenplatz eins steht der amtierende Erste Beigeordnete Marc Dillenberger (SPD). Dahinter folgen 14 weitere bekannte Rengsdorfer Ratsgesichter von CDU, SPD und FDP, darunter der CDU-Fraktionssprecher Thomas Schreck, das SPD-Fraktionsmitglied Denis Müller und der FDP-Fraktionssprecher Guido Schiffers. 20 Ratsplätze sind zu vergeben. Aus dem Rat scheiden neben Ortsbürgermeister Robenek auch der Zweite Beigeordnete Martin Klauck (CDU), der SPD-Fraktionssprecher und frühere Rengsdorfer VG-Bürgermeister Rainer Dillenberger und die Ratsmitglieder Axel Kiehnle sowie Dieter und Michaela Hoffmann (alle CDU) aus.

Ich bin der festen Überzeugung, dass Parteipolitik auf kommunaler Ebene nichts zu suchen hat.

Marc Dillenberger, Erster Beigeordneter von Rengsdorf

Auch Listenführer Marc Dillenberger beobachtet die Tendenz, dass sich immer weniger Menschen für Kommunalpolitik interessieren und engagieren. „Wir haben insgesamt 32 Leute gefunden, die sich für die Einheitsliste bereit erklärt haben. Früher hat jede Partei es geschafft, eine Liste mit 20 Leuten zusammenzustellen“, so Dillenberger. Durch die Einführung der Einheitsliste sei es gelungen, zumindest neue Köpfe für die mögliche Mitarbeit im Rat zu begeistern, die sich dafür aber nicht einer Partei angeschlossen hätten. „Ich bin der festen Überzeugung, dass Parteipolitik auf kommunaler Ebene nichts zu suchen hat“, so Dillenberger.

Dillenberger kann Bürgermeisteramt nicht mit Beruf vereinbaren

An ihn als Ersten Beigeordneten sei der Wunsch herangetragen worden, für den Posten des Ortsbürgermeisters zu kandidieren. Doch das Amt lasse sich mit seinem Beruf als Notfallsanitäter nicht vereinbaren, so Dillenberger. Zurzeit gebe es die Überlegung, den Ort nach der Kommunalwahl zunächst mit drei Beigeordneten kommissarisch zu führen. Die Verwaltungsaufgaben will sich das Trio dann nach der konstituierenden Sitzung des neuen Rengsdorfer Ortsgemeinderats am 3. Juli untereinander aufteilen.

Steuereinnahmen sinken wohl im Ort

Der neue Rat muss die Ortsgemeinde durch schwierige Fahrwasser manövrieren. Das Haushaltsdefizit beträgt laut Haushaltsplan für das laufende Jahr fast 1,5 Millionen Euro. Die Steuereinnahmen sinken von fast 5,7 Millionen Euro im Jahr 2022 auf voraussichtlich weniger als 4,6 Millionen Euro. Als besonders drastisch ist der voraussichtliche Rückgang der Gewerbesteuer in Rengsdorf zu bezeichnen: Betrugen die Einnahmen 2022 noch rund 3,1 Millionen Euro, gehen die Haushaltsplaner in diesem Jahr wohl von weniger als 1,7 Millionen Euro aus.

Steuern in Rengsdorf erhöht

Zudem schmilzt das Eigenkapital von 18,3 Millionen Euro am Jahresende 2022 auf voraussichtlich 15,8 Millionen Euro in diesem Jahr. Auch die liquiden Mittel schrumpfen von 6,1 Millionen Euro Ende 2022 auf 2,7 Millionen Euro Ende 2023. Die Ortsgemeinde hat darauf reagiert und in diesem Jahr die Steuerhebesätze auf die vom Land Rheinland-Pfalz vorgegebenen Nivellierungssätze angehoben: Die Grundsteuer A wurde von 300 auf 345 Prozent hochgesetzt, die Grundsteuer B steigt von 365 auf 465 Prozent und die Gewerbesteuer von 365 auf 380 Prozent.

Sanierung von früherem evangelischem Gemeindehaus geplant

Ein weiterer Grund sei die geplante Sanierung des früheren evangelischen Gemeindehauses, für die die Ortsgemeinde nach der Anhebung der Steuern auf Landesniveau nun auf Fördermittel aus Mainz hofft. In dem Gebäude hält der Rat seine Sitzungen ab, dort soll nach der Sanierung künftig auch der Bürgermeister sein Büro beziehen. Auch wenn der Haushaltsplan von einer eher negativen Entwicklung in Rengsdorf ausgeht, stehe die Ortsgemeinde vergleichsweise gut da und sei handlungsfähig, betont Ortsbürgermeister Robenek.

Nach der geplanten Sanierung des früheren evangelischen Gemeindehauses soll der Ortschef von Rengsdorf hier in ein paar Jahren sein Büro beziehen.
Daniel Dresen

Top-News aus der Region