Großbrand im Lokschuppen
Enormer Verlust für Engers durch Feuersbrunst
In der Neujahrsnacht ist die Lokhalle in Engers abgebrannt.
Samir Becic

Wahrscheinlich ein Feuerwerkskörper hat dazu geführt, dass der Lokschuppen in Engers in der Neujahrsnacht in Flammen aufging. Den Vereinen, die beim Brand ihr Hab und Gut verloren haben, schlägt nun eine Welle der Solidarität entgegen.

Es ist ein Bild der Verwüstung. Von dem Engerser Lokschuppen ist nach dem Brand in der Neujahrsnacht so gut wie nichts übrig geblieben. Der Hobbyhistoriker Jürgen Moritz erklärt: „Die Grundkonstruktion des circa 1884 errichteten Gebäudes bestand aus Nadelholzbalken. Die fangen leicht Feuer.“

In dem Schuppen wurden früher dampfbetriebene Lokomotiven gelagert. „Es wirkt fast ironisch, dass das Gebäude die davon ausgehende Feuergefahr über Jahrzehnte hinweg überstanden hat – und nun doch ein Opfer der Flammen geworden ist“, so Moritz.

Ein Stück Ortsgeschichte abgebrannt

Engers war früher ein wichtiger Knotenpunkt im Güterverkehr auf der Schiene – viele Familien, die im Ortsteil leben, haben eine persönliche Verbindung zur Bahn. Der abgebrannte Schuppen war ein letztes Denkmal für diesen Teil der Ortsgeschichte – und ist nun unwiederbringlich verloren.

Für viele Engerser Vereine hat der Brand aber weit mehr als emotionale Bedeutung: Seit Jahrzehnten wurde der Schuppen als Lager für diverses Material genutzt – und auch davon ist so gut wie nichts übrig geblieben. Schon am Neujahrstag fand auf Initiative von Oberbürgermeister Jan Einig ein erstes Treffen der Vereine statt, die von dem Brand betroffen sind. Eile tut nämlich in manchen Bereichen not, da insbesondere für die Karnevalsvereine einige Veranstaltungen schon unmittelbar bevorstehen.

Die Balkenkonstruktion des Daches war ein gefundenes Fressen für die Flammen.
Jürgen Moritz

Die Stimmung bei dem kurzfristig anberaumten Treffen, an dem etwa 30 Personen teilnahmen, war emotional. Bühnen- und Saaldekoration, Ausstattung für gastronomische Angebote und auch die schon fast fertiggestellten Wagen für die Karnevalsumzüge – alles ist verloren.

Damit den Vereinen gezielt geholfen werden kann, bat Oberbürgermeister Jan Einig die Verantwortlichen darum, eine Liste der vernichteten Gegenstände zu erstellen. In der Schocksituation war es vielen Beteiligten noch nicht möglich, dazu verlässliche Aussagen zu machen. Manche Dinge vermisst man auch erst, wenn man sie wieder braucht.

Ansgar Schunkert, Vorsitzender der Großen Engerser Karnevalsgesellschaft (GEK), machte sich am Donnerstag noch einmal ein Bild von der Brandstelle: „Erst nach und nach wird so richtig klar, wie groß der Verlust tatsächlich ist. Neben den Dingen, die aktuell von Bedeutung sind – von den Wagen stehen nur noch die Gerippe – sind auch viele Erinnerungsstücke aus der Vereinshistorie unwiederbringlich verloren“, sagt er.

Doch die Vereine und ihre Mitglieder machen in diesen Tagen auch viele positive Erfahrungen: „Man sagt Engers ja immer noch nach, dass die frühere Stadt sich auch nach über 50 Jahren noch schwer damit tut, zu Neuwied zu gehören. Aber die Solidarität aus der Stadt und den Stadtteilen ist überwältigend. Das macht Mut beim Blick nach vorn“, erklärt Schunkert.

Für den Rosenmontagszug des vergangenen Jahres konnten die Wagen noch aus dem nun abgebrannten Schuppen fahren.
Jürgen Moritz

So überbrachte etwa der Ortsvorsteher von Heimbach-Weis, Markus Blank, das Angebot der Heimbacher Möhnen, für die erste Großveranstaltung „Möhnen im Wunderland“ am 11. Januar neutrale Bühnenbilder zur Verfügung zu stellen. Auch die Wagenbauhallen in Heimbach und Weis können von den Engerser Vereinen mitgenutzt werden – selbst wenn es dabei dann etwas eng wird.

Der erst im vorigen Jahr gegründete Verein Nussknackermarkt Engers hat im Brand ebenfalls alles verloren. „Das ist schon ein herber Verlust“, sagt der Vorsitzende Christian Eisele. Anders als bei den Karnevalisten bleiben hier aber noch einige Monate, um sich auf die nächste Veranstaltung vorzubereiten.

„Wir hatten eigentlich vor, die relativ einfachen Zelte, die schon nach wenigen Einsätzen nicht mehr zu gebrauchen sind, nach und nach durch hochwertigere und haltbarere zu ersetzen. Da müssen wir nun wieder anders planen. Aber in diesem Verein ist ohnehin ein so großer Zusammenhalt zu spüren, dass ich zuversichtlich bin, dass wir auch in diesem Jahr wieder einen wunderschönen Markt durchführen können“, sagt Eisele.

„Hier hat so viel Material gelagert, so viele Erinnerungen, das ist gar nicht wiedergutzumachen. Man ist fassungslos, man ist paralysiert.“
Mike Fischer, Vorsitzender des Bürgervereins Engers

„Der Lokschuppen ist die Wiege des Engerser Karnevals, hier findet alles statt“, sagt Mike Fischer, Vorsitzender des Bürgervereins Engers über das Gebäude. „Hier hat so viel Material gelagert, so viele Erinnerungen, das ist gar nicht wiedergutzumachen. Man ist fassungslos, man ist paralysiert.“

Für die Neubeschaffung sind die Vereine auf Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen. Nach ersten Überprüfungen wird wohl keine Versicherung für den entstandenen Schaden an den Inhalten des Gebäudes aufkommen.

Die Mitarbeiter des Bw Engers in den 1930er-Jahren vor dem Engerser Ringlokschuppen.
Jacobi - Sammlung Jürgen Moritz

Die Polizei Neuwied versucht derweil herauszufinden, wie es zu dem Brand gekommen ist. Die naheliegendste Vermutung ist wohl zutreffend: „Die Ermittlungen zur Brandursache sind noch nicht abgeschlossen. Aufgrund der bisherigen Zeugenaussagen und deren Wahrnehmung, dass der Brand auf dem Dach ausbrach, ist ein Feuerwerkskörper als Ursache sehr wahrscheinlich“, teilt die Dienststelle auf Anfrage unserer Zeitung mit.

„Erst nach und nach wird so richtig klar, wie groß der Verlust tatsächlich ist.“
Ansgar Schunkert, Vorsitzender der Großen Engerser Karnevalsgesellschaft

Jan Einig hat angeboten, sich bei der Koordinierung von Hilfsangeboten einzubringen. Sowohl die Sparkasse Neuwied als auch die VR-Bank haben bereits Spendenkonten eingerichtet. Wer auf anderen Wegen helfen möchte, wendet sich kurzfristig am besten an Ansgar Schunkert von der GEK.

Lokschuppen als Bausatz

Auf der Webseite der Stadt Neuwied können Papier-Bausätze verschiedener historischer Gebäude der Stadt heruntergeladen werden. Der Bahn-Enthusiast Jürgen Moritz hat auch einen Bausatz des Lok-Schuppens erstellt. Der ist fertig aufgebaut fast einen Meter groß. Unter der Adresse https://www.neuwied.de/buerger-rat-verwaltung/aktuelles-und-kommunikation/stadtgeschichte-zum-ausschneiden/historische-gebaeude/lokschuppen-engers gibt es den im Internet als Download zum Ausdrucken und Nachbauen.

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