Asbach – Drei Tüftler entwickeln geräuschloses und elegantes Minikraftwerk, das selbst bei lauen Lüftchen Strom erzeugt
Asbach. Große Tüftlerideen, die Weltgeschichte schrieben, erblickten in der sprichwörtlichen Garage das Licht der Welt. Die Urheber des Geistesblitzes machte die entwickelte Innovation Jahre später zu Multimillionären. Eine Idee, die das Zeug hat, den aktuellen Energiemarkt gehörig durcheinander zu wirbeln, kommt jetzt aus Asbach: Das Entwicklerteam Markus Pohlhausen (30), Ralf Schumacher (33) und Dietmar Solscheid-Kottmann (55) hat sich in der Westerwaldgemeinde zusammengefunden, um eine innovative und zugleich elegante Anlage zu bauen, die aus Wind Strom macht.
Völlig neu an dem Einfall sind die Ausmaße des Kraftwerkes: Keine großen und lauten Rotorblätter auf Riesenmasten lassen das Landschaftsbild in Schieflage geraten: Die sogenannte Kleinwind-Energieanlage aus dem Asbacher Gewerbegebiet an der Wilsberger Straße mutet eher wie ein ästhetisches Designobjekt mit einem vertikal laufenden Windfang an. „Hübsch“, finden die Besucher der Prototyppräsentation in Asbach. „Darauf haben wir auch viel Wert gelegt“, meint Techniker Markus Pohlhausen ein wenig verschmitzt.
Da sich Minuten vor der Vorstellung nicht ein Lüftchen im Westerwald regt, dreht sich auch der Prototyp, der auf einem fünf Meter hohen Mast befestigt ist, nicht. Doch wie auf Bestellung setzt die erste zarte Brise die schraubenförmige Windturbine aus ultraleichter Glasfaser in Bewegung. „Die dreht sich schon beim kleinsten Windhauch“, sagt Solscheid-Kottmann und strahlt, weil der berüchtigte Vorführeffekt ausgeblieben ist. Der Rotor misst gerade mal schlanke zwei Meter in der Höhe und 1,20 Meter in der Breite – kein Vergleich zu den Gigawatt-Windrädern, deren Rotorblätter einen Durchmesser von 40 bis zu 90 Metern haben. Und: Das Leben von Vögeln oder Fledermäuse sollen die neuen Minikraftwerke aus dem vorderen Westerwald nicht gefährden, versprechen die Erfinder.
Die Innovation des visionären Trios liefert ab einer Windgeschwindigkeit von zwei Metern pro Sekunde Strom, die Großanlagen rotieren erst ab etwa fünf bis sechs Metern. „Und wenn bei Sturm die anderen Windanlagen abgestellt werden, geht es bei unserem Windfang erst so richtig los.“
Kein Schattenwurf trübt den Blick des Betrachters, nicht der Hauch eines Geräuschs ist zu vernehmen. Die ungewöhnliche Form bedingt, dass der Asbacher Geistesblitz unabhängig von der jeweiligen Windrichtung funktioniert. Unter dem Strich kann eine Anlage, die auf Stahlmasten von vier bis acht Metern Höhe fixiert werden, bis zu 1600 Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugen. Das entspreche etwa der Hälfte des Jahresverbrauchs einer Durchschnittsfamilie. Die Höhe des Aufbaus hängt vom Standort ab, wie Ingenieur Ralf Schumacher berichtet. In den Hallen seiner Firma HSA Schumacher Antriebstechnik am Asbacher Ortseingang soll die innovative Vision, die geeignet ist, den Energiemarkt gehörig durcheinanderzuwirbeln, gefertigt werden. „Wichtig ist, dass wir jeden Standort genau analysieren, bevor wir die Anlagen aufstellen“, sagt Schumacher. Selbst Luftturbulenzen in eng bebauten Wohngebieten oder Häuserschluchten kann das Kleinwindkraftwerk optimal zur Stromerzeugung nutzen.
Dass zum Beginn der Präsentation die Filmmusik zum Erobererstreifen „1492 – Die Eroberung des Paradieses“ durch die Hallen wabert, mag mit Bedacht gewählt sein. „So traurig es ist: Aber wir haben den idealen Zeitpunkt für diese Idee erwischt“, meint Solscheid-Kottmann mit Blick auf das Atomreaktorchaos in Fukushima nach dem verheerenden Erdbeben im Hochtechnologieland Japan sowie die sich anschließende neu aufgerollte Debatte um Atomstrom. Bereits während seines Studiums habe der Ingenieur die Erkenntnis gewonnen, dass es „bei der Kernenergie auf dem Gebiet der Sicherheit deutliche Grenzen gibt“, wie der Spezialist für Automatisierungstechnik berichtet.
Wie teuer die Anschaffung einer Kleinwind-Energieanlage werden kann, dazu vermag das Entwicklertrio noch keine konkreten Zahlen sagen. Die drei rechnen aber damit, dass ihre Idee – bei Serienfertigung – nach weniger als neun Jahren amortisiert ist.
Von unserem Redakteur Mario Quadt