Als Lehrer hatte Michael Sprenger einen festen Stundenplan, 13 Wochen Ferien und war oft Einzelkämpfer. Doch diese Zeiten, als er an der Carl-Benz-Berufsschule in Koblenz Religion unterrichtete und dort Schulpfarrer war, sind vorbei. Damit hat ein großes Abenteuer begonnen. Mit 58 Jahren ist er zum ersten Mal Gemeindepfarrer geworden und kümmert sich seit Kurzem um insgesamt rund 2500 Mitglieder in der fusionierten evangelischen Kirchengemeinde Urbach-Raubach. Er ist froh, dass sich sein großer Traum erfüllt hat. Vieles ist für den konservativen Pfarrer noch ungewohnt.
Seit wenigen Wochen ist er nun Gemeindepfarrer. Zur Umstellung von der Schule auf das Gemeindeleben sagt er: „Man muss viel mehr im Team arbeiten. Es ist mehr Miteinander.“ Der Wechsel sei ihm leicht gefallen. „Ich wollte immer eine Gemeinde leiten. Ich habe Theologie nie mit dem Interesse studiert, Lehrer zu werden“, betont Michael Sprenger. Bloß als 2010 sein Probedienst beendet war, war es schwer, eine Stelle als Pfarrer zu finden.
Nicht ganz glücklich als Lehrer
Um nicht arbeitslos zu werden, entschied er sich schließlich dafür, Lehrer zu werden. Dann unterrichtete er jahrelang an der Carl-Benz-Schule, die einen technischen Schwerpunkt besitzt. „Aber es war nie mein Ding, ich war nicht richtig mit dem Herzen dabei.“ Er stellte die Sinnhaftigkeit infrage und zweifelte mehr und mehr an seiner Lehrertätigkeit, auch wenn er hervorhebt, dass er mit den Schülern zwischenmenschlich immer ein gutes Verhältnis gehabt habe: „Was mache ich hier eigentlich? Bringt das was?“
Immer wieder half er in der Schulphase als Pfarrer in der Region aus, sprang etwa auch in Rengsdorf oder auch Oberhonnefeld-Gierend ein. Als dann die Möglichkeit da war, sich auf die Stelle als Gemeindepfarrer in Urbach-Raubach zu bewerben, ergriff er seine Chance. Passenderweise, so sagt es Sprenger, gingen die Pfarrstellen heutzutage nicht mehr nur an Beamte, sondern auch Angestellte könnten sie erlangen.

Auf seine schriftliche Bewerbung erhielt er eine positive Rückmeldung und durchlief das übliche Bewerbungsverfahren. Erst stand ein Vorgespräch an, dann hielt er einen Probegottesdienst im vergangenen Jahr. Anschließend folgte das zweite Gespräch mit der Auswertung seines Probegottesdienstes. Nach dem Gespräch hatte Sprenger kein gutes Gefühl: „Ich wusste, die wählen mich sowieso nicht. Ich war im Gespräch sehr offen“, so der konservative Sprenger, der auch sehr transparent über seine Sicht auf die Kirche sprach. Aber es kam anders, er wurde Gemeindepfarrer.
Sprenger, der sich selbst als evangelikal sieht, steht für ein eher traditionelles Kirchenbild: „Die Bibel ist Gottes Wort, die Bibel ist Wahrheit.“ Er finde den Sinn im Glauben an Jesus Christus: „So predige ich das auch, auch wenn es nicht immer den Trends der Zeit entspricht.“ Auch sagt er unmissverständlich: „Ich mag keine Event-Gottesdienste.“ Die gleichgeschlechtliche Ehe trage er mit, doch halte er an gewissen Grundsätzen fest. „Ich bin kein Freund davon, dass die Evangelische Kirche den Christopher Street Day (CSD) finanziell unterstützt.“
Sprenger möchte klar und ehrlich sein
Der CSD ist ein Fest- und Demonstrationstag von Schwulen, Lesben, bisexuellen Transgendern und generell von queeren Personen. Darüber hinaus sagt er auch, dass er kein Problem damit habe, wenn die Kirche sich politisch äußere und zum Beispiel Friedensdemos unterstütze. Doch er sieht Pfarrer kritisch, die sich in der Predigt politisch äußern und ihre politischen Ansichten in der Predigt sowie im Gottesdienst einfließen lassen: „Politik hat auf der Kanzel, im Gottesdienst nichts zu suchen.“
Sprenger möchte zu seinen Gemeindemitgliedern klar und ehrlich sein, auch wenn er sich bewusst ist, dass er sicherlich nicht jeden Geschmack trifft. Für die Menschen möchte er da sein, auch wenn er kein Patentrezept dafür hat, wie er wieder mehr Menschen für die Kirche begeistern und dadurch Kirchenaustritte verhindern kann.
Seine Ideen für die Zukunft
Offen zeigt sich der neue Gemeindepfarrer Michael Sprenger im Hinblick auf neue Idee für die Kirchengemeinden Urbach-Raubach. Im Austausch ist er hier mit dem langjährigen Pfarrer Ulrich Bäck, der noch bis Ende Juni mit an Bord ist. Sprenger selbst kann sich unter anderem vorstellen, zukünftig mehr Spiritualität hereinzubringen und mehr Themengottesdienste zu veranstalten. Auch die Jugendarbeit möchte er vorantreiben und seine Mitglieder oft besuchen. Und er könne sich eine Zusammenarbeit mit den Freikirchen im Westerwald vorstellen: „Es gibt keine Konkurrenz im Reiche Gottes. Wir haben das gleiche Ziel.“