Neuwied
Ein Bier, aus Liebe zur Heimat: Neuwieder erfindet den „Schärjer-Sud“
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Alexander Baum ist Bierliebhaber und überzeugter Neuwieder: Nun hat er beide Leidenschaften kombiniert und ein Neuwieder Bier auf den Markt gebracht.
Hilko Röttgers

Alexander Baum bezeichnet sich als heimatverbunden und als Bierliebhaber. Nun hat er beide Eigenschaften kombiniert. Herausgekommen ist der "Naiwidder Schärjer-Sud" - ein Bier in den Varianten "Helles" und "Porter".

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Damit hatte Alexander Baum nicht im Traum gerechnet. Keine 24 Stunden hat es gedauert, bis die erste Charge seines „Naiwidder Schärjer-Suds“ ausverkauft war. In den Varianten „Helles“ und „Porter“ hat er das Bier brauen lassen – und damit ganz offensichtlich den Geschmack der Neuwieder getroffen.

Bier ist so etwas wie Baums Lebensthema. Als selbstständiger Handelsvertreter verkauft der gelernte Industriekaufmann Produkte rund ums Bier, vor allem Gläser, an deutsche Brauereien. Außerdem hat er 2017 bei der Industrie- und Handelskammer eine Ausbildung zum Bierbotschafter gemacht und ein knappes Jahr später darauf aufbauend an der Doemens-Akademie in München eine Zusatzausbildung zum Biersommelier absolviert. „Da lernt man, wie Bier gebraut wird, welche Zutaten man braucht und so weiter“, erzählt Baum.

Der heimische Kupferkessel reicht nicht

Klar, dass der Neuwieder seitdem zu Hause auch selbst braut. „Im Kupferkessel“, sagt er, Fassungsvermögen: 50 Liter. „Da habe ich schon alle möglichen Biere ausprobiert.“ Die Idee, ein Neuwieder Bier zu vermarkten, hat er längst im Hinterkopf. Und ihm ist bewusst, dass sein Kupferkessel dafür nicht ausreicht.

Unterstützung bekommt er aus Lahnstein. Baum kennt Markus Fohr, den Geschäftsführer der Lahnsteiner Brauerei. Und die bietet einen Lohnbrauservice an, braut also auch vergleichsweise kleine Mengen spezifisch auf Kundenwunsch. „Das ist der beste Weg“, ist Baum überzeugt.

Die Schärjer und Wittmanns Ann

Das Bier ist aber nur eine Seite der Medaille. „Ich bin Bierliebhaber und überzeugter Neuwieder“, sagt Baum. Die andere Seite der Medaille ist daher die Geschichte, die er mit seinem Bier verbinden will. Und da kommen die Schärjer und Wittmanns Ann ins Spiel.

Bis heute werden die Neuwieder als Schärjer bezeichnet. Schärjer waren die Arbeiter, die früher mit ihren Schubkarren das Be- und Entladen der Rheinschiffe übernahmen. Ihnen ist die Neuwieder Hymne, das Schärjer-Lied, gewidmet. Darin kommt in der dritten Strophe auch Wittmans Ann vor. Die Frau mit Kittelschürze, Handtasche und Gitarre ist ein Neuwieder Original. Sie machte vor allem in den 1940er- und 1950er-Jahren als Alleinunterhalterin von sich reden. Auf der Internetseite der Stadt Neuwied wird sie als „die gutherzige Neuwieder Sonderausgabe eines singenden Lebenskünstlers“ beschrieben.

Ich bin Bierliebhaber und überzeugter Neuwieder.

Alexander Baum

„Ich liebe diese ganzen Geschichten und Lieder von Wittmanns Ann“, erzählt Alexander Baum. „Meine Mutter ist in der Langendorfer Straße aufgewachsen und hat sie noch erlebt und von ihr erzählt.“ Es ist dieses Bodenständige, sagt Baum, das ihm gefällt.

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In zwei Varianten - als Porter (links) und als Helles - gibt es den Naiwidder Schärjer-Sud.
Hilko Röttgers

Wittmanns Ann und die Schärjer bilden das Drumherum für Baums Bier-Idee. „Man braucht eine Story, eine gute Idee“, erklärt Baum. Daran arbeitet Baum zusammen mit Andreas Breiden, dem „kreativen Kopf der Lahnsteiner Brauerei“, wie Baum ihn nennt. So entsteht der Name „Schärjer-Sud“, und so wird ein historisches Foto von Wittmans Ann zum Hintergrund für die Etiketten auf den Flaschen. „Empfohlen von Wittmanns Ann“ steht darauf. „Ich könnte mir vorstellen“, sagt Baum, „dass ihr das gefallen hätte.“

Aus 400 Flaschen à 0,33 Liter besteht die erste Charge Naiwidder Schärjer-Sud, die die Lahnsteiner Brauerei produziert. Davon sind rund zwei Drittel „Helles“, ein hopfenbetontes und fruchtiges Bier, das geschmacklich gerade im Trend liegt. Ein Drittel der Charge besteht aus „Porter“, einem dunklen, malzbetonten Bier mit Röstaromen von Schokolade und Kaffee. Das „Porter“-Bier wurde übrigens nach den Lastenträgern in englischen Häfen benannt, wie Baum erzählt, also gewissermaßen nach den englischen Schärjern.

Zweite Charge ist schon bestellt

Den Schärjer-Sud bewirbt Baum in Sozialen Netzwerken. Dort kommt die Idee so gut an, dass er sich vor Nachfragen kaum retten kann. Nur einen Tag nach seinem ersten Posting bei Facebook schreibt Baum dort: „Ich bin vollkommen überwältigt und sehr dankbar und sehe vor lauter Bestellungen, Kommissionierzetteln und Liefer- beziehungsweise Abholterminen nur noch Sternchen.“

Aufgrund der positiven Resonanz hat Baum inzwischen die zweite Charge des Schärjer-Suds in Auftrag gegeben. Und die wird größer ausfallen als die Erstauflage. In drei bis vier Wochen soll der Bier-Nachschub zur Verfügung stehen.

Erlös wird gespendet

Reich werden will Baum mit dem Naiwidder Bier aber nicht. Eine Flasche Schärjer-Sud kostet 2,50 Euro. Falls Baum zum Jahresende nach Abzug aller Kosten einen Erlös erzielt, wird er das Geld dem Verein „Sonnenschein – Freunde und Förderer der Kinderklinik des Marienhaus Klinikums St. Elisabeth Neuwied“ spenden.

„Das ist ein Liebhaber- und Hobby-Projekt“, erklärt Baum. Ihm geht es vor allem darum, das Thema „Neuwieder Bier“ und die Geschichten um Wittmanns Ann und die Schärjer vor dem Vergessen zu bewahren. Und vielleicht wird es beim Bier allein nicht bleiben. „Mal sehen, wie wir die Themen noch weiterspinnen können“, sagt er. „Da gibt es noch 1000 Ideen.“

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