In der Vergangenheit war das Podium mit Kandidaten der Parteien, die zur Wahl antreten, allerdings überschaubarer: Inzwischen finden sich 10 Parteien auf dem Wahlzettel – und bis auf die Freien Wähler (FW), die sich entschuldigen ließen, und die AfD, die von den Veranstaltern wegen ihrer rechtsextremen Tendenzen nicht eingeladen wird, waren alle Parteien vertreten. Aus der regierenden Papaya-Koalition waren Martin Hahn für die CDU und Regine Wilke für die Grünen gekommen.
Die Opposition zeigte sich mit Sven Lefkowitz für die SPD, Timon Horsch für die Linke, Tobias Härtling für das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) – Die Bürgerinitiative“ und Jochen Müller für die FDP. Zwei Stadtratsmitglieder treten nun für neue Gruppierungen an: Jutta Etscheidt für die Wählergruppe Etscheidt und Tobias Härtling für das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) – beide vervollständigten das Podium im Albert-Spee-Haus, das sich so aus acht Personen zusammensetzte.
Es gab kritische Zwischenfragen
Der Journalist und ehemalige Mitarbeiter der Rhein-Zeitung Marcelo Peerenboom hatte die anspruchsvolle Aufgabe, den Abend zu moderieren: Inhaltlich sollte es nämlich zusätzlich um die Programme für die Europawahl gehen – und es war ein Zeitlimit von zwei Stunden angesetzt worden. Dennoch gelang es Peerenboom, allen Teilnehmenden ausreichend Redezeit zur Verfügung zu stellen, und er stellte auch mehrfach kritische Zwischenfragen.
Mittlerweile werden die Dinge, die wir auf den Weg gebracht haben, sichtbar. Wenn der Wähler uns bestätigt, wollen wir das fortsetzen – ganz klar!
Martin Hahn für die CDU und Regine Wilke für die Grünen zur Papaya-Koalition
Zum Auftakt wurden die regierenden Parteien darauf angesprochen, ob sie ihre Zusammenarbeit fortsetzen möchten. Die wurde sowohl von Hahn als auch von Wilke klar bejaht: „Mittlerweile werden die Dinge, die wir auf den Weg gebracht haben, sichtbar. Wenn der Wähler uns bestätigt, wollen wir das fortsetzen – ganz klar!“, erklärte Hahn. Auch Wilke möchte die Zusammenarbeit fortsetzen – selbst wenn es nicht immer Übereinstimmung gab.
SPD will wieder mehr Verantwortung bekommen
Sven Lefkowitz ist zuversichtlich, dass der SPD zukünftig wieder mehr Verantwortung übertragen wird. „Die Menschen nehmen wahr, was wir im Stadtrat geleistet haben. Die Resonanz im Wahlkampf ist positiv. Die Karten werden nach der Wahl neu gemischt“, hofft er.
Manch anderem Kandidaten fiel es indes schwer, den knapp 50 Besuchern ein klares Profil ihrer Verbindungen zu vermitteln. Das gilt besonders für die Gruppierungen, die sich aufgespalten haben: Die Ziele von „Ich tu’s“ und der „Wählergruppe Etscheid“ sind für den Außenstehenden ebenso schwer zu unterscheiden wie die der Linken und dem BSW. Deren Vertreter Tobias Härtling wurde von Moderator und Publikum mehrfach auf die Hintergründe der Neugründung angesprochen – was ihn spürbar verunsicherte. Im Auftreten wirkte der FDP-Mann Jochen Müller selbstbewusster – er macht sich aber keine großen Hoffnungen, mit einer vermutlich wieder kleinen Fraktion Großes bewegen zu können.
Publikum hatte auch viele Fragen
Als bei Publikumsfragen drängende Themen wie die Anpassung an den Klimawandel, der Ausbau und die Sanierung von Kitas, Schulen und Straßen, bezahlbarer Wohnraum und die städtischen Immobilien Heimathaus und Deichkrone angesprochen wurden, zeigte sich auch, wie sehr der Stadtregierung die Hände gebunden sind: Alle Podiumsteilnehmer stimmten überein, dass entscheidende Schritte nur mit massiver Unterstützung aus Mainz und Berlin möglich sind.
Unterschiedliche Haltungen wurden deutlich beim Thema dauerhafter Wohnungsleerstand: Während die beiden linken Gruppierungen, Ich tu’s und Jutta Etscheidt, nach Möglichkeiten suchen wollen, Druck auf Vermieter auszuüben, haben CDU und Grüne keine Hoffnung, im Rahmen der bestehenden Gesetzgebung bei diesem Thema etwas bewegen zu können. Sven Lefkowitz positionierte sich gegen eine Leerstandsteuer, sieht aber die Möglichkeit einer Zweckentfremdungssatzung. Der FDP-Kandidat sieht die Besitzer nicht in der Pflicht – er will Vermietern nicht schaden, die Wohnraum leerstehen lassen, wenn sie dafür nicht den von ihnen erhofften Mietpreis erzielen können.
Diskussion blieb recht sachlich
Einigkeit herrschte bei der Bewertung der Wichtigkeit der anstehenden Wahlen: Um die Demokratie zu stärken, und dazu beizutragen, dass der Wille der Bürger umgesetzt wird, wäre aus Sicht der Kandidaten eine deutlich höhere Wahlbeteiligung als zuletzt wünschenswert. Die Diskussion blieb sachlich – Würze kam nur durch hin und wieder fein gesetzte Sticheleien einzelner Kandidaten und etwas provokante Fragen des Moderators ins Gespräch.