Für Schützeichel stehen so viele Besuche an, dass er es mit dem Esel oder Schlitten, sofern Schnee liegt, kaum schaffen würde. Rund 30 Familien, Einrichtungen und Vereine fragen bei ihm jährlich an. „Da kommen ganz schnell mal 150 Kilometer zusammen“, sagt Schützeichel, der in Neustadt-Wiedmühle wohnt. Dieses Jahr war er unter anderem bei „Kinder in Not“ und dem Seniorennachmittag in Rahms, beim Altentag in Strauscheid und in der Katholischen Kindertagesstätte in Neustadt. Er besuchte die Tagespflege in Linz, und auch der Frauenchor in Bonefeld lud ihn zu seiner Weihnachtsfeier ein.
Der 71-Jährige erzählt, wie er zu diesem außergewöhnlichen Job kam. „Mein Schwager besuchte als Nikolaus die Kinder in Wiedmühle und Steeg. Einmal ging ich als Knecht Ruprecht mit. Als er ein Jahr darauf, 1971, das Amt abgab, bin ich für ihn eingesprungen.“ Fortan besuchte er rund um den 6. Dezember die Kinder in Wiedmühle, Steeg, Panau und Neustadt. Mehr als 40 Jahre lang habe ihn auch ein Knecht Ruprecht begleitet. „Mein erster Knecht Ruprecht war Willi Salz, der die Rolle rund 15 Jahre übernahm“, erzählt Schützeichel gibt zu, dass er als Kind Angst vor Knecht Ruprecht hatte. „Aus dem Jutesack auf seinem Rücken schauten zwei Beine, ich dachte, das sind die von einem Nachbarskind. Und die anderen Kinder dachten das gleiche.“ Und weil die Jüngsten auch heute noch mehr Angst als Freude vor Knecht Ruprecht verspürten, habe er als Nikolaus Knecht Ruprecht Dauerurlaub gegeben.
Nikolaus-Besuch ist zum Event geworden
Bis zu einem gewissen Alter glaubten die Kinder an den Nikolaus. „Das kommt natürlich auch darauf an, wie man die Rolle auskleidet, und dass sie mich vorher nicht in normaler Kleidung sehen“, sagt Schützeichel. Die Familien fragen bei ihm an, ob er sie besuchen kann, dann berichten sie auch ein wenig über ihre Kinder und organisieren die Geschenke, die der Nikolaus an der Haustür heimlich entgegennimmt.
„Waren früher nur die Eltern und Geschwister beim Besuch des Nikolauses dabei, hat es sich inzwischen zu einem Event entwickelt. Oma, Opa und engste Freunde sind oftmals mit dabei“, erzählt der 71-Jährige. Die Rolle des Nikolauses sei für ihn etwas ganz Besonderes. „Das ist schwer zu beschreiben. Ich komme ja in die heimeligen Wohnzimmer, wo die erwartungsvollen Kinder mit der ganzen Familie sind. Die Atmosphäre ist einfach wunderschön, das geht einfach durch und durch.“
Nikolausfeier in der Wiedparkhalle
Am Samstagnachmittag kehrte er nun den Spieß um und lud alle Familien, Freunde und Weggefährten aus Anlass des 50. Nikolaus-Jubiläums in sein „Wohnzimmer“, die Wiedparkhalle in Neustadt, ein. Dort bereiteten er und seine Frau Clara, weitere Familienmitglieder und befreundete Helfer den rund 150 Gästen eine schöne Nikolausfeier. Und natürlich gab es für die Jüngsten kleine Geschenke, dazu Waffeln, Kuchen, warme Speisen und vieles mehr. Für die Musik sorgten unter anderem die Musikfreunde Asbach.
Stilecht zog Schützeichel als Bischof von Myra mit Mitra und Bischofsstab sowie einem Schlitten vollgepackt mit Süßigkeiten in die Wiedparkhalle ein. Und er bewies, dass auch ein Bischof von Myra mit der Zeit gehen kann. „Die Zeit der Briefeschreiberei ist nun auch vorbei. Seitdem jetzt alle Mädchen und Knaben Handys haben, gehen wir im Himmel auch mit der Zeit und steht auch hier Internet bereit. Dann packe ich meine Geschenke und teile auch die Touren ein.“ Diesmal sei auch klar gewesen, dass „eine große Schar hier in dem schönen Haus wartet auf den Nikolaus“. Unter den Gästen war auch die 100-jährige Elisabeth Knopp aus Rotter Heide, die für Schützeichel vor 50 Jahren das erste Nikolauskostüm nähte.