In Corona-Zeiten wurde Technik eingebaut - Doch nicht alle Bildungsstätten sind auf gleichem Stand
Dicke Luft in den Schulen? Was ist aus den Lüftungsanlagen im Kreis Neuwied geworden
Coronavirus - Experten raten Kindeswohl in den Blick zu nehmen
Auch im Kreis Neuwied stehen in vielen Klassenräumen noch mobile Raumluftreiniger. Foto: picture alliance/dpa/Marijan Murat
Marijan Murat. picture alliance/dpa

Maskenpflicht, Abstandsregelungen, Inzidenz, PCR-Test: Das Coronavirus hat das Leben der Menschen in der Pandemie massiv verändert und eingeschränkt. Viele Begrifflichkeiten, die es davor nicht gab, wurden eingeführt und gehörten auf einmal zum Alltag dazu. Auch neue Diskussionen flammten auf, etwa über die Sinnhaftigkeit sogenannter Raumlufttechnischer Anlagen (RLT) vor allem in Kitas und Schulen.

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Der Bund legte sogar ein Förderprogramm auf, um die Kommunen dazu zu animieren, entsprechende Anlagen anzuschaffen. Aber nun scheint die Pandemie überwunden zu sein, und vielerorts ist der Einbau der RLT noch gar nicht oder nur teilweise erfolgt. Das gilt auch für den Kreis Neuwied, wie unsere Recherche zeigt.

Mobile Geräte helfen auch Pollenallergikern

In der VG Asbach hat man in der Corona-Zeit auf mobile Luftfiltereinheiten eines ortsansässigen Herstellers gesetzt, erklärt Bürgermeister Michael Christ. Diese Maßnahme sei bereits im November 2020 flächendeckend umgesetzt worden. Jeder Klassenraum der sechs Grundschulen sei immer noch mit den Geräten ausgestattet, da diese auch bei anderen Viren oder Pollen helfen würden. Lediglich in den Schulturnhallen in Asbach und Buchholz habe man für fünfstellige Eurobeträge filternde Belüftungsanlagen nachgerüstet, in Windhagen und Neustadt seien diese schon vorhanden gewesen. Die VG Asbach sehe sich daher gut aufgestellt, meint Christ.

In den Schulen der VG Linz gab es in der Hochphase der Pandemie unterschiedliche Vorgehensweisen: Während man in Linz Pläne erstellte, eine fest installierte Anlage zur Luftreinigung auf das Dach zu bauen, wurden in der Grundschule Leubsdorf im Sommer 2021 auf Initiative des Fördervereins in den Klassenräumen mobile Luftfilteranlagen mit CO2-Ampeln aufgestellt, berichtetet Bürgermeister Frank Becker. Die Anlage für die Grundschule Linz sei nicht realisiert worden, auch wegen zu enger Förderzeiträume. Und: „Am Ende des Tages ist es an der Statik gescheitert“, so Becker. Doch die Linzer Grundschule solle ohnehin bald energetisch saniert werden. Im Zuge dieser Maßnahmen könnte man auch die Nachrüstung mit einer Belüftungsanlage angehen, meint der Bürgermeister.

Am Ende des Tages ist es an der Statik gescheitert.

Der Linzer Bürgermeister Frank Becker betont, dass die Gebäude für solche Anlagen gerüstet sein müssen.

In Vettelschoß sei in der Corona-Zeit über Fenster gelüftet worden, berichtet Ortsbürgermeister Heinrich Freidel. Man habe auch einen Antrag auf Förderung für den Einbau von filternden lufttechnischen Anlagen gestellt, jedoch sei der Zeitraum für die Umsetzung, um diese Förderung zu bekommen, zu eng gewesen. Daher setze man im Obergeschoss weiter auf die Klimaanlage, die man auch mit Filtern umrüsten könne. Im Untergeschoss soll mit der nächsten Umbaumaßnahme eine ähnliche Anlage eingebaut werden.

Zu kurze Förderzeiträume werden bemängelt

In St. Katharinen wollte man in der Corona-Zeit ebenfalls eine zentrale Lüftungsanlage in der Grundschule einbauen. Der Plan sei allerdings aufgrund von zu engen Zeitplänen für Förderungen und Lieferengpässen gescheitert, berichtet Beigeordneter Hans-Josef Weißenfels. Dafür habe man in allen Klassenräumen dezentrale mobile Lüftungsgeräte aufgestellt, die noch immer in Betrieb sind.

Ein ganz anderer Weg wurde in der VG Bad Hönningen eingeschlagen: Wie Bürgermeister Jan Ermtraud berichtet, habe man keine horrenden Geldbeträge ausgegeben, um die drei Grundschulen umzurüsten, sondern Anfang 2021 zwei Experten von der Uni Bonn eingeladen, die Klassenräume auf ihre Notwendigkeiten für Luftfilteranlagen zu untersuchen. Fazit: Ausgiebiges Lüften ist für einen kompletten Luftaustausch ausreichend. Daher habe man keine Geräte angeschafft, „weil es wirtschaftlicher ist“, erklärt Ermtraud.

Aus 119 Lüftern für die Stadt wurde nichts

Die Stadt Neuwied wollte ursprünglich alle Klassen- und Aufenthaltsräume der Sonnenlandschule, der Marienschule, der Geschwister-Scholl-Schule, der Wülfersberg-Schule, der Margaretenschule, der Maria-Goretti-Schule und der Grundschule Heddesdorfer Berg mit dezentralen Lüftungsanlagen ausrüsten. Insgesamt handelte es sich um 119 Räume, in denen die Lüfter installiert werden sollten. Doch daraus wurde nichts. Denn wie sich herausstellte, drohte dem Vorhaben eine Kostenexplosion. Eine Verdoppelung der zunächst angenommenen Ausgaben von 2 Millionen Euro schien möglich. Ursache dafür war zum einen der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, der bereits bestehende Lieferschwierigkeiten verschärfte, und zum anderen die Gefahr, dass das Vorhaben nicht in vollem Umfang im zugesagten Förderzeitraum hätte umgesetzt werden können. Deswegen zog der Stadtrat im Februar die Reißleine.

Statt alle Grundschulen mit neuen Lüftungsanlagen auszustatten, soll dies nun nur noch in einem Pilotprojekt an der Sonnenlandschule geschehen. Darüber hinaus werde geprüft, ob es für zwei weitere Grundschulen eine kleinere Lösung geben könne, erklärt Stadtsprecher Erhard Jung auf Anfrage unserer Zeitung. Um welche weiteren Grundschulen es sich dabei handeln und welchen Umfang eine kleinere Lösung haben könnte, sei derzeit aber noch offen.

Sporthallen erhalten eher entsprechende Anlagen

Für die VG Puderbach sagt zu diesem Thema Bürgermeister Volker Mendel, dass die Sporthallen in Puderbach und Urbach sowie das Schulhallenbad mit geeigneten raumlufttechnischen Anlagen (RLT) ausgestattet seien. Ebenfalls erhalte der sich im Bau befindliche Sechsgruppenkita-Neubau in Puderbach eine RLT. Zudem werde der Krippenraum in der Kita Raubach mit einer kleiner RLT ausgestattet. Und: „Alle Klassenräume in den unseren drei Grundschulen wurden in den Jahren 2021 und 2022 mit mobilen Luftreinigungsgeräten ausgestattet. Ebenso haben unsere Kitas diese mobilen Lüftungsgeräte erhalten.“

In den Grundschulen der VG Dierdorf wird sich laut Bauverwaltung etwas tun beziehungsweise ist schon etwas geschehen. „Seit der Generalsanierung der Grundschule in Großmaischeid im Jahr 2018 gibt es dort dezentrale Lüftungsanlagen in allen Klassenräumen. In der Schulsporthalle existiert schon seit Jahren eine Lüftungsanlage. Zu Zeiten der Corona-Auflagen waren in allen diesen Räumlichkeiten keine besonderen Maßnahmen hinsichtlich Lüftung notwendig“, heißt es seitens der Bauverwaltung.

Generalsanierung in Dierdorf bietet Möglichkeiten

Bei der Grundschule Dierdorf läuft aktuell die Generalsanierung: „In allen Klassenräumen sind dezentrale Lüftungsanlagen vorgesehen“, so die Bauverwaltung. Damit werde der gleiche Standard wie in Großmaischeid erreicht. Die Fertigstellung ist für Ende 2024 geplant. Zudem werde die kleine Sporthalle mit einer Lüftungsanlage ausgerüstet. Die Fertigstellung und Inbetriebnahme soll im Juli 2023 erfolgen. „Zu Beginn der Corona-Auflagen wurden zusätzliche Lüfter eingebaut, um einen stärkeren Luftaustausch zu ermöglichen. Diese werden nun nicht mehr benötigt und zurückgebaut“, erklärt die Bauverwaltung.

Beim Kindergarten Holzbachfrösche ist laut Verwaltung im Bestandsgebäude eine Lüftungsanlage vorhanden. Im derzeit anstehenden Um- und Erweiterungsbau sei auch die Erweiterung der Anlage geplant. Im Gegensatz dazu gebe es in der Kita Schulzentrum Dierdorf und in der Kita Eulennest in Wienau keine Anlagen. In den Kitas Antonius (Kleinmaischeid) und Bonifatius (Großmaischeid) sind keine Lüftungsanlagen installiert. Während in Kleinmaischeid im Zug der Erweiterung auch keine RLT geplant sei, wird sie bei den Planungen für die Kita in Großmaischeid noch erwogen.

Zu Beginn der Corona-Auflagen wurden zusätzliche Lüfter eingebaut, um einen stärkeren Luftaustausch zu ermöglichen. Diese werden nun nicht mehr benötigt und zurückgebaut.

Das sagt die Bauverwaltung der VG Dierdorf

„Insgesamt wird aktuell keine größere Notwendigkeit für die kostenintensiven Lüftungsanlagen mehr gesehen, da größtenteils ausreichende Lüftungsmöglichkeiten über Fenster bestehen. Der Einbau weiterer Anlagen ist sicherlich auch von einer Förderung abhängig“, betont die Verwaltung.

„Im Frühjahr 2021 wurden in der VG Rengsdorf-Waldbreitbach nach Abstimmung im VG-Rat für die in Trägerschaft stehenden Grundschulen Rengsdorf, Waldbreitbach, Straßenhaus, Niederbreitbach und Anhausen komplett für alle Klassen neue mobile Luftreinigungsgeräte angeschafft“, erklärt Büroleiter Dieter Reimann. Diese seien nach Herstellerangaben in der Lage, über spezielle Multifunktionsfilter Virenbelastungen zu reduzieren und würden zusätzlich die Luftqualität in Bezug auf Staub-, Pollen- und Geruchsbelastungen verbessern. „Rückmeldungen der Schulen sind positiv und haben ergeben, dass die Raumluftqualität sich dadurch verbessert hat.“ Insgesamt habe die VG rund 50.000 Euro investiert. Da die Geräte wartungsfreundlich seien, könnten die Filterwechsel und Einstellarbeiten durch die Schulhausmeister ausgeführt werden und verursachten somit nur geringe Folgekosten, so Reimann.

Manche Gemeinden hatten die Mittel nicht

In den Kitas sind nur vereinzelt (auch wegen Schwierigkeiten mit Abstandsregelung und offenen Konzepten) Raumluftgeräte durch die jeweiligen Träger (Kirchengemeinde oder Ortsgemeinde) angeschafft worden, erklärt die Verwaltung. Ein abschließender Überblick dazu liege nicht vor.

Und wie sieht es in der VG Unkel aus? Für die Grundschule „Am Sonnenberg“ in Unkel waren mobile Geräte gemietet worden. Neue, eigene anzuschaffen, ist laut Bürgermeister Karsten Fehr derzeit nicht geplant. Die Haushaltslage hatte es in Erpel nicht zugelassen, Lüftungs- oder Luftreinigungsräte für die St.-Johannes-Grundschule zu kaufen. „Wir hatten aber Luftgüteampeln angeschafft, die anzeigen, wann der CO2-Gehalt der Luft zu hoch ist und gelüftet werden muss“, sagt Ortsbürgermeister Günter Hirzmann. san/ten/hrö/drü

Mobile Geräte sind an Kreisschulen immer noch im Einsatz

Auch in der Kreisverwaltung und im Kreistag nahm das Thema Lüftungsanlagen für die Schulen während der Corona-Zeit Raum ein. „Im Zuge der ,Corona-Förderung‘ hatten wir 118 Luftreinigungsgeräte angeschafft“, berichtet Immobilienmanager Rüdiger David auf Anfrage unserer Zeitung. Davon abgesehen, entschied sich der Kreis auf Empfehlung des Bildungsministeriums für eine Fensterlüftung, da durch die mobilen Geräte zwar die Reinigung der Luft erfolgen sollte, eine Verbesserung der Luftqualität laut Experten aber nur durch Lüften zu erreichen gewesen sei. Die Geräte sind laut David weiterhin betriebsbereit und werden durch die Schulen betrieben, teils über Zeitschaltuhren gesteuert.

„Lüftungsanlagen bauen wir in Räume ein, die über keine direkte Lüftungsmöglichkeit verfügen und in Nassbereiche von Sporthallen. Zuletzt haben wir eine geförderte Anlage im Sporthallenbereich der Carl-Orff-Schule in Engers eingebaut“, so David. rgr

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