An dem Montag nach der Wahl hatte er ein bisschen mehr Zeit, am Tag darauf stand um 6.30 Uhr schon wieder der erste Termin an: Für Neuwieds neuen und alten Oberbürgermeister (OB) Jan Einig (CDU) geht der Alltag ohne Unterbrechung weiter. Am Sonntag, als Deutschland den neuen Bundestag wählte, verlängerten die Neuwieder seine Amtszeit mit einer Zustimmung von 54,96 Prozent um weitere acht Jahre. Was nun ansteht und wie sie damit umgehen, verrieten Jan und Rebecca Einig unserer Zeitung.
Hinter der erneuten Kandidatur standen beide. „Wenn man ein Paar ist und verheiratet ist, kann man so eine lebensverändernde Entscheidung nur gemeinsam treffen“, macht Rebecca Einig deutlich. Die Berufung ihres Mannes sei intensiv und herausfordernd, sagt sie: „Zu beobachten, wie viel Energie und Kraft er daraus zieht, beeindruckt mich sehr.“ Sonst könne er diesen Job nicht machen, sagt ihr Mann.
„Im Führungsteam haben wir jetzt für eine Verwaltung ein relativ junges Team, sodass mit ein bisschen Glück eine gewisse Kontinuität zu erwarten ist.“
Neuwieds Oberbürgermeister Jan Einig
In seiner Arbeit gehe es jetzt einfach weiter, sagt der CDU-Politiker. „Wir haben ja einiges auf die Schiene gesetzt, und die Maßnahmen wollen jetzt auch weiter entwickelt beziehungsweise umgesetzt werden.“ Unter anderem mit den Themen Wohnungsbau, der Weiterentwicklung von einer sechs Hektar großer Gewerbefläche und dem Ausbau von Kitas war der OB im Wahlkampf angetreten.
Veränderungen werde es auch beim Team nicht geben. „‚Never change a running system’ sage ich immer“, lacht Einig. Er habe ein hervorragendes Team, auch mit dem Stadtvorstand. In den vergangenen Jahren habe sich hier einiges, unter anderem durch Ruhestand, verändert. „Im Führungsteam haben wir jetzt für eine Verwaltung ein relativ junges Team, sodass mit ein bisschen Glück eine gewisse Kontinuität zu erwarten ist.“

Die Kritik im Wahlkampf zu Fachkräften in der Verwaltung seien Bestätigung dessen gewesen, was sie schon täten, betont Einig. Homeoffice und Desk Sharing (Teilen eines Schreibtischs, Anm. der Red.), seien seit vier, fünf Jahren etabliert. Und: „Wir haben 150, 200 Leute im mobilen Arbeiten“, so der OB. Es gebe eine Arbeitsgruppe, in der es um ein Rathaus der Zukunft gehe, „weil wir uns natürlich Gedanken machen wollen und müssen, wie können wir uns auf die neuen Arbeitswelten einstellen“, so der Stadtchef.
Die Unzufriedenheit einiger Bürger mit der Verwaltung komme auch bei ihm an, bestätigt Einig. Natürlich gebe es bei so einem großen Haus auch Fälle, wo etwas einfach untergehe oder nicht schnell genug agiert werde. Doch: „Wenn 95 Prozent gut laufen, spricht keiner darüber, wenn 5 Prozent schlecht laufen, sprechen alle darüber.“ Er wolle das nicht entschuldigen und glaube, dass sie daran arbeiten könnten. Da gehe viel über Verbindlichkeit und Kommunikation, beides interne Themen, sagt Einig.
„Dadurch, dass wir so wenig Zeit miteinander haben, vertändeln wir sie nicht mit Nichtigkeiten.“
Rebecca Einig
Was steht an den obersten drei Stellen auf der Liste mit den anzupackenden Projekten in den kommenden Wochen? „Die reichen nicht, die drei“, lacht Jan Einig. Das Heimathaus sei ein Thema, das im Moment ganz konkret bearbeitet werde. Das Thema DRK-Krankenhaus sei ein weiteres, und darüber hinaus sei er kontinuierlich mit der Entwicklung der Stadt beschäftigt, unter anderem beim Rasselsteingelände. „Zum Thema Robotics an dieser Stelle habe ich in nächster Zeit einige Termine“, sagt Eing. Klima sei ein großes Thema, mit den Stadtwerken perspektivisch regenerative Energien in der Stadt zu etablieren, seien weitere Projekte, wirft Einig einen Blick auf die Agenda für die kommenden acht Jahre.
60 bis 80 Wochenstunden wendet der Verwaltungschef für seinen Beruf auf. „Die Zeit mit den Kindern ist oftmals sehr rar“, antwortet Einig auf die Frage nach Vereinbarkeit von Familie und Job. Er versuche, sich bewusst Zeit mit den Kindern zu nehmen, Rituale zu schaffen. So mache er morgens etwa deren Brote für die Schule. Seine persönliche Zeit sei minimiert, weiß auch Rebecca Einig: „Dadurch vertändeln wir sie nicht mit Nichtigkeiten.“
Fazit der Stadt-SPD und von „Ich tu’s“
„Das Ergebnis bleibt hinter unseren Erwartungen zurück“, zieht SPD-Regionalgeschäftsführer Janick Helmut Schmitz ein Fazit zu den von Sven Lefkowitz erreichten 27,1 Prozent bei der OB-Wahl. Sie hätten den Eindruck gehabt, dass es bei Themen wie Kita, bezahlbarem Wohnen oder Sicherheit einen Wunsch nach Veränderung gebe. Doch die Neuwieder hätten klar für Jan Einig votiert: „Als SPD wollen und müssen wir dieses Ergebnis nun aufarbeiten und herausfinden, wie wir mit unseren Punkten wieder mehr Menschen erreichen können und inwieweit wir uns thematisch neu oder anders ausrichten müssen.“ Auch der allgemeine Trend habe sich unvorteilhaft auf die SPD-OB-Kandidatur ausgewirkt. Anders bei der Bürgerinitiative „Ich tu’s“, die mit dem 17,94-Prozent-Ergebnis von Conrad Lunar insgesamt zufrieden ist. „Wir haben nicht vergessen, wo wir herkommen“, so Fraktionsgeschäftsfüher Christoph Schossig. Das Ergebnis bestätige, dass es richtig und wichtig gewesen sei, einen eigenen Kandidaten aufzustellen.