Immer wieder klettern Menschen, häufig Jugendliche, auf Bahnwaggons und verunglücken tödlich. Sie unterschätzen die Gefahr, obwohl ständig und immer wieder vor den Gefahren durch elektrischen Starkstrom in Oberleitungen und Stromschienen gewarnt wird. Wie an Christi Himmelfahrt, als ein 19-Jähriger bei einem tragischen Unfall in Kasbach-Ohlenberg sein Leben verlor. Er hatte einen Güterwaggon bestiegen, der auf einem Abstellgleis stand. Für ihn kam jede Hilfe zu spät, seine beiden Begleiter mussten das schreckliche Unglück mit ansehen. „Sie wurden sofort auch psychologisch betreut. Sie müssen damit fertig werden und mit den schrecklichen Erlebnissen leben“, sagt der Leiter der Pressestelle im Polizeipräsidium Koblenz, Jürgen Fachinger, auf Nachfrage unserer Zeitung.
Zwei Tage zuvor waren zwei 16-Jährige am Bahnhof Wörth (Kreis Germersheim) auf einen Kesselwagen geklettert. Beide erlitten dabei einen lebensgefährlichen Stromschlag. Bundesweit gibt es immer wieder ähnliche Fälle. So ereigneten sich 14 Unfälle allein zwischen Januar und Oktober des vergangenen Jahres. Vier davon endeten tödlich. Die Betroffenen seien nicht nur Jugendliche gewesen, sondern auch Kinder und Erwachsene, berichtet die Bundespolizei.
Unfälle trotz Warnungen
Warum immer wieder Leute entgegen aller Warnungen Bahngleise als Treffpunkt nutzen und auch auf Bahnwaggons klettern, darüber könnten, so Fachinger, nur Mutmaßungen angestellt werden. Manchmal gehe es um Mutproben, Übermut, manchmal scheint es auch Imponiergehabe, Leichtsinn oder einfach nur Unwissenheit zu sein. „Es ist schwer herauszufinden, was die Leute dazu treibt“, sagt er. Fachinger sieht auch die Berichterstattung über die Unglücksfälle etwas kritisch. „Es ist durchaus zu befürchten, dass es trotz aller Warnungen, Verbote und Aufklärungen Nachahmer geben kann, die einfach nicht glauben wollen, dass es wirklich so gefährlich ist“, befürchtet er.
Das Problem ist auch nicht neu. Immer wieder passieren derartige Unfälle. Dabei warnen Schilder an Bahnstrecken vor den Gefahren. Und auch die Bundespolizei, die zuständig für die Sicherheit auf Bahnanlagen ist, und die Deutsche Bahn (DB) haben Kampagnen gestartet, die vor den erheblichen Risiken warnen. Man setzt auf Prophylaxe, Aufklärung und Vernunft. Denn alle Bahnstrecken auf Tausenden von Kilometern vor dem Übermut von Menschen mit Zäunen und anderen Sicherungsmaßnahmen zu schützen, ist ein Ding der Unmöglichkeit.
Lichtbogen kann töten
Polizei und DB erläutern außerdem, warum es so gefährlich ist, Bahngleise zu betreten, auf abgestellte Waggons zu klettern oder auf S-Bahnen zu „surfen“. Fast alle dieser Unfälle enden mit schwersten Verletzungen oder tödlich. Denn Oberleitungen haben eine Spannung von 15.000 Volt und eine Stromstärke von mehr als 1000 Ampere. „Diese Kombination ist in der Lage, die Luft über anderthalb Meter zu überspringen und auf einem Lichtbogen – einem Blitz – über den Körper zur Erde zu gelangen. Dazu muss man die Leitungen nicht mal berühren. Der menschliche Körper wird in diesem Moment zum leitenden Gegenstand. Deshalb haben auch Drachen und Modellflugzeuge in der Nähe von Ober- und Hochspannungsleitungen nichts verloren“, erklärt die Bundespolizei in ihren Flyern für Kinder und Jugendliche, aber auch für Erwachsene.
Sie warnt: Auch nach einem Stromüberschlag fließt der Strom weiter durch die Bahnoberleitung. Erst, wenn zweifelsfrei feststeht, dass die bahnstromführende Oberleitung abgeschaltet und zweifach – vor und hinter der Ereignisstelle – bahngeerdet ist, dürfen sich die Helfer diesem Bereich nähern.
Geld- oder Freiheitsstrafe möglich
Die Polizei ist außerdem auf Streife und versucht, Kriminalität zu verhindern. Wer Bahnanlagen betritt, begeht zudem eine Ordnungswidrigkeit. Diese kann mit einer Geldstrafe von bis zu 5000 Euro geahndet werden. Wird durch das Betreten der Gleisanlagen der Bahnbetrieb konkret gefährdet, liegt sogar eine Straftat vor, und es droht eine höhere Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.

19-Jähriger erleidet in Kasbach tödlichen Stromschlag
Diese Art von tragischen Unfällen ereignen sich immer wieder. Der Starkstrom in einer Oberleitung wurde einem jungen Mann in Kasbach-Olenberg zum Verhängnis, der auf einen Waggon geklettert war.