Kreis Neuwied . Dichte Wälder mit wilden Bächen, verträumten Tälern, Wanderwegen und Trampelpfaden: Die Gegend im Kreis Neuwied lädt zum Wandern ein. Und anscheinend erfreut sich der Freizeitsport nicht mehr nur bei der älteren Generation großer Beliebtheit, denn in den vergangenen Jahren greifen auch immer mehr junge Menschen zu den Wanderschuhen.
Nach Ergebnissen der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse sind im Jahr 2024 zum Beispiel 6,18 Millionen Menschen zwischen 14 und 29 Jahren häufig oder ab und zu wandern gegangen. Das bemerkte auch Kevin Isola, Verkäufer im Intersport-Outdoorhaus in Mülheim-Kärlich: „Die Anzahl junger Leute, die Trekkingausrüstung kaufen, ist merklich gestiegen“.
Im Wald schlafen beruhigt
Dass diese Altersgruppe mitunter etwas wagemutiger ist, zeigt eine Studie, die das Deutsche Wanderinstitut an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften veröffentlicht hat. Dessen Forschungszentrum Wandern und Gesundheit hat herausgefunden, dass jüngere Menschen generell offener für alternative Übernachtungsmöglichkeiten im Urlaub sind als Ältere. Darunter fällt unter anderem das Schlafen in Hängematten unter freiem Himmel, dem Menschen unter 29 Jahren im Vergleich recht offen gegenüber stehen.
Die Geschichte der 24-jährigen Sofia Gelkhauri bestätigt das. Die junge Frau hatte im Wald in einer Hängematte übernachten wollen und war dabei so lange von Wildschweinen umzingelt worden, dass sie schließlich die Polizei rief. Im Zuge der Berichterstattung kam die Frage auf, ob eine Übernachtung im Wald überhaupt legal ist.
Die Antwort: Das kommt darauf an. Zelten, Campen oder Feuermachen sei ganz klar nicht erlaubt, erklärte Andreas Hartig, einer der beiden Förster im Kreis Neuwied. Doch man dürfe ruhen. Den Reiz, eine längere Wanderung einfach mit einer Zwischenübernachtung im Freien zu verbinden, kann Hartig gut verstehen, denn im Wald zu schlafen habe etwas sehr Beruhigendes.
Dabei sollte allerdings unbedingt Rücksicht auf die Natur genommen werden. Man solle zum Beispiel nicht auf Wildwegen campieren, so Hartig. Genau wie Menschen würden auch Tiere sich nicht jeden Tag einen neuen Pfad durch den Wald bahnen, sondern öfter die gleichen Wege benutzen, die man gut erkennen könne und meiden sollte.
Wildschweine seien die gefährlichsten Tiere im deutschen Wald, den Wolf eingeschlossen. Doch solange man sich nicht in die Stuben der Schweine hineinbegebe, seien sie harmlos und würden keine Menschen angreifen. Die Stuben, also die gewöhnlichen Aufenthaltsorte einer Rotte, seien in der Regel leicht zu erkennen. Zum Beispiel an großflächigen Aufwühlungen im Boden, hufartigen Spuren oder sogenannten „Suhlbäumen“. Das sind Bäume, die unten mit braunem Schlamm oder Dreck bedeckt sind, weil sich die Tiere daran säubern. Außerdem könne man Wildschweine auch recht gut am Geruch erkennen, erklärte Hartig. Sie verströmten einen süßlichen Fleischgeruch, der an Maggi erinnere.
Campen ist verboten, Ruhen erlaubt
Die Zentralstelle der Forstverwaltung Rheinland-Pfalz gab auf Anfrage unserer Zeitung hin an, dass das Übernachten in einem (Not-)Biwak im Wald grundsätzlich erlaubt sei. Das bedeutet, dass Schlafsack, Isomatte und eine Plane oder ein Tarp in Ausnahmesituationen zum Schlafen im Wald benutzt werden dürfen. Eine Hängematte sei aber nicht erlaubt.
Eine Ausnahme sind eigens für Übernachtungen im Zelt oder Ähnlichem vorgesehene Orte: Im Pfälzerwald gibt es zum Beispiel 15 Trekking-Camps, die man online von April bis Oktober buchen kann. In Wanderhütten mit entsprechenden Einrichtungen sei es mitunter auch erlaubt, ein Feuer zu machen, so Hartig.
In einer Hängematte im Rheinbrohler Wald übernachten – die Wanderin Sofia Gelkhauri hat sich dies getraut. Als Wildschweine sich um sie herum versammelten, alarmierte sie die Polizei. Nun spricht die 24-Jährige in unserer Zeitung über diesen Schreck.Allein unter Wildschweinen: Wanderin beschreibt Nacht
In den vergangenen Jahren bot das Archäologische Forschungszentrum und Museum für menschliche Verhaltensweisen in Monrepos ein Wildniscamp für Frauen an. Das wird inzwischen allerdings aufgrund schwindenden Interesses nicht mehr angeboten.
In seinem Revier im Kreis Neuwied trifft Andreas Hartig eher selten auf junge Menschen. Der Trend scheint hier noch nicht so richtig angekommen zu sein – oder einfach abhängig von der demografischen Lage zu sein.