Nach DRK-Rückzug in Asbach
Chefarztwechsel in Kamillus-Klinik steht für Aufbruch
Chefarzt Dieter Pöhlau (2. von rechts) zieht sich langsam, aber sicher zurück. Sein Nachfolger für die Neurologie ist Julian Zimmermann (2. von links). Zusammen mit dem kaufmännischen Direktor Nicki Billig (rechts) und dem Vorsitzenden des Betriebsrates, Michael Schwering-Sohnrey, beleuchten sie die aktuelle Situation um die Trägerinsolvenz und den Stand der Kamillus-Klinik in Asbach.
Daniel Rühle

Erst zieht sich der Träger zurück und nun hört der Chefarzt der Neurologie auf? Was für den Außenstehenden wie der Untergang eines Krankenhauses klingt, ist eigentlich ganz anders. Warum die Asbacher Kamillus-Klinik eine Sonderrolle einnimmt.

Chefarztwechsel, Neueinstellungen, Zuversicht bei der Trägersuche: Die Zeichen stehen in der Asbacher Kamillus-Klinik auf Veränderung und Aufbruch, aber auch auf Beständigkeit. Dieses Bild vermitteln die Verantwortlichen bei einem Gespräch mit unserer Zeitung anlässlich des baldigen Chefarztwechsels in der Neurologie in unruhigen Zeiten nach Rückzug des DRK aus der Trägerschaft.

Pöhlau bleibt Klinik in der Fachwelt erhalten

Dieter Pöhlau war 24 Jahre lang Chefarzt der Neurologie und gibt seinen Staffelstab nun weiter. Er ist und bleibt jedoch ärztlicher Direktor der Kamillus-Klinik und ein bundesweit geschätzter Experte auf dem Gebiet der Multiplen Sklerose (MS). Schon vor ein paar Jahren reifte in dem heute 66-Jährigen die Entscheidung, im Klinikalltag kürzerzutreten, um sich mehr auf sein Engagement in der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft zu konzentrieren. „Dann habe ich da mehr Zeit für. Es ist ja nicht so, dass ich schnell weg will. Nur im stationären Betrieb bin ich dann nicht mehr präsent“, beschreibt Pöhlau seinen Unruhestand.

„Es ist ja nicht so, dass ich schnell weg will. Nur im stationären Betrieb bin ich dann nicht mehr präsent.“
Dieter Pöhlau über seinen Rückzug als Chefarzt der Neurologie

Ihm folgt zum 1. März mit Julian Zimmermann ein 20 Jahre jüngerer Chefarzt. Zimmermann war bisher geschäftsführender Oberarzt der Uniklinik in Bonn und verantwortete dort sowohl die Neuroimmunologie als auch die Intensivmedizin. Zudem hat er einige Zusatzqualifikationen wie eine Ausbildung in Schlafmedizin und unterrichtet Medizinstudenten an der Uni Bonn. Laut Pöhlau kannte man sich bereits seit Längerem, da die Kamillus-Klinik einen engen Draht zur Bonner Uniklinik hat. „Wir gewinnen einen guten Chefarzt“, betont Pöhlau. Und die Kooperation mit der Uniklinik würde durch die Personalie nur weiter ausgebaut, erklären Pöhlau und Zimmermann.

DRK war für neuen Chefarzt schon länger ein „Wackelkandidat“

Letzterer freut sich darauf, anzupacken und mit Elan und frischem Wind in Asbach zu starten. „Ich habe mich bewusst für die Kamillus-Klinik entschieden. Es ist in der heutigen Zeit nicht mehr selbstverständlich, dass eine Klinik schwarze Zahlen schreibt“, sagt Zimmermann, der im Trägerrückzug keine unmittelbare Gefahr sieht. Das aktuelle Verfahren spiele für ihn keine große Rolle: „Ich stehe zur Klinik und bin unbesorgt für die Zukunft.“ Bereits bei seiner Bewerbung vor einem Jahr habe er das DRK für einen „Wackelkandidaten“ gehalten. Das sollte sich bewahrheiten.

Die Kamillus-Klinik in Asbach ist eine hoch spezialisierte Fachklinik für MS-Patienten und Regionalversorger bei Schlaganfällen.
Daniel Rühle

Und nun laufen das Insolvenzverfahren der Mutter und die Suche nach einem neuen Träger. Vier Interessenten stünden bereit, weiß der kaufmännische Direktor Nicki Billig zu berichten. „Wir werden von den Trägern anders wahrgenommen als andere Häuser, da wir wirtschaftlich sind“, erklärt Billig das rege Interesse. Letztendlich ist es am Insolvenzverwalter, einen Träger zu finden, doch erhoffen sich Billig, Pöhlau und Zimmermann, dass man einen neuen Träger bekommt, der zur Klinik, ihren Werten und ihrer Art zu arbeiten passt. Alle rechnen damit, dass man in den drei Monaten des Verfahrens fündig wird.

„Wir werden von den Trägern anders wahrgenommen als andere Häuser, da wir wirtschaftlich sind.“
So erklärt der kaufmännische Direktor Nicki Billig, warum die Interessenten für die Kamillus-Klinik Schlange stehen.

„Wir sind die einzige MS-Klinik in Deutschland, die alles unter einem Dach hat“, betont Dieter Pöhlau, dass das Haus als Fachklinik gut aufgestellt sei. Die Kamillus-Klinik sei aus der regionalen Gesundheitsversorgung nicht wegzudenken, gerade auch wegen der Möglichkeiten der Schlaganfallbehandlung durch die sogenannte Stroke-Unit. „Wenn wir wegfallen würden, wäre das eine Katastrophe“, so Pöhlau. Man habe in den vergangenen Jahrzehnten „Strukturen aufgebaut, mit denen man Geld verdienen kann“, formuliert Pöhlau, dass die Klinik schwarze Zahlen schreibt.

Zudem würde man von vielen Seiten finanziell und politisch unterstützt: Kreis, Verbandsgemeinde, Ortsgemeinde, aber auch durch den Förderverein der Klinik oder die Wirtgen-Stiftungen. Und da wäre noch die Präsenz der Schwestern des heiligen Kamillus, die für eine besondere, familiäre Atmosphäre sorgen. „Das merken auch die Patienten“, sagt der scheidende Chefarzt der Neurologie. Es gebe keinen so großen betriebswirtschaftlichen Druck wie in anderen Häusern. Von daher ist die Kamillus-Klinik für etwaige Träger ein Filetstück.

Transparenzoffensive für Mitarbeiter

Die derzeitige Herausforderung sei es, diese Sonderrolle in der Kliniklandschaft sowohl den Mitarbeitern als auch den Patienten zu vermitteln, da das geflügelte Wort „Insolvenz“ über allem hängt. Dazu haben Nicki Billig und der Betriebsratsvorsitzende Michael Schwering-Sohnrey eine Transparenzoffensive gestartet. Es gebe nun regelmäßige Infoveranstaltungen für Mitarbeiter, um sich Sorgen anzuhören und Fragen zu beantworten. „Es gibt eine Angst, der man gezwungen ist, gegenüberzustehen, auch wenn es unverschuldet ist“, beschreibt Schwering-Sohnrey die Trägerinsolvenz. Ganz im Gegenteil zu Zukunftsängsten kann der Betriebsratsvorsitzende berichten, dass derzeit mehrere Neueinstellungen in der Belegschaft anstehen. Ein weiteres sicheres Indiz, dass die Klinik prosperiert und für die Region als Arbeitgeber, als Fachklinik, aber auch für die medizinische Grundversorgung im ländlichen Raum gesichert ist.

Eines ist beim Gespräch mit den Ärzten, dem kaufmännischen Direktor und dem Betriebsratsvertreter rauszuhören: Eigentlich ist man über den Rückzug des DRK froh, so scheint es. Das eröffnet neue Möglichkeiten und Chancen. Und: Wo anderswo ein Trägerwegfall die Hiobsbotschaft ist, sprießt in Asbach die Zuversicht, da man zu den 20 Prozent der deutschen Kliniken gehört, die keine Verluste schreiben. Doch eines steht bei allen positiven Signalen im Raum: Die Krankenhauslandschaft wird sich durch die Krankenhausstrukturreform ändern, stellt Julian Zimmermann in Aussicht. Inwieweit dies auch die Kamillus-Klinik betreffen wird, steht noch in den Sternen.

Stadt Neuwied in Gesprächen mit Insolvenzverwalter

Die Stadt Neuwied befindet sich derzeit in Gesprächen mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter für die DRK-Kliniken im Kreis. Wie Oberbürgermeister Jan Einig kürzlich erklärt hatte, gehören das Grundstück und die Gebäude des DRK-Krankenhauses der Stadt. „Sie waren an das DRK in Erbpacht vergeben“, so Stadtsprecher Ulf Steffenfauseweh auf Nachfrage. Aufgrund der Insolvenz stehe jetzt der sogenannte Heimfall an. „Wir verhandeln mit dem Insolvenzverwalter derzeit über die Konditionen, da laut Vertrag Investitionen der vergangenen Jahre zu kompensieren sind“, schreibt Steffenfauseweh. Die Gespräche seien sehr konstruktiv und die Stadt habe großes Interesse daran, dass der Krankenhausbetrieb weitergeführt werde, etwa durch einen anderen Träger. Verantwortliche aus Fachabteilungen der Stadt hätten das Krankenhaus besucht, um sich ein Bild von Dimensionen und Zustand zu machen. Die Verhandlungen liefen, sodass derzeit keine Details oder Zwischenergebnisse veröffentlicht werden könnten. (mwa)

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