Vor allem Großmaischeid im Fokus - Einschätzung des Ortschefs - Dringender Bedarf an Bauplätzen
BUND kritisiert Flächenverbrauch: Großmaischeid im Fokus
Egbert Bialk, BUND-Regionalbeuaftragter für Koblenz, und Marlène Kraus, Mitarbeiterin im Regionalbüro, prangern den Flächenverbrauch in Großmaischeid an. Der BUND wünscht sich hier eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung im Hinblick auf den Klimaschutz. Foto: BUND
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Großmaischeid. Die Naturschutzorganisation hebt die Missachtung von Klima- und auch Hochwasserschutz hervor. Der Ortschef erklärt den dringenden Bedarf an Bauplätzen und schätzt die Lage anders ein.

Missachtung von Klima-, Boden- und Hochwasserschutz: Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert den Flächenverbrauch bei der Ausweisung von Neubaugebieten. „Die Gemeinden verplanen gerade die Naturräume rund um unsere Dörfer als gäbe es kein Morgen“, sagt Egbert Bialk, BUND-Regionalbeauftragter für Koblenz und dem nördlichen Rheinland-Pfalz. Exemplarisch prangert er vier laufende Bebauungsplanverfahren in der VG Dierdorf an: Im Fokus stehen hier vor allem die drei laufenden Bebauungsplanungen in Großmaischeid, aber auch eine Planung in Marienhausen.

„Mit fadenscheinigen Argumenten und Daten betreibt zum Beispiel die Verbandsgemeinde Dierdorf für Großmaischeid und Marienhausen eine Bebauungsplanung, die weder die Klimakrise oder den Hochwasserschutz ernst nimmt noch die Zukunft zukünftiger Generationen sichert“, führt Bialk näher aus. Seiner Meinung nach muss der Naturverbrauch deutlich zurückgefahren werden: Die Innenentwicklung müsse Vorrang erhalten, und mit belastbaren Daten ein unvermeidbarer Bedarf an Neubauplätzen nachgewiesen werden. Bialk erläutert konkret, dass der Beschleunigungsparagraf 13b des Baugesetzbuches dazu missbraucht wird, schnell noch Neubaugebiete auf Vorrat zu genehmigen. Die Planungshoheit für die Baugebiete liegt bei den Ortsgemeinden selbst.

Der Paragraf 13b im Blickpunkt

Zum Hintergrund: Laut BUND-Pressemitteilung sind Gemeinden durch den Paragraf 13b in einem vereinfachten Verfahren von der Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung befreit, allerdings nur bis zu einer Flächengröße von 10.000 Quadratmetern. Dies sei eigentlich mit dem Ziel verbunden, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Nur wird dies aber gerade in kleinen, ländlichen Gemeinden zur vereinfachten Vorratshaushaltung genutzt, so der BUND weiter. Damit heize man den Flächenverbrauch weiter an. Die Wohnungsnot dort zu mindern, wo sie am meisten drückt, in den Metropolen, wird damit nicht erreicht, erklärt der BUND.

Bundesweit, so die Organisation, werden aktuell täglich 52 Hektar, das entspricht rund 80 Fußballfelder, versiegelt, hauptsächlich durch Neubau-, Gewerbegebiete und Straßen. Wie der BUND mitteilt, war Rheinland-Pfalz mal bei einem Flächenverbrauch von rund einem Hektar pro Tag, dieser steige gerade wieder an auf rund zwei Hektar pro Tag: „Dieser Flächenfraß droht aktuell auch in der VG Dierdorf. In Großmaischeid werden demnach zeitgleich gleich drei Bebauungspläne genehmigungsreif gemacht: „Burwiesenstraße“, „Dörnchen“ und „Zu den Auen“. Hinzu kommt in Marienhausen jetzt auch noch der Bebauungsplan „Auf dem Herzenberg“.

Dazu sagt Dierdorfs Verbandsgemeindebürgermeister Horst Rasbach, der sich regelmäßig über die Baugebietspläne informiert, verwundert: „Auf dem Herzenberg in Marienhausen ist kein 13b-Fall. Das ist ein normal entwickelter Bestand, der kurz vor dem Ende ist.“ Hier habe es umfangreiche Umweltuntersuchungen gegeben. Laut Rasbach sind alle Bauplätze vergeben. Zu den Großmaischeider Vorhaben sagt er: „Die Pläne sind im Verfahren.“

Ortschef weist scharfe Kritik zurück

Nähere Einblicke zu den drei Baugebieten gibt Großmaischeids Ortsbürgermeister Guido Kern und weist auch die scharfe Kritik des BUND zurück: „Der Bericht des BUND ist eher Polemik.“ Er führt weiter aus, dass vieles noch nicht klar ist und über einiges, auch Klimaschutzmaßnahmen, gesprochen wird: „Deswegen hat es mich gewundert, dass der Bericht des BUND so früh kam.“ Anfang des Jahres 2022 wird die nächste Ratssitzung zum Thema sein: „Da werden wir die Abwägungen behandeln.“ Aber die Ratsmitglieder werden nicht nur über die Stellungnahme des BUND diskutieren, sondern auch etwa über die Abwägung der SGD Nord zum Hochwasserschutz.

Zudem erklärt Guido Kern den Bedarf in Großmaischeid: „Wir haben wöchentlich Anfragen wegen Grundstücken.“ Insgesamt würden durch die drei Baugebiete rund 40 Bauplätze entstehen. Dem Argument des BUND, der Innenentwicklung hier nicht Vorrang gegeben zu haben, entgegnet Kern: „Wir haben auch Bauplätze im Ort, die aber in Privatbesitz sind und nicht zur Verfügung stehen.“ Vor zwei Jahren habe der Gemeinderat sich deshalb und aufgrund der hohen Nachfrage dazu entschlossen, neue Baugebiete zu entwickeln. Von ursprünglich vier geplanten Verfahren ist bereits eins gescheitert.

Bedeutung von Klimaschutz

In der jüngeren Vergangenheit, vor rund sieben Jahren, so Kern, ist zudem das Großmaischeider Baugebiet „Vor dem Dörnchen“ mit angepeilten 60 Bauplätzen nicht umgesetzt worden: „Das haben wir nicht realisiert, weil es uns damals ein bisschen groß vorkam. Wir haben jetzt weniger Bebauungsflächen als damals angedacht war.“ Den Kritikpunkt des BUND, dass die drei Baugebiete zusammenbetrachten werden müssen und deswegen nicht von einer Umweltverträglichkeitsprüfung befreit sind, weist Kern zurück: „Die Flächen sind eben nicht zusammenhängend.“ Insgesamt haben die drei Flächen zusammen eine Größe von rund 22.000 Quadratmetern, jedes einzelne ist unter 10.000 Quadratmeter.

Weiterhin betont Kern, dass ihm der Klimaschutz wichtig ist. Falls es bei den Baugebieten zu große Schwierigkeiten gebe oder sie überhaupt nicht verträglich mit dem Klimaschutz wären, dann wird natürlich noch überlegt: „Es wird nicht auf Teufel komm raus durchgezogen.“ In Sachen Umweltschutz möchte die Gemeinde etwas tun. Ideen dafür sind etwa, auf den Grundstücken die Besitzer zu Zisternen zu verpflichten, Dachbegrünungen oder auch Fotovoltaikanlagen. „In Sachen Versiegelung verlassen wir uns auf die Planungsbüros.“ Großmaischeider, Namen liegen der Redaktion vor, weisen hier auf die mögliche Gefährdung bei Strakregenereignissen hin. Es müssten noch einige Maßnahmen berücksichtigt werden, um den flutgefährdeten Flächen gerecht zu werden.

Entstehen in Großmaischeid drei Baugebiete?

Eine Spekulation zu der Umsetzung der drei Baugebiete in Großmaischeid äußerte Horst Rasbach, Dierdorfs VG-Bürgermeister, im Gespräch mit der RZ: „Ich vermute, dass nicht alle drei Verfahren zum positiven Abschluss geführt werden.“ Schließlich werden es die Abwägungsbeschlüsse zeigen, ob die Hürden zu hoch und die Baugebiete für die Ortsgemeinde zu unwirtschaftlich werden.

Von unserem Redakteur Lars Tenorth

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