Neuwied – Die Nachricht traf das hessische Friedberg völlig unvorbereitet. Nach 46 Jahren hat die Gemeinde Bishop's Stortford die Städtepartnerschaft zu seinen deutschen Freunden aufgekündigt. Hintergrund ist die wachsende Europaskepsis der Briten. Doch nicht nur die Stadt am nördlichen Rand des Rhein-Main-Gebietes hat ein Kündigungsschreiben von der Insel erhalten. Auch die englische Stadt Doncaster trennte sich von seiner Partnerstadt Herten in Nordrhein-Westfalen. Der europafeindliche Bürgermeister Peter Davies schickte nur ein paar Zeilen: „Ich kenne nur zwei Wörter auf Deutsch, aber die reichen völlig aus: Auf Wiedersehen!“, heißt es im Schreiben aus Doncaster.
In Neuwied kann Inge Gütler die Vorgänge überhaupt nicht verstehen. Die Vorsitzende des Freundeskreises Neuwied-Bromley macht deutlich, dass die Entwicklungen in der internationalen Politik keinen negativen Einfluss auf die sehr guten Verbindungen zwischen der Deichstadt und des südöstlich von London gelegenen Stadtbezirks haben. „Unsere Partnerschaft wurde nicht aufgekündigt, und das wird mit Sicherheit auch nicht passieren“, sagt sie. Die über Jahren hinweg gewachsenen Freundschaften seien schließlich viel wichtiger und zudem auch der Grund dafür, dass die Beziehung nach England weiter intensiv gepflegt würden.
Ähnlich sieht das auch Peter Brown, Vorsitzender der Bromley Town Twinning Association. Er ist quasi das Gegenstück zu Inge Gütler in England. „Unsere Partnerschaft ist eine nicht-politische Organisation. Wir sind gerade dabei, Veranstaltungen für unser 25-jähriges Partnerschaftsjubiläum zu planen, das wir im nächsten Jahr begehen werden. Unser Bürgermeister David Mc Bride wird Neuwied im Februar besuchen“, sagt er und ergänzt: „Es lohnt sich aber trotzdem, den Blick auf die Entwicklungen in unserem Land zu richten. Bekanntlich haben wir hier eine Regierungskoalition aus Konservativen und Liberaldemokraten. Die Konservativen haben im Parlament einige Mitglieder in ihren Reihen, die man als europaskeptisch betrachten kann. Deren Ansichten finden sich verstärkt in der Presse wieder.“
Brown ist zudem der Meinung, dass der englische Premierminister David Cameron die Ansichten seiner Parteikollegen befürwortet, um sich somit Unterstützung im Parlament zu sichern. Viele seiner Landsleute hätten jedoch eine ganz andere Auffassung oder würden die Politik der Regierung nicht als Vorwand nehmen, um irgendwelche Freundschaften zu Partnerstädte zu kappen. „Was hier im Parlament passiert, tangiert die unsere guten Verbindungen nach Neuwied jedenfalls nicht“, betont der Vorsitzende.
Peter Brown macht darüber hinaus deutlich, dass es insgesamt mehr als 2000 Partnerschaften zwischen deutschen und britischen Städten gibt. „Wenn jetzt ein oder zwei von diesen internationalen Verbindungen aufgekündigt werden, ist das immer noch ein sehr geringer Prozentsatz.“ Für ihn sind Städtepartnerschaften nach wie vor ein wichtiges Instrument zur interkulturellen Verständigung. Außerdem trügen sie in Europa zu einem besseren und friedvolleren Umgang der Menschen untereinander bei. „Das wollen wir auch weiterhin im Auge behalten. Zwischen und uns Neuwied bleibt die Freundschaft deshalb bestehen.“