Bad Hönningen und Leutesdorf sollen die Hebesätze von Grund- und Gewerbesteuer erhöhen - und zwar satt
Bitten klamme Kommunen Bürger zur Kasse? Bad Hönningen und Leutesdorf sollen Steuern erhöhen
Die Erhöhung der Hebesätze sowohl der Grundsteuer B als auch der Gewerbesteuer – das könnte auch anderen Gemeinden blühen, wenn man im kommenden Jahr noch Fördergelder bekommen möchte.
dpa/Monika Skolimowska

Bad Hönningen/Leutesdorf. Bad Hönningen und Leutesdorf sollen die Hebesätze ihrer Grundsteuer B und der Gewerbesteuer erhöhen – und zwar satt. Hintergrund: Im kommenden Jahr wird das Land wohl die Nivellierungssätze anheben. Was die Bürgermeister dazu sagen und welche Rolle Fördergelder dabei spielen: Die RZ hat nachgefragt.

Wie können Städte und Gemeinden ihre laufenden Kosten und die Aufwendungen für Investitionen decken? Zum einen mit Förderungen und Krediten, zum anderen mit ihren Einnahmen aus Steuern und Abgaben. Dass es um die Haushaltslagen in den Gemeinden in der Verbandsgemeinde (VG) Bad Hönningen nicht gerade rosig bestellt ist, ist allgemein bekannt. Leutesdorf und die Stadt Bad Hönningen reagieren nun, indem sie die Hebesätze sowohl der Grundsteuer B als auch der Gewerbesteuer erhöhen wollen beziehungsweise sollen – und das könnte auch anderen Gemeinden blühen, wenn man im kommenden Jahr noch Fördergelder bekommen möchte.

Solche Überlegungen, um die Taschen der klammen Kommunen zu füllen, sind in der Region nicht neu: Vor ein paar Jahren erhöhte die Stadt Neuwied den Hebesatz der Grundsteuer B um mehr als 40 Prozent. Der Aufschrei war groß, die Bürger in der Deichstadt liefen Sturm, doch ein Klageverfahren gegen diese Erhöhung scheiterte (die RZ berichtete).

Damit Kommunen nicht wieder in die Verschuldung rutschen, macht es keinen Sinn, messerscharf auf dem Nivellierungssatz zu bleiben.

Bad Hönningens Stadtchef Reiner W. Schmitz

Ausschlaggebend für die Hebesätze sind die Vorgaben des Landes – und da zeichnen sich Änderungen am Horizont ab: Im kommenden Jahr werden wohl die vom Land festgesetzten Nivellierungssätze erhöht. Für die Grundsteuer A für landwirtschaftliche Flächen könnte der Satz von 300 auf 345 steigen, für die Grundsteuer B für bebaute und bebaubare Grundstücke von 365 auf 465 und für die Gewerbesteuer von 365 auf 400.

Fördergelder im Blick

Wer als Kommune diese Sätze nicht erhebt, kann Probleme beim Beantragen von Fördergeldern bekommen. Reiche Gemeinden wie etwa Windhagen bleiben mit einem Hebesatz bei der Grundsteuer B von 250 deutlich unter diesen Vorgaben des Landes. Doch wie in der Vergangenheit unter Beweis gestellt, ist man in Windhagen nicht immer auf Fördermittel angewiesen, und kann Projekte selbst finanzieren. Gleichwohl sieht es in den angesprochenen Gemeinden der VG Bad Hönningen anders aus: Dort sitzt man auf Schuldenbergen, und so manches Projekt fällt dem Rotstift des Haushaltsplaners zum Opfer.

Derzeit beträgt der Hebesatz für die Grundsteuer B in der Gemeinde Leutesdorf 395 Punkte. Wie der Hauptausschuss nun auf Vorschlag der Verwaltung beriet, soll dieser Wert auf 480 steigen – um mehr als 20 Prozent. Man verspricht sich davon jährliche Mehreinnahmen ab 2023 von mehr als 33.000 Euro. Die Belastung für die Grundstückseigentümer in der Gemeinde, so rechnet die Verwaltung vor, betrage im Schnitt dann zwischen 42,50 und 59,50 Euro im Jahr – und das in Zeiten, in denen von Nahrungsmitteln über Benzin bis hin zu Gas und Strom ohnehin alles teurer wird.

Mehrbelastung für Grundstückseigentümer

In der Stadt Bad Hönningen beträgt der Hebesatz der Grundsteuer B momentan 400 – auch dieser soll auf 480 Punkte steigen, ein Plus von 20 Prozent. Das stand nun ebenfalls auf der Tagesordnung im Hauptausschuss. Dadurch ergebe sich laut Verwaltung rein rechnerisch ein Plus in den jährlichen Einnahmen der Stadt von etwa 174.000 Euro. Die Mehrbelastung für die Grundstückseigentümer: durchschnittlich 40 bis 56 Euro.

Aber nicht nur Grundstückseigentümer werden wohl in den beiden Orten demnächst zur Kasse gebeten: Bei der Gewerbesteuer sind die Entwicklungen ähnlich. In Leutesdorf soll der Hebesatz laut Sitzungsvorlage des Hauptausschusses von 365 auf 420 Punkte steigen, in Bad Hönningen von 370 auf 420. Die von der Verwaltung prognostizierten Mehreinnahmen: 35.000 Euro pro Jahr für Leutesdorf, 271.000 Euro für die Stadt Bad Hönningen.

Doch wird das die finanziellen Probleme der Kommunen lösen können? Ein Stück weit ja, meint Bad Hönningens Stadtbürgermeister Reiner W. Schmitz im Gespräch mit der RZ. Um die Handlungsfähigkeit der Kommune zu garantieren, müsse man an die Hebesätze ran. Dass man mit dem Ansatz von 480 Punkten leicht über dem Nivellierungssatz des Landes liegt, gibt der Stadt mehr finanziellen Spielraum, denn, wie Schmitz erklärt, fließen die Steuereinnahmen bis zur Höhe des vorgegebenen Satzes in Umlagen – die Stadt habe wenig davon.

Schmitz: Seit Jahren keine Anpassung der Grundsteuer B

„Damit Kommunen nicht wieder in die Verschuldung rutschen, macht es keinen Sinn, messerscharf auf dem Nivellierungssatz zu bleiben“, betont Schmitz, dass 480 Punkte für Bad Hönningen der richtige Wert sei. Außerdem habe es seit Jahren keine Anpassung in der Grundsteuer B mehr gegeben, verteidigt Schmitz eine Anhebung um 20 Prozent, wie von der Verwaltung empfohlen. Und: Wenn Fördergelder wegen Nichteinhaltung ausblieben, käme man in Bad Hönningen „auf gar keinen grünen Zweig mehr“.

Wir haben eigentlich gar keine Chance, da nichts zu machen.

Leutesdorfs Ortsbürgermeister Heinz-Willi Heisterkamp

„Wir haben eigentlich gar keine Chance, da nichts zu machen“, sagt auch Leutesdorfs Ortsbürgermeister Heinz-Willi Heisterkamp. Ihm sei bewusst, dass eine Anhebung der Grundsteuer um 50 Euro jährlich für den einen oder anderen in diesen Zeiten schwierig sei, aber die Gemeinde müsse sich da an die Landesvorgaben halten, sonst könne man keine Investitionen mehr realisieren, da Fördermittel ausbleiben, meint Heisterkamp.

Ergebnis: Beide Ausschüsse haben die Empfehlung für den Stadt- beziehungsweise Gemeinderat vertagt, die Fraktionen wollen die Thematik noch eingehender besprechen. In den Räten wird im Laufe des Monats dann endgültig darüber entschieden, wie man mit der eigenen Finanzlage und dem Druck des Landes umgeht.

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