Toni Klein ging einst für Lohmann nach Argentinien, jetzt ist seine Enkelin zurück
Besuch aus Argentinien: Auf Opas Spuren zurück in Irlich
Karina Stemmers Großvater ging einst für Lohmann nach Buenos Aires. Jetzt ist sie mit ihrer Familie zurück in Irlich, zu Gast bei ihrer Großcousine Ute Heinrichs. Vor allem die beiden Söhne Joaquin (9) und Julian (6) sollen die deutschen Weihnachtstraditionen kennenlernen. Das Schmücken des Baums gehört natürlich dazu.
Jörg Niebergall

Irlich. Warum ihr Opa Peter Klein in Irlich einst Toni gerufen wurde, weiß die Argentinierin Karina Stemmer heute genauso wenig mehr wie ihre deutsche Großcousine Ute Heinrichs. Und das gilt auch für sein Geburtsdatum. Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts muss es gewesen sein. Das ist klar, genauso, dass der Buchhalter 1935 oder 36 für „Lohmann“ erstmals nach Argentinien ging.

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Der Klebeprodukthersteller aus dem benachbarten Feldkirchen war damals schon ein großes, international tätiges Unternehmen, das Wundpflaster wie Gipsbinden herstellte und in den 1930er-Jahren die doppelseitigen Klebebänder entwickelte. Klein kehrte noch einmal nach Hause zurück. Aber nur kurz, um in Irlich seine Freundin Helene Müller zu heiraten. 1938 war das. Ein Foto von der Hochzeitsgesellschaft, die, begleitet von der „Marianischen Jungfrauen-Kongregation“ durch den Ort zieht, ist noch im „Heimatboten“ von 2005 zu finden. Ute Heinrichs hat es vor sich liegen, als sie erzählt, dass sich das junge Paar „praktisch am Tag danach“ gemeinsam nach Buenos Aires einschiffte. „Unverheiratet war sowas ja damals noch nicht möglich“, weiß sie.

1938 heirateten Toni Klein und Helene Müller, anschließend ging es aufs Schiff nach Buenos Aires. Dieses Foto ihrer Hochzeitsgesellschaft ist im Irlicher „Heimatboten“ von 2005 abgebildet.
ulf

Es sollte eine Fahrt ohne (dauerhafte) Wiederkehr werden. Denn 1939 kam der Krieg und an dessen Ende lag Deutschland in Trümmern. Eigentlich wollte das Paar nach fünf oder sechs Jahren zurück, aber das war dann nicht gerade reizvoll. Und irgendwann hatten sie Karriere und Freundeskreis aufgebaut und wollten nicht mehr von vorne anfangen. So wurde aus Tonis Auslands-Job eine Auswanderung.

Die emotionale Bindung an die alte Heimat aber blieb – trotz 12.000 Kilometern Entfernung. Und sie wirkt noch über den Tod des Ehepaars Klein hinaus. Denn heute ist Tonis fließend deutsch sprechende Enkeltochter Karina Stemmer aus der argentinischen Hauptstadt zurück in Irlich, zu Gast bei Ute Heinrichs. Deren Opa war Tonis Bruder, was die beiden Frauen zu Großcousinen macht. Und mag das auch nur eine Verwandtschaft um drei Ecken sein, das Verhältnis ist äußerst herzlich. Die Familien kennen sich, haben sich schon wechselseitig besucht.

Karina Stemmers Großvater ging einst für Lohmann nach Buenos Aires. Jetzt ist sie mit ihrer Familie zurück in Irlich, zu Gast bei ihrer Großcousine Ute Heinrichs. Vor allem die beiden Söhne Joaquin (9) und Julian (6) sollen die deutschen Weihnachtstraditionen kennenlernen. Das Schmücken des Baums gehört natürlich dazu.
Jörg Niebergall

Dieses Mal sollen vor allem die beiden Söhne Joaquin (9) und Julian (6) Winter und Weihnacht in Deutschland kennenlernen. Und während die die Zimtsterne vom Teller auf dem Tisch abräumen, erzählt Ute Heinrichs Mann Karl-Josef lachend, dass sie derzeit „alle deutschen Klischees abarbeiten“. Der Weihnachtsbaum ist schon gekauft und gleich am ersten Abend ist er mit Karinas Mann Hernan Muñoz zum Knuspermarkt nach Neuwied marschiert: Glühwein trinken. „Der war gut, haben wir in Argentinien aber auch“, sagt der – auch auf Deutsch. Seine Frau hat er in der Goethe-Schule von Buenos Aires kennengelernt, Deutsches wird in der Familie allgemein wertgeschätzt und hoch gehalten. „Die Produkte haben einfach Qualität, viel besser als unsere“, findet Hernan.

In der Goethe-Schule, die heute auch die beiden Kinder besuchen, gehören sie zu einer Elterngruppe, die die Kultur erhalten will: Weihnachtsbacken, deutsche Bücher und – natürlich – Oktoberfest. In Irlich besuchen die beiden Jungen in dieser Woche die Grundschule. Auch sie können die Sprache schon so gut, dass sie weitestgehend mitkommen. „Es macht ihnen viel Spaß. Und sie genießen es unheimlich, hier einfach allein zur Schule loslaufen zu dürfen. Das geht bei uns nicht“, erzählen die Eltern.

In ihren Urlaub hat die Familie eine Woche in Österreich eingebaut. Das ist schneesicherer und den gibt es in Buenos Aires eben nicht. Aber dann geht es für das Weihnachtsfest wieder zurück ins kleine Irlich. „Familie ist wichtig“, betonen Karina und Hernan. „Und die Kinder sollen das echte Deutschland erleben“, finden sie. Schließlich stammen ihre Ureltern hierher. Und so wird die Bindung zur alten Heimat wohl auch in der dritten Generation bleiben.

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