Die finanzielle Situation der Stadt Linz lässt beim Blick in den Haushalt keine echte Freude aufkommen. Immer mehr Pflichtaufgaben belasten den städtischen Etat, dazu kommen hohe Umlagen. Die Bürger werden, wie überall, durch immer höhere Gebühren und Steuern belastet. Steigende Hebesätze, die Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer sind, steigende Umlagen, die letztendlich von den Bürgern berappt müssen, dazu kommen die häufig horrenden Kosten der wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge (WKB), da Rheinland-Pfalz das einzige Bundesland ist, das die Bürger mit diesen Beiträgen noch belastet. Seit Anfang Januar ist außerdem die neue Grundsteuerreform in Kraft.
Was sie für die Bürger in Linz bedeutet, warum viele erheblich mehr zahlen müssen, und warum sich so viele Bürger über die Bescheide beschweren und auch den Klageweg einschlagen wollen, beleuchtet der Finanzexperte im Linzer Stadtrat, Detlef Nonnen (CDU), im Interview mit unserer Zeitung.
Den Grundstückseigentümern flattern gerade die neuen Grundsteuerbescheide ins Haus. Was bedeutet das für die Bürger in der Praxis?
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018 musste der Bund das Grundsteuergesetz ändern, weil es sich noch auf veraltete Einheitswerte aus 1964 stützte. Rheinland-Pfalz setzte das sogenannte Bundesmodell um. Im Ergebnis, so führte der rheinland-pfälzische Städtetag bereits im November aus, erhöht sich die Grundsteuerbelastung für Wohnimmobilien erheblich, teilweise um 50 Prozent, während sich die Belastung für Gewerbegrundstücke nahezu halbiert. Er spricht von einer gescheiterten Reform. Ohne Korrektur müssten viele Kommunen höhere Steuern verlangen. Von dieser Erhöhung sind auch die Mieter betroffen. Die Gemeinden haben wenig Einfluss auf die Verschiebungen der finanziellen Belastungen von den Gewerbe- zu den Wohngrundstücken. Sie haben, wie der Städtetag ja schon ausführte, nur die Möglichkeit, den Hebesatz zu erhöhen, um Einnahmeausfälle auszugleichen. Viele haben das ja bereits getan mit der Folge, dass die Bürger zum Teil sehr viel mehr bezahlen müssen.
Wie ist man in Linz verfahren?
Die Stadt Linz hatte in den vergangenen Jahren rund 1,1 Millionen Euro Einnahmen aus der Grundsteuer bei einem Hebesatz von 465 Prozent. Wir mussten der Bevölkerung bereits zum 1. Januar 2024 eine Erhöhung um 27 Prozent zumuten. Die Grundsteuerreform hat zu Einnahmeausfällen geführt. Berechnungen der Verwaltung ergaben, dass der Hebesatz in Linz auf rund 650 Prozent hätte erhöht werden müssen, um die Einnahmen von 1,1 Millionen wieder zu erzielen. Das wäre eine nochmalige Erhöhung um 40 Prozent gewesen. Das hat der Stadtrat einstimmig abgelehnt.
Andere Bundesländern haben abweichende Gesetze erlassen, wo diese Verwerfungen nicht auftreten. Wäre das auch in Rheinland-Pfalz möglich gewesen?
Natürlich. Das Saarland hat die sogenannte Grundsteuermesszahl in einem eigenen Landesgesetz - das hat der Bund ausdrücklich zugelassen - gesplittet: 0,64 Promille für Geschäfts- oder Gewerbegrundsteuer sowie 0,34 Promille für Wohngrundstücke. Damit werden die zum Teil drastischen Mehrbelastungen, wie bei uns, verhindert. Auch der Gemeinde- und Städtetag ist für eine Anpassung der Messzahlen. Die sind neben dem Hebesatz und dem Wert des Grundbesitzes ebenfalls wichtig für die Berechnung der Grundsteuer. Sie werden von den Finanzämtern festgelegt.
(Das Modell im Saarland sieht niedrigere Messzahlen für Wohngrundstücke und im Vergleich höhere für Geschäftsgrundstücke vor, Anm. d. Red.)
Warum hat man das in Rheinland-Pfalz nicht auch so gemacht?
Das hat der Städtetag schon in einer Pressemitteilung im November beantwortet: „Das Finanzministerium hat sich quergestellt und betont, dass die Mehrbelastung für Wohngrundstücke als Folge jahrzehntelanger Unterbewertung rechtens und gesetzlich gewollt sei.“ Hier sind offenbar Technokraten am Werk, keine Politiker, die die Belastungen der Bürger im Auge haben.
Die Landesregierung hat Ende letzten Jahres noch einen Gesetzesentwurf eingebracht, um den Kommunen mehr Spielraum zu geben. Glauben Sie, dass dieser Entwurf die Lösung für mehr Gerechtigkeit bringen kann?
Die Ampelregierung in Mainz hat offenbar gemerkt, dass in den Kommunen mal wieder die Luft brennt. Man hat versucht, irgendwie die Kurve zu kriegen. Aber: Das Gesetz würde frühestens im April in Kraft treten, bis dahin haben die meisten Kommunen bereits ihre Satzungen für dieses Jahr mit den höheren finanziellen Belastungen für die Bürger beschlossen. Die ersten Raten für die Grundsteuer werden am 15. Februar fällig. Es bringt kurzfristig also nichts. Außerdem birgt der Gesetzentwurf, wonach die Kommunen selbst über gesplittete Hebesätze entscheiden sollen, rechtliche Risiken und ist klageanfällig. Die kommunalen Spitzenverbände haben bereits protestiert. Dabei müsste die Ampelregierung in Mainz nur die gesetzliche Regelung aus dem Saarland zu übernehmen, um das Thema zu befrieden.
Das Gespräch führte Sabine Nitsch.