Nach Weinblütenfest-Absage
Bad Hönninger Rathaus erklärt die desaströse Finanzlage
Im Bad Hönninger Rathaus laufen die Fäden der drei Ortsgemeinden sowie der Stadt Bad Hönningen zusammen. Hier wird der Mangel verwaltet. Denn: Die Gemeinden haben kein Geld, keinen Spielraum - und müssen gezwungenermaßen an der Daumenschraube der Bürger drehen.
Daniel Rühle. Daniel R�hle

Umlagen, Grundsteuerhebesatz, freiwillige Ausgaben: Das sind Begriffe, die in jeder Haushaltsplanung auftauchen und verwirren können. Sie haben ganz direkte Auswirkungen auf das Leben in einer Kommune, wie das Beispiel Bad Hönningen zeigt. Welche?

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Der Bad Hönninger Stadtrat beschloss jüngst mehrheitlich einen neuen Haushaltsplan für 2025 und 2026. Für diesen besteht die Aussicht, dass er von der Kommunalaufsicht genehmigt wird. Dafür mussten freiwillige Ausgaben, wie zum Beispiel die Finanzierung des Weinblütenfests, gestrichen werden. Und die Grundsteuer musste an ein paar Stellen deutlich angehoben werden. Doch viel besser sieht es in den anderen Orten in der Verbandsgemeinde (VG) Bad Hönningen auch nicht aus, wie die Verwaltung unserer Zeitung berichtet.

Das Warten auf die Genehmigung

Immerhin habe man in der Verbandsgemeinde nun die Aussicht auf genehmigte Haushalte in allen vier Gemeinden, betont Bürgermeister Jan Ermtraud im Gespräch. Die Etats von Rheinbrohl und Leutesdorf seien genehmigt, in Hammerstein erwarte man das grüne Licht der Kommunalaufsicht. Und der nun beschlossene Haushaltsplan von Bad Hönningen habe gute Aussichten, genehmigt zu werden, weiß Ermtraud. Doch das sendet nicht nur positive Signale, warnt Ermtraud. Die Haushalte seien nur durch teils erhebliche Erhöhungen der Steuerhebesätze und Einsparungen genehmigungsfähig geworden. Die finanzielle Ausstattung der Kommunen in der VG Bad Hönningen sei „problematisch“, fasst es Ermtraud zusammen: „Es fehlt an allen Ecken und Enden.“

„Es fehlt an allen Ecken und Enden.“
Bürgermeister Jan Ermtraud zur finanziellen Lage in den Gemeinden der VG Bad Hönningen

Wenigstens bei der Frage nach den Festen, die ausfallen könnten, kann der VG-Chef Entwarnung geben. „Die meisten Feste in der Verbandsgemeinde laufen über Vereinigungen und Vereine und sind daher nicht direkt von den finanziellen Problemen der Kommunen betroffen“, sagt der Bürgermeister. Lediglich die Stadt Bad Hönningen habe nun mit Blick auf den Haushalt reagieren müssen. Daher ist das Weinblütenfest 2025 nun gestrichen, alle anderen Feste könnten dank Vereinen und engagierten Privatleuten aufrechterhalten werden.

Doch worin liegen diese Geldprobleme in der VG begründet? Und was bedeutet das für die Bürger? Dazu haben wir auch mit dem Kämmerer der Verbandsgemeinde Bad Hönningen, Ulrich Simon, gesprochen. Der Fachmann für Finanzen weist darauf hin, dass die aktuelle Reform der Grundsteuer viele Gemeinden hart treffe. Man komme um eine Erhöhung der Hebesätze nicht herum, um das gleiche Einkommen zu erzielen wie vorher – Geld, auf das die Städte und Gemeinden angewiesen sind, um handlungsfähig zu bleiben und ihre Pflichtaufgaben zu erfüllen. Simon betont zudem, dass durch die Grundsteuerreform Gewerbeflächen niedriger bewertet werden, wodurch sich in Orten mit viel Gewerbe das Problem verschärfe.

Hammerstein hat Spitzenwert in der Verbandsgemeinde

Wie etwa in der Stadt Bad Hönningen, in der es einige Gewerbebetriebe gebe, wenn man es zum Beispiel mit Hammerstein oder Leutesdorf vergleiche, erklärt Simon. Die Folge sei, dass sich die Hebesätze der Grundsteuer in der VG immer weiterer „auseinanderdividieren“. Wo früher noch Einheitlichkeit herrschte, muss die VG-Verwaltung nun den Überblick über vier unterschiedliche Hebesatzstrukturen beachten. In Hammerstein lag die Grundsteuer B 2022 noch bei 365 Punkten, 2023 schon bei 465, nun bei 635 und soll 2026 bei 655 Prozent liegen.

In Leutesdorf ist der aktuelle Hebesatz 595 Punkte, in Rheinbrohl 555 Prozent. Die Stadt Bad Hönningen hat im jüngst beschlossenen Haushalt zudem die Unterscheidung zwischen bebauten Wohngrundstücken (620 Punkte) sowie unbebauten Grundstücken sowie Nichtwohngrundstücken (jeweils 940 Punkte) aufgemacht – analog der Stadt Neuwied. Nicht zu vergessen: Im selben Atemzug stiegen in den vergangenen Jahren auch die Gewerbesteuerhebesätze in allen vier Gemeinden.

Finanzielle Notlage seit Jahrzehnten

Das bedeutet konkret, dass manchen Bürgern mehr in die Tasche gegriffen wird, damit „der Laden läuft“, um es flapsig auszudrücken. Eine Entwicklung, die wegen der Forderungen „von oben“ sein müsse, wie Simon betont. Die Gemeinden seien dazu verpflichtet, ihre Einnahmequellen auszuschöpfen und einen genehmigungsfähigen Haushalt vorzulegen. Sonst droht das, was 2023 in Rheinbrohl passierte: Haushalt nicht genehmigt, kein finanzieller Spielraum mehr, Eigenleistung der Bürger war gefragt.

Auf der anderen Seite stehen die Ausgaben. Hier seien die Gemeinden der VG Bad Hönningen bereits am Minimum angekommen – viel mehr kürzen gehe nicht, meint Simon. Seit Jahren sei es ein Problem, dass ohne Förderungen nicht einmal die kleinsten Investitionen getätigt werden können. Durch Förderungen konnten zwar beispielsweise Sportplätze saniert werden, aber die defizitären Haushalte ließen keine Spielräume. „Seit 30 Jahren kennen wir keine andere Situation“, berichtet der Kämmerer rückblickend.

So große Sprünge in den Hebesätzen wie noch nie

Das einzige Mittel gegen diese kommunalen Finanzierungsprobleme ist die Ausschöpfung der Einnahmepotenziale der Kommunen. Vor allem bei der Grundsteuer B. Dass diese in den vergangenen Jahren – siehe das Beispiel Hammerstein – so große Sprünge nach oben in kürzester Zeit macht, habe es „früher“ nicht gegeben, meint Simon. Die Grundsteuerreform bedinge diese Steigerungen.

Fazit: Für den Bürger kann es durch die Grundsteuerreform deutlich teurer werden, auch in den kommenden Jahren. An der prekären Situation der Kommunen ändert dies aber nicht viel. Es ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Gestaltungsspielraum gibt es auch mit x Prozent höherem Hebesatz nicht wirklich, wie der Bad Hönninger Stadtbürgermeister René Achten jüngst nach knapp einem Jahr im Amt feststellen musste.

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