Gefahr für heimische Insekten 
Asiatische Hornisse: Kreis Neuwied ist nicht gewappnet
Die Asiatische Hornisse hat sich in Westdeutschland etabliert. Sie stellt auch im Kreis Neuwied eine Gefahr für die heimische Insektenwelt und die Imkerei dar. Für Menschen ist sie laut Experten nicht gefährlicher als die Europäische Hornisse.
Axel Heimken. picture alliance/dpa | Axel Heimken

Die Asiatische Hornisse breitet sich in Westdeutschland immer stärker aus – auch im Kreis Neuwied. Der Kreisimkerverband schlägt nun Alarm, denn für den Kampf gegen den Eindringling fehlt es an Personal, Ausrüstung und Geld. 

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Im Jahr 2004 durch Warentransport nach Frankreich verschleppt, wurde die Asiatische Hornisse in Deutschland erstmals im Jahr 2014 nachgewiesen. Seitdem breitet sich das Insekt aus Südostasien immer weiter aus. Es gilt als Gefahr für die heimische Insektenwelt und die Imkerei, da unter anderem Honigbienen auf ihrem Speiseplan stehen. Glaubt man der Statistik der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord in Koblenz, stellt die Asiatische Hornisse noch kein akutes Problem im Kreis Neuwied dar. So mussten von 2023 bis heute lediglich vier gemeldete Nester der Vespa velutina im Kreis Neuwied entfernt werden. Sie wurden in den Neuwieder Stadtteilen Feldkirchen und Oberbieber sowie in der Ortsgemeinde Waldbreitbach gefunden und von Fachleuten entfernt. In diesem Jahr wurde außerdem ein Nest in Rheinbreitbach gesichtet, das aber keiner Beseitigung durch die sogenannten Hornissenberater bedurfte. Durch die Einsätze im Kreis Neuwied sind dem Land Rheinland-Pfalz laut SGD Nord Kosten von rund 800 Euro entstanden.

Uwe Hüngsberg, Erster Vorsitzender des Kreisimkerverbands Neuwied
Uwe Hüngsberg

Neuwieder Kreisimkerchef rechnet mit „sehr stark steigenden Völkerzahlen“

Uwe Hüngsberg, Erster Vorsitzender des Kreisimkerverbands Neuwied, hat die Asiatische Hornisse vor zwei Jahren beim Entfernen eines Nests in Feldkirchen aus nächster Nähe beobachtet. Noch seien die Schäden, die die Asiatische Hornisse bei Imkern im Kreis Neuwied hinterlassen hat, übersichtlich. „Wir wissen nie, ob es der letzte Todesstoß war, weil die Bienenvölker bereits durch die Varroamilbe geschwächt waren“, berichtet Hüngsberg. Beim Blick über die rheinland-pfälzische Landesgrenze hinaus stellt der Neuwieder Kreisimkerchef hinsichtlich der Schadensfälle fest: „Es ist vergleichsweise nichts, wenn man sieht, was die Saarländer, Franzosen und Baden-Württemberger schon durchgemacht haben.“

Doch Hüngsberg mahnt zur Wachsamkeit: Schließlich verbreite sich die Vespa velutina sehr gern entlang von Flüssen. An Rhein und Wied rechnet Hüngsberg mit „sehr stark steigenden Völkerzahlen“. „Es treibt uns die Sorge um, dass wir zu wenige Bekämpfer haben. Es geht darum, die Nester und damit die Königinnen zu vernichten. Doch es will keiner mehr die Einsätze bezahlen“, klagt Hüngsberg.

„Unsere Ausrüstung bietet nur Schutz bei heimischen Arten. Ich habe allen Imkern im Kreis geraten, die Finger davon zu lassen. Denn sie stechen nicht nur, sondern können auch ihr Gift spritzen.“
Uwe Hüngsberg, Erster Vorsitzender des Kreisimkerverbands Neuwied, über die Asiatische Hornisse

Denn seit März dieses Jahres gilt die Asiatische Hornisse in Deutschland offiziell als etablierte Art, dadurch entfällt die behördliche Pflicht, sie systematisch zu bekämpfen. Das Land Rheinland-Pfalz will laut Hüngsberg noch in diesem Jahr die Entfernung von Primärnestern (auch Gründungsnester genannt), die sich häufig in Menschennähe befinden, bezahlen. Danach sei die Finanzierung unklar. Die Sekundärnester (auch Filialnester genannt), die im Hochsommer hoch oben in Bäumen entstehen und dadurch schwer erreichbar sind, sollen gar nicht mehr bekämpft werden. Aufgrund dieser Herangehensweise befürchtet Hüngsberg, dass sich die Zahl der Nester potenzieren wird. Der Klimawandel begünstigt zudem die Ausbreitung des Eindringlings in unserem Breitengrad, denn bei milden Temperaturen in den Wintermonaten überleben nicht nur die Jungköniginnen, sondern auch der Staat mit den Arbeiterinnen.

Beim Entfernen von Nestern der Asiatischen Hornisse sollten nur Experten herangezogen werden. (Symbolfoto)
Axel Heimken. picture alliance/dpa/Axel Heimken

Bonner Experte muss im Kreis Neuwied aushelfen

Ein weiteres Problem: Nicht jeder kann das Nest einer Asiatischen Hornisse so einfach entfernen. „Sie ist zu gefährlich. Unsere Ausrüstung bietet nur Schutz bei heimischen Arten. Ich habe allen Imkern im Kreis geraten, die Finger davon zu lassen. Denn sie stechen nicht nur, sondern können auch ihr Gift spritzen“, so Hüngsberg. Im Kreis Neuwied gebe es niemanden, der über die Expertise und die nötige Schutzausrüstung zum Entfernen der Nester der Asiatischen Hornisse verfügt. Bislang musste ein Bonner Imker ausrücken, um im Kreis Neuwied auszuhelfen. Die Auftragsvergabe läuft über die SGD Nord, die über eine entsprechende Liste von Hornissenberatern in der Region verfügt. Doch Hüngsberg befürchtet, dass der Experte aus der Bundesstadt, der auch im Rhein-Sieg-Kreis aushilft, irgendwann keine Kapazitäten mehr hat für Einsätze an Rhein und Wied.

Einer von rund 450 Imkern im Kreis Neuwied will sich schulen lassen

Auf die Frage, warum sich Neuwieder Imker bislang nicht am Kampf gegen die Vespa velutina beteiligen, sagt Hüngsberg: „Nicht herantrauen ist falsch ausgedrückt. Bislang hat es sich nicht ergeben. Es liegt vielleicht auch daran, dass bis jetzt kein Spezialist gesagt hat: Kommt mal vorbei und schaut euch an, wie ich es mache.“ Seit dem Frühjahr wirbt Hüngsberg um mutige Imker, die sich der Sache annehmen. Nach dem heutigen Stand gebe es einen Interessenten unter den rund 450 Imkern im Kreis Neuwied, der bereits im Kontakt mit dem Bonner Experten stehe, um sich schulen zu lassen.

Was die Ausrüstung zur Bekämpfung der Asiatischen Hornisse angeht, wird der Neuwieder Imker alles aus eigener Tasche zahlen müssen. Die SGD Nord wolle sich an den Ausrüstungskosten von schätzungsweise 10.000 Euro jedenfalls nicht beteiligen, so der Kreisimkerchef. Die Begeisterung unter den Imkern für diese verantwortungsvolle Aufgabe halte sich auch in Grenzen, weil sie in den heißen Sommermonaten ausgeübt werden muss. „Ziehen Sie dann mal einen solch superdicken Anzug an mit Gesichtsschutz, damit ja kein Tier an Ihre Haut kommt. Das ist eine körperliche Belastung sondergleichen. Das kann nicht jeder“, schildert Hüngsberg.

„Sie hängen häufig an gefährlichen Stellen. Das ist eine Aufgabe der öffentlichen Sicherheit.“
Uwe Hüngsberg über Primärnester der Asiatischen Hornisse

Der Kreisimkerchef fordert, dass die Primärnester auch in Zukunft entfernt werden müssen. „Sie hängen häufig an gefährlichen Stellen. Das ist eine Aufgabe der öffentlichen Sicherheit“, so Hüngsberg. Die Primärnester befinden sich beispielsweise in Hecken, Büschen, an Gartenhäuschen oder Dachvorsprüngen. Wer sich einem Nest nähert, wird angegriffen, denn die Bewohner verteidigen es vehement. Das Gift der Asiatischen Hornisse sei zwar weniger gefährlich als das von Honigbienen, aber der Stich rufe größere Schmerzen hervor, weil der Stachel größer sei. Er hofft, dass der Druck aus der Bevölkerung auf die rheinland-pfälzische Landesregierung irgendwann so groß wird, dass sie ihre bisherige Haltung überdenkt. Der Kampf gegen die Asiatische Hornisse sei schließlich gelebter Umweltschutz.

Nur in einem speziellen Schutzanzug trauen sich Experten an die Nester der Asiatischen Hornisse heran.
Axel Heimken. picture alliance/dpa/Axel Heimken

Asiatische Hornisse dem Artenfinder-Portal melden

Die Sichtung von einzelnen Asiatischen Hornissen oder Nestern soll im Internet auf dem Artenfinder-Portal Rheinland-Pfalz gemeldet werden. Die Unterscheidung der Asiatischen Hornisse von heimischen Arten sei auf den ersten Blick schwierig. Ein Foto hilft dabei. Die Asiatische Hornisse fällt insbesondere durch ihre gelb gefärbten Füße auf. drd

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