Zwölf neue Mediziner und zwei Stipendiaten in fünf Jahren - Überalterung dennoch Problem - Kritik an KV und Land
Asbacher Ärzteförderung ist Erfolgsmodell: Zwölf neue Mediziner und zwei Stipendiaten in fünf Jahren
Versorgungssituation in Arztpraxen
Um die ärztliche Versorgung in der Verbandsgemeinde Asbach zu garantieren, ist die Verwaltung aktiv geworden. Indes findet Bürgermeister Michael Christ in Richtung der rheinland-pfälzischen Landesregierung und der Kassenärztliche Vereinigung klare Worte. Foto: dpa/Sebastian Gollnow
Sebastian Gollnow. picture alliance/dpa

Überalterung ist eines der größten Probleme im Gesundheitssystem. Sowohl die Überalterung der Gesellschaft, die mehr ärztliche Betreuung notwendig macht als auch das fortgeschrittene Alter der Ärzte selbst. In der Verbandsgemeinde (VG) Asbach hat man sich daher schon vor Jahren entschlossen, ein Förderprogramm für die Gesundheit aufzulegen – mit Erfolg. Jahr für Jahr kann die Kommune neue Ärzte akquirieren. Ein Vorbild für andere?

Rückblick: 2018 fasste der Verbandsgemeinderat den Beschluss, sich aktiv um die Akquise und Entlastung von Ärzten zu bemühen und dafür auch Geld in die Hand zu nehmen. So fördert die VG, obwohl die Gesundheitsversorgung nicht ihre originäre Aufgabe ist, sowohl die Ansiedlung von Ärzten mit 100.000 Euro als auch Versorgungsassistenten (Verah) und nicht-ärztliche Praxisassistenten (Näpa), die dem Arzt medizinische Arbeiten abnehmen und etwa auch Hausbesuche machen. Zudem vergibt die VG Stipendien für junge Menschen, die Medizin studieren wollen – mit der Verpflichtung, sich anschließend über einen gewissen Zeitraum in der VG Asbach niederzulassen.

Zuschuss von der Verbandsgemeinde

Zwölf Ärzte habe man seit Start des Programms im Jahr 2019 in der Verbandsgemeinde ansiedeln können, zählt Bürgermeister Michael Christ gegenüber der RZ auf. Dazu kommen noch mehrere Verah- und Näpa-Kräfte sowie zwei Stipendiaten. In der letzten Zeit habe man eine zweite Gynäkologin sowie eine weitere Kinderärztin gewinnen können, betont Christ. Und: Zum 1. Juli werde es eine neue Praxis in Asbach geben, die dank des Zuschusses der VG möglich geworden sei.

Denn: „Praxen sind sehr teuer“, weiß der Bürgermeister. Mit den 100.000 Euro Förderung könne man jungen Ärzten die Angst nehmen, sich durch Kredite ewig an Banken zu binden, erklärt er die Intention, warum man sich in Asbach dazu entschlossen hat. Das Rennen um die Ärzte ist derzeit in vollem Gange: „Wir stehen auf jeden Fall in Konkurrenz“, so Christ, der von Kommunen in Nordrhein-Westfalen berichtet, die Geld und ein Baugrundstück auf den Vertragstisch legen, damit Mediziner zu ihnen kommen. „Mancher Arzt weiß um seinen Marktwert. Das sind aber nicht die, die wir wollen, die nur wegen des Zuschusses kommen. Wir wollen Leute mit Herzblut“, sagt Christ, dass man theoretisch noch mehr als die 100.000 Euro auf den Tisch legen könne.

VG muss fünf bis sechs Jahre warten

Laut der Europäischen Union liege der Deckel für Förderungen dieser Art bei 180.000 Euro. „Es geht uns ja nicht um einen Überbietungswettbewerb. Das Geld wird ja auch in die Praxis und den Ort investiert“, betont Christ. Und reicht das aus, um der Überalterung entgegen zu wirken? „Es ist gut, was wir getan haben“, sagt Ute Stockhausen, Abteilungsleiterin Soziales in der Asbacher Verwaltung. Sie schränkt jedoch ein, dass viele Mediziner schon jenseits des Rentenalters seien und dennoch praktizieren. „Und es ist noch lange hin, bis unsere Stipendiaten fertig sind“, berichtet sie. Fünf bis sechs Jahre dauere es bestimmt noch, bis sich die jungen Ärzte in der VG ansiedeln werden. Ende des Jahrzehnts werde sich sicherlich ein Engpass andeuten, „es wird nicht nahtlos sein“, so Stockhausen. „Dennoch bin ich guter Dinge, dass es funktioniert. Es ist absolut der richtige Weg. Ohne die zwölf gewonnenen Ärzte würde es grottenfinster aussehen“, betont Bürgermeister Christ.

Sowohl Stockhausen als auch Christ stören sich am System der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), was die Versorgungsräume und die Arztsitze angeht. Die VG Asbach gehört zum Versorgungsbereich Linz. Dort fehlen laut KV 2,5 Hausarztsitze, „es lässt sich aber nicht auf die VG herunterbrechen“, so Stockhausen. Daher spricht sich Christ für einen kleinteiligeren Zuschnitt der Versorgungsgebiete aus. Doch dies, so Stockhausen und Christ, sei illusorisch. Gerade bei hoch spezialisierten Fachärzten würden die Versorgungsgebiete immer größer.

„Keine gute Arbeit“

Zudem kritisiert der VG-Chef, dass bei der medizinischen Versorgung auf dem Land generell einiges im Argen liege. In vielen Punkten habe die Landesregierung keine gute Arbeit geleistet, so Christ. „Die Zahl der Ärzte, die in Ruhestand gehen, übersteigt seit Jahren die Zahl der neu eingeschriebenen Studenten. Da muss ich kein Rechenkünstler sein, um zu wissen, wohin das führt“, sagt der Bürgermeister. Dass in Rheinland-Pfalz nur eine Universität – nämlich Mainz – ein Medizinstudium anbiete, sei zu wenig. Christ ist sich sicher, dass mehr Studienmöglichkeiten auch zu mehr Ärzten in der Region führe.

Daher müsse man sich um Absolventen aus Bonn, Köln und darüber hinaus bemühen, meinen Christ und Stockhausen. Schließlich biete de VG Asbach einiges: Mit der Förderung ist es nämlich nicht getan, sagt Ute Stockhausen. Regelmäßig lade man zu einem Ärztestammtisch, seit Corona gebe es den Austausch mit der Verwaltung in WhatsApp-Gruppen – kurzum: Man kümmere sich um die angesiedelten Ärzte. Stichworte wie „enger Kontakt“ und „guter Draht“ sollen nicht nur dahergesagt sein.

Ungewisser Blick in die Zukunft

Wie viele in den kommenden Jahren auf diese Weise noch nach Asbach kommen werden, steht in den Sternen. Fest steht: Man bemüht sich. 500.000 Euro stehen pro Doppelhaushalt für die Förderung der Gesundheitsversorgung zur Verfügung. Und dieser Posten, so betont Bürgermeister Christ, werde in schlechten Jahren mit als allerletztes dem Rotstift zum Opfer fallen – wenn überhaupt.

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