„Das war ein sehr aufreibender Abend für mich“, gab der gelöst wirkende Bauamtsleiter der VG der RZ einen Einblick in seine Gefühlswelt. Lange Zeit hatte sich der Wahlabend auf der Leinwand im Sitzungssaal nämlich als Kopf-an-Kopf-Rennen dargestellt, in dem Überraschungskandidat Sebastian Lahr sogar anfangs die Nase vorn hatte. 93 zu 46 für Lahr lautete das Ergebnis aus dem Asbacher Ortsteil Schöneberg, dem am schnellsten ausgezählten Stimmbezirk. Später wechselte die Führung mehrfach hin und her, ehe ab circa 20 Uhr die Ergebnisse aus Windhagen das Pendel zugunsten von Christ ausschlagen ließen. „Das ist ein Ergebnis, mit dem ich sehr gut leben kann“, beurteilte Christ schließlich seinen Stimmenanteil von 56,2 Prozent. Beim Aufstehen am Sonntagmorgen habe er jedenfalls kein Wunschergebnis vor Augen gehabt, aber bereits einkalkuliert, dass sein Konkurrent in Asbach gut abschneiden würde und er den Sieg über hohe Stimmenanteile in den anderen drei Ortsgemeinden sichern würde müssen. „Es gibt immer Leute, die einen einfach nicht wählen wollen“, meinte Christ. Auch für den Fall, dass kein Gegenkandidat mehr angetreten wäre, habe er mit 35 bis 40 Prozent Neinstimmen gerechnet. Eine Rolle dabei spiele sicherlich auch, dass man sich in seiner Position in der Verwaltung mit rechtlich begründeten Entscheidungen über Bauvorhaben nicht nur Freunde mache.
Während im Rathaus die Anspannung nur langsam wich, setzte sich keine 100 Meter entfernt bei Lahrs Wahlparty im Eiscafé Riviera die Erkenntnis durch, dass es mit einem Sensationssieg des 29-Jährigen wohl doch nicht klappen würde. Davon ungetrübt war der Stolz auf das mehr als nur respektable Ergebnis von 43,8 Prozent für den Verlagsmitarbeiter. „Dieser Wahlkampf war eine der tollsten Erfahrungen meines Lebens“, sagte Lahr, der sich bei all seinen Unterstützern und Fürsprechern für ihre tolle Arbeit bedankte. „Meine Niederlage ist für mich heute nicht das schlimmste, sondern das erschreckend starke Abschneiden der AfD“, fügte der Asbacher hinzu, der mit seiner SPD-Mitgliedschaft im Wahlkampf nicht hausieren gegangen war. Sehr enttäuscht zeigte er sich „von der hiesigen SPD“, die ihm jegliche Unterstützung verwehrt hatte. Noch nicht einmal begrüßt hätten ihn Verbandschef Jürgen Jonas und VG-Ratsmitglied Günter Behr bei einer Begegnung im Wahlkampf.
Ob er sich künftig weiter kommunalpolitisch einbringen will, etwa bei der Kommunalwahl in zwei Jahren, ließ Lahr offen, wollte es aber nicht ausschließen. Der Wahlkampf habe ihm gezeigt, „dass es eine Menge junger Leute gibt, die sich für ihre Heimat einsetzen wollen.“
Das hat auch Wahlsieger Christ vor – und zwar ab seinem Amtsantritt mit dem Jahreswechsel, betonte der Vorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion. Punkt für Punkt wolle er die Inhalte aus seinem Wahlprogramm abarbeiten. „Es ist mir wichtig, nicht nur zu reden, sondern zu liefern.“