Ariendorf
Ariendorf: Bahnlärm auf die Spitze getrieben

Der Bahnübergang in Ariendorf macht den Anwohnern nach wie vor Sorgen. Die neue elektronische Stellwerktechnik zeigt gravierende Mängel. Statt freie Fahrt zu haben müssen viele Züge vor offener Schranke halten. Foto: Christina Nover

Ariendorf. 4.13 Uhr, 4.19 Uhr, 5.16 Uhr, 7.45 Uhr und 9 Uhr - das sind die Zeiten, zu denen an einem ganz normalen Freitagmorgen in Ariendorf tonnenschwere Züge kreischend zum Stehen kommen. Seit mehreren Monaten gibt es diese Probleme am Bahnübergang (wir berichteten), eine Lösung ist bisher nicht in Sicht. 

Von unserer Redakteurin Christina Nover

Die Züge müssen abbremsen, weil die Schranke am Bahnübergang noch nicht geschlossen ist, wenn sie in Ariendorf ankommen. Die Zugführer bekommen deshalb ein rotes Signal zu sehen. Wie die Aufzeichnungen der Anwohner zeigen, ist das kein einmaliges Vorkommnis, sondern eine Störung, die jeden Tag mehrmals vorkommt. Vor allem in der Nacht wird das geräuschvolle Abbremsen der Züge als Belästigung empfunden: „Gerade das Bremsen der Güterzüge mit alten Waggons verursacht einen höllischen Lärm!“, erklärt Heinz-Günter Heck vom Bürgerverein in Ariendorf und fordert von der Bahn ein besseres Zeitmanagement an der Schranke.

Bei einem Ortstermin konnten sich Sachverständige der Bahn mit eigenen Augen und Ohren von der Problematik überzeugen. Sie versprachen, sich der Sache anzunehmen, getan hat sich bisher jedoch noch nichts. Auf RZ-Anfrage teilte die Bahn mit, dass sich die Untersuchung aufgrund der komplexen Lage am Übergang schwierig und umfangreich gestaltet. Eine konkrete Lösungsmöglichkeit gebe es noch nicht, allerdings geht die Deutsche Bahn davon aus, „die in diesem Zusammenhang auftretende Lärmentwicklung durch bremsende Züge bald verringern zu können“.

Die Bahn hat in diesem Jahr die Sicherungsanlage am Übergang in Ariendorf erneuert. Dies passierte zusammen mit dem Bau der elektronischen Stellwerkstechnik, die derzeit auf dem Vormarsch ist (siehe Textende). Beim Neubau der Anlage, die laut einer Sprecherin der Bahn auch zu einer Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr beigetragen hat, mussten besondere örtliche Randbedingungen eingehalten werden. Zu den Vorgaben gehörten: möglichst kurze Schließzeiten für den Straßenverkehr, Vorfahrtsberechtigung des Schienenverkehrs und Vermeidung von unnötigem Rückstau auf der B 42. Unter anderem wurde so eine Ampel installiert, die den Verkehr auf der Bundesstraße nur dann stoppt, wenn es notwendig ist – nämlich dann, wenn ein Auto noch auf dem Übergang steht, während die Schranke schon kurz davor ist, sich zu schließen.

Anwohner warten auf Lösung

Auch wenn Heck Verständnis für die besondere Situation in Ariendorf hat, will ihm nicht in den Kopf, warum nach dem über drei Monate andauernden (fehlerhaften) Betrieb immer noch keine Lösung gefunden wurde. „An manchen Tagen funktioniert es ja gut“, meint er. Probleme tauchen im Übrigen vor allem mit den Zügen aus Richtung Rheinbrohl auf. Seine Vermutung ist, dass die Züge schneller fahren, als es das elektronische System vorsieht. Die Bahn wollte dies auf Anfrage jedoch nicht bestätigen.

Bedenklich findet der Sprecher des Bürgervereins unter anderem auch, dass sogar die besonders schweren Kohle- und Erzzüge, die auf der Strecke unterwegs sind, regelmäßig halten müssen. Heck fragt: „Wenn wir Bahnlärmgegner fordern, dass die Güterzüge nachts langsamer fahren sollen, dann heißt es, das ganze System würde zusammenbrechen, aber wenn hier die Züge halten müssen und dadurch vier bis fünf Minuten verlieren, dann fällt das nicht ins Gewicht? Das kann doch nicht sein!“

Häufigste Arten von Stellwerken in Deutschland

  • Mechanische Stellwerke: Signale und Weichen werden per Hand über Hebel und Drahtzüge gestellt (knapp 30 Prozent der Stellwerke).
  • Elektromechanische Stellwerke: Mechanische Bedienhandlungen werden in elektrische Impulse umgewandelt (etwa 11 Prozent).
  • Relaisstellwerke: Gleispläne der Bahnhöfe und angrenzender Streckenabschnitte sind schematisch auf Stelltischen abgebildet. Dort werden alle Bedienhandlungen vorgenommen (rund 44 Prozent).
  • Elektronische Stellwerke (ESTW): Signale und Weichen werden dank Computertechnik per Mausklick gestellt (12 Prozent im Jahr 2012). cno

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