Neuwied
Archiv erwirbt historische "Freymaurer-Zeitungen"

Neuwied. Für einige Monate in den Jahren 1786 und 1787 haben Illuminaten in Neuwied zweimal wöchentlich eine Zeitung herausgegeben. Jetzt konnte die Stadt die Gesamtausgabe der historischen Blätter erwerben.

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Von unserem Redakteur
Ulf Steffenfauseweh

Neuwied. Das Archiv in Rommersdorf ist um ein echtes Kleinod reicher: Wie Oberbürgermeister Nikolaus Roth bei der Vorstellung ausführte, hat die Stadt unterstützt von Sparkasse und VR-Bank die historischen Freimauer-Zeitungen, die in den Jahren 1786 und 1787 in Neuwied verlegt worden sind, von einem Privatanbieter erworben.

Die 79 Nummern, die vor 230 Jahren erschienen sind, darf man sich allerdings nicht wie eine heutige Zeitung vorstellen: Die „Freymaurer-Zeitung“ war in der Regel acht Seiten dick, hatte weder Bilder noch Zeichnungen – auch wenn es in dieser Zeit schon erste Blätter mit Stichen oder Karikaturen gab, wie Archivar Gerd Anhäuser berichtete – und wurde in einem kleinen Format, ungefähr von der Größe Din-A 5, gedruckt. Sämtliche Ausgaben sind in einem Ledereinband zusammengefasst und zwischenzeitlich nicht nur konserviert, sondern auch digital und auf Mikrofilm erfasst.

Wie Anhäuser berichtete, ist das neu erworbene Buch das „wahrscheinlich einzig komplett erhaltene Exemplar dieser Zeitung“ und auch für das Rommersdorfer Archiv etwas ganz besonderes. Denn hier werden zwar noch ältere Zeitungen aus Neuwied verwahrt – zum Beispiel „Le Postillon de Neuwied“ von 1737 –, sie liegen allerdings nicht mehr als Gesamtausgaben vor.

Weitere Besonderheit: In einer der letzten Ausgaben ist Schillers „Ode an die Freude“ abgedruckt, was möglicherweise sogar die Erstveröffentlichung des berühmten Stücks sein könnte. Jedenfalls ist bekannt, dass der große Dichter den Freimaurern zumindest sehr nahe stand. Außergewöhnlich zudem: Die Zeilen sind vertont – nicht in der, auch erst später komponierten, Version von Beethoven, sondern von einem heute weitgehend unbekannten Musiker aus Bayern.

Sehr froh über den Ankauf der historischen Blätter sind die Neuwieder Freimaurer von der Loge „Zur Wahrheit und Treue“, die eine digitale Kopie zur Verfügung gestellt bekommen. Wie Michael Vonderschmitt und der stellvertretende Landesvorsitzende Peter Hofmann ausführten, erhoffen sie sich neue Erkenntnisse über Rituale, Ideen und Ausgestaltung der Freimaurerei.

Inhaltlich sind die Zeitungen, die sich mit Freimaurer-Themen beschäftigen, aber auch Korrespondentenberichte aus Europa erhalten, noch nicht durchgearbeitet. Klar ist aber, dass für die Ausgabe der Neuwieder Freimaurer-Zeitung Illuminaten verantwortlich waren, die zur damaligen Neuwieder Logo „Caroline zu den drei Pfauen“ gehörten. „Anders, als man es in Filmen sieht, waren das allerdings keine Verschwörer. Sie waren der Aufklärung verpflichtet und hatten das Ziel des besseren Menschen, wollten ihn durch Wissen und umfassende Bildung geistig befeuern“, erklärte Hofmann.

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