Krimiautorin liest in Erpel
Anja Eichbaums Krimis spielen auch im Rheinland
Anja Eichbaums Krimis spielen auf Norderney und manchmal auch im Rheinland.
Sabine Nitsch

Norderney steht bei Urlaubern hoch im Kurs. Bei Anja Eichbaum treiben aber auch Mörder dort ihr Unwesen. Ruth Keiser und Martin Ziegler ermitteln in den Büchern der Autorin mit Erpeler Wurzeln.

Erpel. Schreibblockaden kennt Anja Eichbaum (62) nicht. Seit 2017 hat die spätberufene Autorin bereits sieben Kriminalromane verfasst. Nummer acht erscheint in wenigen Wochen. Jeder Band hat zwischen 400 und 500 Seiten. „Ich setze mich abends und am Wochenende hin, und die Geschichte fließt einfach“, sagt die Gielsdorfer Autorin, die im Erpeler Pfarrheim aus ihrem siebten Buch „Inselbrise“ gelesen hat.

Für Eichbaum ein Heimspiel. Sie ist, obwohl sie seit Jahrzehnten bei Bonn wohnt, immer noch innig mit Erpel verbunden. „Ich bin hier geboren. Meine Geschwister leben hier. Mein Vater, Heinz Schmitz, war 17 Jahre Bürgermeister in Erpel. Ich bin an Weinfestsonntag 1962 geboren. Der Gemeindebote lief damals mit der Glocke durch den Ort und rief ,Mir han et. Mir han et’“, womit er die Geburt des ersten Kindes des Bürgermeisters meinte“, erzählt sie und ergänzt: „Die Leute bestimmten auch: Sie wird mit 18 Weinkönigin. Das hat nicht ganz geklappt. Ich war 20“, berichtet sie lachend.

Im Studium war sie freie Mitarbeiterin bei der Rhein-Zeitung 

Zum Schreiben kam sie zwar zufällig, aber nicht unerwartet. „Ich habe schon immer alles verschlungen, was gedruckt war. Mein Vater hat außerdem Pressemitteilungen unter dem Kürzel IT in der Rhein-Zeitung veröffentlicht. Ich habe das Kürzel dann übernommen und im Studium als freie Mitarbeiterin für die RZ gearbeitet“, blickt sie auf ihre ersten schriftstellerischen Gehversuche zurück.

„Ich wollte, dass es in einem Verlag verlegt wird und im Buchhandel erscheint. Davon habe ich geträumt.“ 
Anja Eichbaum, Autorin, über ihr erstes Buch

Dass sie im Schreiben irgendwann ihre Erfüllung findet, war damals trotzdem nicht absehbar. „Ich hatte ein bewegtes Leben und war wohl so etwas wie ein Spätzünder. Ich bin in Erpel zur Schule gegangen, dann aufs Gymnasium Nonnenwerth und auch noch aufs Sibi in Bad Honnef. Ich wurde außerdem mit 40 erst Mutter,“ berichtet sie und blickt auf ihren beruflichen Werdegang. Nach einem, wie sie sagt, „halben Studium“ der Germanistik, von Latein und Altgriechisch habe sie im Linzer Krankenhaus eine Ausbildung als Krankenpflegerin gemacht. Dann studierte sie noch Soziale Arbeit, wurde Diplom-Sozialarbeiterin und ist heute Teilzeit in der Jugendhilfe als Fachbereichsleiterin tätig, hat zwei erwachsene Kinder und wohnt mit ihrem Ehemann in Gielsdorf bei Bonn. „Ich war also in allem irgendwie ein bisschen später dran als andere“, meint sie. „Ich war auch über 50, als ich so etwas wie ein Erweckungserlebnis hatte. Auf Norderney habe ich an einem Ferienprogramm mit Schreibworkshop teilgenommen. Das lief gut, und ich beschloss, endlich ein Buch zu schreiben. Ich wollte, dass es in einem Verlag verlegt wird und im Buchhandel erscheint. Davon habe ich geträumt“, verrät Eichbaum.

Seit ihrem Debüt folgte jedes Jahr ein weiterer Band

Gesagt, getan: 2016 fing sie an zu schreiben. Gleich zwei Verlage waren interessiert, und sie entschied sich für den Gmeiner-Verlag, der auf Regionalkrimis spezialisiert ist. 2017 legte sie ihren ersten Kriminalroman vor, der wie alle folgenden vor allem auf Norderney spielt. Immer im Zentrum des Geschehens sind ihre Ermittler, die Polizeipsychologin Ruth Keiser und Martin Ziegler, Polizeidienststellenleiter auf Norderney. Seit ihrem Debüt folgte jedes Jahr ein weiterer Band, bisher sieben, in denen sie auch mal souverän den Bogen von Norderney bis in die Heimat Bonn oder Erpel schlägt.

Auch Autobiografisches schwingt mit. Wie etwa in ihrem „Inselduell“ aus dem Jahr 2021. Ihre fiktive Figur Petra Mertens, die aus dem Rheinland nach Norderney kam, kandidiert dort als Bürgermeisterin. Ihr Rüstzeug für das Meistern von öffentlichen Auftritten habe sie sich als Weinkönigin erworben, erläutert die Kandidatin Mertens im Buch – bevor sie noch vor der Wahl ermordet wird. Wie es der Zufall beziehungsweise die Autorin so will, hat die Polizeipsychologin Keiser gerade eine neue Liebe in Bonn gefunden, sodass Fans von regionalen Krimis nicht nur in das Kolorit von Norderney, sondern auch vom Rheinland eintauchen können.

„Alles ist fiktiv.“ 
Anja Eichbaum, Autorin

„Ich will damit die Leser abholen, in die Geschichte hineinziehen und ein bisschen Sehnsucht wecken nach Norderney, nach der Landschaft, den Menschen und nach dem Rheinland“, sagt sie. Die Ideen für ihre Bücher findet sie überall, bei Besuchen auf der Insel, im Beruf, bei alltäglichen Begegnungen, aber auch, wenn sie die Zeitung aufschlägt. „Für Band drei war die Initialzündung eine Meldung in der Zeitung, die beschrieb, wie ein Toter in einer Regentonne gefunden wurde“, berichtet sie.

Auch als Sozialarbeiterin in der Jugendhilfe habe sie viele Erfahrungen mit manchmal unbequemen Themen gemacht. Auch die greift sie in ihren Büchern mitunter auf. Über tatsächliche Ereignisse oder reale Personen schreibe sie jedoch nie. „Alles ist fiktiv“, betont sie.

Die Geschichte entwickelt sich beim Schreiben.“
Anja Eichbaum, Autorin

Wie wird aus ihren Erfahrungen und Erlebnissen ein Kriminalroman? „Eine Idee reift und das reicht aus, dass ich loslegen kann. Die Geschichte entwickelt sich beim Schreiben“, beschreibt sie ihren Schaffensprozess, bei dem sie von der eigenen Geschichte mitgerissen wird. „Ich habe kein echtes Konzept. Ich bin ein sogenannter Discovery Writer. Manchmal ändert sich der Plot zwischendrin ebenso wie das angedachte Ende. So ist das Schreiben für mich auch eine Entdeckungsreise, bei der ich manchmal selbst vom Ende der Geschichte überrascht bin“, sagt sie. Ihr neuer Krimi kommt im Juni heraus. „Ich darf noch nichts verraten. Meine Leser müssen sich einfach überraschen lassen“, sagt sie.

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