Erfahrungsbericht
Ambulantes Hospiz Neuwied hilft auf dem letzten Weg
Große Dankbarkeit: Als sich abzeichnete, dass ihr Mann seine schwere Krankheit nicht überleben würde, erfuhr die Neuwiederin Elfi Grünewald (links) schnelle, fürsorgliche Hilfe durch das Team des Ambulanten Hospiz Neuwied, zu dem auch Hospizfachkraft Irena Dreier gehört.
Julia Hilgeroth-Buchner

Das Ambulante Hospiz in Neuwied begleitet Menschen und deren Angehörige auf dem letzten Lebensweg. Wie wichtig diese Arbeit ist, zeigt der Fall von Elfi Grünewald. Sie hat mit uns über die letzten Wochen mit ihrem Mann Wolfgang gesprochen.

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Es gibt Momente im Leben, in denen die Welt plötzlich still steht. Kein tröstendes Wort, keine gut gemeinte Ermutigung kann dann noch dazu beitragen, das Schicksal zu wenden. So erging es auch Elfi Grünewald. Als ihr Mann Wolfgang die Nachricht erhielt, dass seine seit sieben Jahren bestehende, sehr schwere Erkrankung nicht mehr therapierbar ist und er daran versterben wird, wusste die Neuwiederin nicht mehr ein noch aus.

Zwar hatte sie viel Erfahrung im Umgang mit der Krankheit, nun aber gab es keine Hoffnung mehr, dass die intensiven Bemühungen um Besserung irgendeinen Erfolg haben würden. Durch die Kontaktaufnahme zum Ambulanten Hospiz Neuwied wurde es ihr jedoch ermöglicht, die letzten Wochen mit ihrem Mann zu Hause zu verbringen und auch seinen Tod zu bewältigen. Und sie hat sich entschlossen, darüber mit unserer Zeitung zu sprechen, um anderen Betroffenen zu zeigen, dass es durch die einfühlsame Hilfe des Hospiz-Teams selbst in den dunkelsten Stunden ein kleines Licht gab.

Sich Hilfe zu suchen, war nicht leicht

Trotzdem ist das offene Gespräch kein leichter Schritt für Elfi Grünewald, die beim Treffen im Rhein-Wied Hospiz in Niederbieber von Irena Dreier, Hospizfachkraft beim Ambulanten Hospiz Neuwied, unterstützt wird. Denn kaum hat sie sich wieder in die Lage vor einem Jahr hineinversetzt, fließen auch schon die Tränen. „Mein Mann hatte die chronisch obstruktive Lungenerkrankung, kurz COPD, im Endstadium und Speiseröhrenkrebs und war immer wieder im Krankenhaus. Zuletzt wurde er so entlassen, wie er hineingekommen war. Ich hatte meine Küche umbauen lassen, damit ich ihn um mich haben konnte. Er kochte nämlich immer sehr gerne. Wir saßen beide dort und wussten nicht mehr weiter. Er wollte aber unbedingt zu Hause bleiben.“

„Die Selbstbestimmung der Betroffenen und der Angehörigen steht an erster Stelle. Wir machen gerne Vorschläge, nehmen ihnen aber keine Entscheidung ab.“
Hospizfachkraft Irena Dreier vom Ambulanten Hospiz Neuwied

Da sich abzeichnete, dass nicht nur durch den Wasseraustritt am ganzen Körper eine professionelle Versorgung nötig werden würde, stellte Elfi Grünewald ihrem Mann die entscheidende Frage: „Wollen wir beim Hospiz anrufen und um Rat bitten?“ Sie habe damals gar nicht gewusst, dass auch eine Betreuung zu Hause möglich ist. „Ich habe eigentlich nur einmal über einen guten Bekannten von der Hospizarbeit erfahren und habe mich dann damit beschäftigt.“ Nach ihrem Anruf sei Irena Dreier innerhalb einer halben Stunde gekommen, um sich die medizinischen Unterlagen anzuschauen und Elfi Grünewald Hilfe zuzusichern.

„Danach habe ich so gut wie gar nichts mehr allein machen müssen, weil Frau Dreier alles in die Hand genommen hat. Am selben Tag traf durch ihre Vermittlung auch das Palliativteam ein.“ Ihr Mann habe sich sofort gut aufgehoben gefühlt und sei seinem Wunsch entsprechend bis zum Ende zu Hause gewesen. „Aber allein hätte ich das nicht geschafft“, so Grünewald.

Hilfe durch Mitarbeiter des Hospizes sorgte für Entlastung

Da ärztliche Hausbesuche zuvor nicht möglich gewesen waren, sei ihr Mann, der durchgehend Sauerstoff benötigte, im Notfall jedes Mal mit dem Krankenwagen ins Krankenhaus gebracht worden – eine Tortur für alle Beteiligten. Hier habe die ambulante Versorgung für erhebliche Erleichterung gesorgt. Mit der ehrenamtlichen Hospizbegleiterin Lucia Rossmann, die ihr das Ambulante Hospiz vermittelt habe, sei alles noch einmal leichter geworden. „Sie ist eine ganz liebe, nette Frau, die am Anfang ein- bis zweimal in der Woche zu uns kam. Ich konnte dann zum Beispiel mal einkaufen gehen und war beruhigt, dass jemand bei meinem Mann war, der starke Medikamente nahm und nicht allein bleiben konnte.“

Auch die bürokratischen Herausforderungen konnte Elfi Grünewald mit der Unterstützung des Teams besser stemmen. Jenseits des Organisatorischen sei Lucia Rossmann in emotionaler Hinsicht für sie da gewesen. „Wir haben zum Beispiel zu dritt über den bevorstehenden Tod meines Mannes gesprochen. Man konnte uns zwar nicht sagen, wie lange es noch dauern würde, aber er spürte es auch selber.“ Insgesamt habe sie die Unterstützung des Ambulanten Hospizes für vier Wochen in Anspruch genommen.

Der Weg in ein neues Leben

Wichtig sei, dass die Beratung und die ehrenamtliche Begleitung durch das Hospiz kostenfrei sind. Auf den Augenblick des Todes am 24. September 2023 hat sie sich dennoch nicht vorbereiten können. Der Sauerstoffmesser war ausgefallen, und Elfi Grünewald musste im Beisein ihrer Tochter mit größtem Schrecken feststellen, dass es nicht an den Batterien lag.

Ihr Mann fehlt ihr, die Jahre der Pflege haben ihr aber auch zugesetzt. „Ich bin teilweise über meine Kraft gegangen. Nach seinem Tod war ich fertig und bin auf Anraten meines Arztes in Reha gefahren.“ Auch in dieser Phase hat sie mehrmals mit Irena Dreier sprechen können. Mit Hospizbegleiterin Lucia Rossmann steht sie bis heute in Kontakt. Elfi Grünewald wohnt inzwischen bei ihrer Tochter und tastet sich langsam zurück in ein neues Leben. Sie unternimmt wieder mehr und intensiviert den Kontakt zu Freunden und Bekannten.

So erlebt Irena Dreier die Arbeit des Hospizes

Irena Dreier ist ihrerseits bereit, über die Arbeit des Ambulanten Hospiz Neuwied zu berichten. Sie ist Palliativ-Care-Fachkraft, hat unter anderem viel berufliche Erfahrung im Bereich der Onkologie und arbeitet seit einem Jahr für das Ambulante Hospiz. „Wir koordinieren zum einen die ehrenamtlich Mitarbeitenden und führen Weiterbildungen durch. Wir Pflegefachkräfte machen aber auch den Erstbesuch und bringen - wenn es passt – beim zweiten Besuch einen ehrenamtlichen Begleiter mit. Dieser übernimmt dann die Betreuung. Wenn eine Aufgabe nicht bewältigt werden kann, sind wir Fachkräfte aber immer beratend da.“

Man müsse bei jedem neuen Fall sehr individuell reagieren, zumal auch die Vermittlung zusätzlicher medizinischer oder bürokratischer Hilfsmaßnahmen zum Aufgabenprofil gehöre. Es sei aber immer erfreulich, wie zügig das Vertrauen zu den Betroffenen und ihren Angehörigen aufgebaut würde. Elfi Grünewald kann das nur bestätigen. Noch immer ist sie voller Dankbarkeit über die schnelle Hilfe in tiefster Not: „Ich möchte anderen ratlosen Angehörigen wirklich Mut machen, sich beim Ambulanten Hospiz Neuwied zu melden.“

Über das Ambulante Hospiz Neuwied

Im Mittelpunkt der Arbeit des Ambulanten Hospiz Neuwied steht der schwerst kranke und sterbende Mensch mit seinen Bedürfnissen sowie dessen Angehörige und Nahestehende. Das Team besteht aus sechs Hospiz-/Palliativ-Care-Fachkräften, einer Bürokraft und mehr als 100 ehrenamtlich tätigen Hospizbegleitern.

Das Hospiz steht in der Trägerschaft der Marienhaus Kliniken GmbH Waldbreitbach. Enge Kooperationen bestehen unter anderem mit Seniorenheimen, Krankenhäusern, Palliativstationen, stationären Hospizen, Pflege- und Fachärzten, SAPV-Teams (Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung) sowie Demenz-Netzwerken, dem „Hospizverein Neuwied“ und dem „Förderverein Hospiz Rhein-Wied“. Die Beratung und die Begleitung sind kostenfrei.

Wer die Hilfe in Anspruch nehmen möchte oder sich für den Qualifizierungskurs zum Ehrenamtlichen Hospizbegleiter interessiert, der kann über 02631/344240, info.ambulantes-hospiz-neuwied@marienhaus.de oder www.ambulantes-hospiz-neuwied.de Kontakt aufnehmen.

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