Bei vielen niedergelassenen Hausärzten zeigt sich derzeit das gleiche Bild: Das Patientenaufkommen in der Praxis ist deutlich gesunken, dafür glühen die Telefonleitungen. 25 bis 30 Anrufe verunsicherter Patienten mit grippalen oder Erkältungssymptomen erreichen den Bad Hönninger Allgemeinmediziner Christoph Höhler täglich. Ihm bleibt momentan nur die telefonische Anamnese: „Mangels Schutzkleidung können wir auf diese Leute im Moment nicht draufschauen. Ich würde aber zum Beispiel schon gern auch die Lunge abhören. Und was passiert, wenn ein Corona-Patient, der nur leichte Symptome hat, einen akuten Hexenschuss erleidet oder sich in den Finger schneidet?“, fragt Höhler. Neben der Abnahme von Abstrichen für Tests kann Patienten in der Corona-Praxis auch in solchen Fällen künftig geholfen werden, anders als in der Neuwieder Fieberambulanz, in der vorwiegend auf das Virus getestet werden soll.
Die Vorteile der Corona-Praxis liegen auf der Hand: Patienten mit „normalen“ Erkrankungen und Corona-Infizierte oder Verdachtsfälle werden räumlich voneinander getrennt behandelt, das Infektionsrisiko in den Praxen sinkt. Auch mit den Beständen an Schutzkleidung und Masken, an denen es momentan überall mangelt, wird materialschonender umgegangen, weil sie jeweils für die Corona-Sprechstunde anbehalten werden können. Beteiligt sind die Praxen von Christoph Höhler und Kinderärztin Barbara Sterz in Bad Hönningen sowie die von Thomas King und Jürgen Sterz in Rheinbrohl. Im Wechsel wollen die Ärzte die Sprechstunde in der Sprudelhalle besetzen. Jeweils ein Mediziner und eine Sprechstundenhilfe werden anfangs jeweils für etwa zwei Stunden werktags die Patienten empfangen. Zwei abgetrennte Behandlungsbereiche, ein Arbeitsplatz mit Computer und eine großflächige Wartezone mit genügend Abstand stehen bereit.
Der Beauftragte der Verbandsgemeinde, Reiner W. Schmitz, hat dafür gesorgt, dass die technischen Voraussetzungen in der Sprudelhalle schnell geschaffen wurden. Den Vorstoß der Ärzte, eine Corona-Praxis einzurichten, habe er sofort unterstützt, nachdem sich die Kassenärztliche Vereinigung (KV) vergangene Woche in einem dringenden Appell an niedergelassene Ärzte gewandt hatte, teilt er mit. „Gesucht werden Vertragsärzte aller Fachrichtungen für Diagnostik und Therapie in Corona-Ambulanzen sowie solche, die ihre Praxen zu Corona-Praxen erklären oder spezielle Corona-Sprechstunden anbieten. Corona-Ärzte werden mit persönlicher Schutzausrüstung ausgestattet“, heißt es in dem Aufruf unter anderem. Auf die zugesagte Schutzausrüstung warten die Hönninger Ärzte jetzt. Sobald sie eintreffe, könne die Sprechstunde beginnen, sagt Höhler. Laut Schmitz wird sie wahrscheinlich am Montag erstmals stattfinden. Die Genehmigung der KV liegt mittlerweile vor.