Bürgermeister Fischer und Ratsmitglied Nonnen im Interview
Ärger um die Finanzen in der VG Linz: Ratsmitglied und Bürgermeister im Interview
Durch die Corona-Krise könnten die Finanzen der VG Linz ins Wanken geraten.
dpa

Linz. Die Bewältigung der Corona-Krise verschlingt Unmengen an Geld. Woher nehmen, ist die Frage. In der kommenden Sitzung des Linzer Verbandsgemeinderates, Donnertag, 4. Juni, legt Bürgermeister Hans Günter Fischer einen Nachtragshaushalt vor, der eine Erhöhung der Verbandsgemeindeumlage um 284.000 Euro beinhaltet. Der Haupt- und Finanzausschuss hat bereits grünes Licht gegeben.

Durch die Corona-Krise könnten die Finanzen der VG Linz ins Wanken geraten.
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Das Linzer Ratsmitglied Detlev Nonnen, der viele Jahre Finanzbürgermeister in Chemnitz war, kritisiert diese Erhöhung, die von der Stadt Linz und den sechs Ortsgemeinden zu zahlen ist. „Überhaupt nicht notwendig“, sagt er. Die Rhein-Zeitung hat Fischer und Nonnen Fragen gestellt, die das finanzielle Dilemma, in dem Städte, Gemeinden und Verbandsgemeinden derzeit stecken, beleuchten. Eins zeichnet sich ab: Den Letzten beißen mal wieder die Hunde. Die Corona-Zeche zahlen Städte und Gemeinden und ganz am Ende die Steuerzahler – die Bürger.

Detlev Nonnen Foto: privat

Herr Nonnen, warum ist die geplante Erhöhung der VG-Umlage Ihrer Ansicht nach nicht zwingend notwendig?

Detlev Nonnen: „Der Verbandsgemeindehaushalt 2020 weist einen Überschuss von 360.000 Euro aus. Im Übrigen hat die Verbandsgemeinde von 2016 bis 2018 Überschüsse in Höhe von 4,8 Millionen erwirtschaftet und in die Rücklage gesteckt. Die Erhöhung der Umlage um 284.000 Euro ist also nicht notwendig. Dass die Verbandsgemeinde (VG) Linz in dieser Situation die Umlage erhöht, ist ein fatales Signal. Bund und Länder verhandeln gerade über einen kommunalen Rettungsschirm in einer Höhe von 11,8 Milliarden Euro, um die Gewerbesteuerverluste der Gemeinden auszugleichen. Diese Bemühungen werden durch diesen unsolidarischen Akt der VG Linz konterkariert.“

Passt diese Umlageerhöhung in die Krise?

Detlev Nonnen: „Gar nicht. Diese Erhöhung verschärft die finanziellen Probleme. Ich war in der schweren weltweiten Finanzkrise 2008/2009 Finanzbürgermeister der Stadt Chemnitz und weiß, welcher Tsunami da auf unsere öffentlichen Haushalte zurollt. Wir stehen nicht nur gesundheitlich, sondern auch finanz- und wirtschaftspolitisch erst am Anfang der Pandemie.“

Was befürchten Sie: Müssen in Linz wichtige Zukunftsprojekte gestrichen werden?

Detlev Nonnen: „Die Stadt Linz blickt auf geschätzte Mindereinnahmen von 1,5 Millionen Euro. Die Erhöhung der Umlagen bedeutet allein für Linz Mehrausgaben von rund 88.000 Euro. Das wird unweigerlich zu einem defizitären Haushalt führen. Wir dürfen allerdings der Krise nicht hinterhersparen und die Zukunft unserer Stadt aufs Spiel setzen.“

Hans Günter Fischer      Foto: VG Linz
vg linz

Herr Fischer, warum müssen die Umlagen erhöht werden?

Hans Günter Fischer: „Die Krise trifft uns alle. Auch die Verbandsgemeinde hat Mindereinnahmen und Mehrausgaben. Ein Minus bei der Vergnügungssteuer, im kommenden Jahr treffen uns über die Verbandsgemeindeumlage die Mindereinnahmen der Kommunen bei der Gewerbe- und Einkommensteuer. Wir haben Mehraufwendungen von 100.000 Euro für EDV-Homeoffice der VG-Mitarbeiter. Schutzmasken, Schutzmittel und -ausrüstungen für Feuerwehr/Verwaltung/Schulen/Kindergärten gehen auf das Konto der VG. Ebenso wie die Kosten für die Corona-Ambulanz“, zählt Fischer auf.

Sehen Sie bei den Kommunen der VG, die ohnehin knapp bei Kasse sind, Zukunftsprojekte in Gefahr?

Hans Günter Fischer: „Die Perspektive für die Kommunalhaushalte 2020 und die Folgejahre ist düster. Die Kommunalaufsicht sollte Haushalte und anstehende Nachtragshaushalte unverzüglich genehmigen und Auflagen aufheben. Die Kommunen müssen handlungsfähig bleiben. Die Entscheidungshoheit liegt bei den Räten, ob alle geplanten Maßnahmen trotz geringer Einnahmen ausgeführt werden müssen.“

Fühlen Sie sich von Kreis und Land nach dem Motto „den Letzten beißen die Hunde“ im Stich gelassen?

Hans Günter Fischer: „Hätten wir auf Finanzmittel von Land oder Kreis gewartet, hätten wir in dieser Krise, in der es um Leben und Tod geht, nichts zum Schutz unserer Bürger auf den Weg gebracht. Bis zum heutigen Tag hat kein einziger Bürgermeister irgendeine konkrete Finanzhilfe erhalten, die die kommunalen Schutzmaßnahmen zur Abwehr der Corona-Pandemie auch nur teilweise ausgleichen würde. Die Unterstützungsgelder stecken womöglich auf dem Weg bis zu den Kommunen fest. Zum geplanten Rettungsschirm von Bund und Land gibt es nach wie vor keine verwertbaren Informationen. Die Spitzenverbände fordern aus guten Gründen schon lange Zeit eine bessere Ausstattung der Kommunen. Zusammenfassend muss man sagen: Selten trifft der Satz 'die Letzten beißen die Hunde' besser zu als hier.“

Die Fragen stellte unsere Reporterin Sabine Nitsch

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