Bad Hönningen. Die Kassen der Stadt Bad Hönningen sind leer. Der Haushalt für 2025 ist defizitär. Die Kommunalaufsicht fordert von der Stadt, einen dicken Rotstift anzusetzen. Alle Ausgaben müssen auf den Prüfstand. Geld darf nur noch für Pflichtausgaben ausgegeben werden. Die finanzielle Unterstützung von Festen und Veranstaltungen gehört nicht dazu. Das bedeutet: Der Weihnachtsmarkt steht auf der Kippe. Das Weinblütenfest wurde bereits abgesagt. Ob der jährliche Seniorennachmittag stattfinden kann, steht noch in den Sternen. Auch diejenigen Bauhofstunden, die unter freiwillige Leistungen fallen, darf die Stadt nicht mehr beauftragen. „Wir versuchen im Moment alles, um die Feste und Veranstaltungen doch noch unterstützten zu dürfen. Uns blutet wirklich das Herz“, bringt Stadtbürgermeister René Achten die Lage auf den Punkt. Das gesellschaftliche Leben komme spürbar zum Erliegen.
Traditioneller Rathausempfang der Karnevalisten ist in Gefahr
Nicht mal der traditionelle Empfang der Karnevalisten im städtischen Rathaus an Karnevalssamstag darf stattfinden. Denn er kostet Geld, was die Stadt laut Kommunalaufsicht, die den Vorgaben der Landesregierung folgt, nicht ausgeben darf. „In diesem Jahr ging das nur, weil es einen Sponsor gab“, so Achten, der nicht verrät, dass er selber der Sponsor war.
Weihnachtsmarkt braucht noch ein Weihnachtswunder, damit er stattfinden kann
Für alle anderen Veranstaltungen und Feste gibt es aktuell nicht nur kein Geld, sondern auch die Zeit läuft davon. Volker Risse hat wenig Hoffnung, dass der Weihnachtsmarkt, der in Bad Hönningen Adventszauber heißt, in diesem Jahr stattfinden kann. Er ist der ehrenamtliche Marktleiter und er sitzt für die CDU im Rat. „Die Stadt und die Werbegemeinschaft unterstützen den Markt. Es war eine Hiobsbotschaft, dass das Geld in diesem Jahr von der Stadt wahrscheinlich nicht fließt. Ohne diese finanzielle Unterstützung können wir das aber nicht stemmen. Die Einnahmen durch die Standbetreiber decken die Ausgaben nicht“, erläutert Risse und verweist auf den Zeitfaktor „Die Vorbereitungen des Adventszaubers laufen eigentlich Ende April an. Verträge müssen gemacht werden. Wir brauchen verbindliche Zusagen, bestenfalls von der ADD, dass die Stadt den Markt unterstützen darf, und wir brauchen auch Sponsoren, falls der Betrag viel geringer ausfallen muss“, sagt er.
Unternehmen haben nach Steuererhöhungen kaum Geld für Sponsoring
Das Thema Sponsoren sieht Achten kritisch. „Es wäre natürlich wünschenswert, wenn sich ortsansässige Firmen, Unternehmen aber auch Privatleute finden ließen, die bereit sind, die Veranstaltungen zu unterstützen. Aber wir mussten grade die Steuern wieder erhöhen. Die Gewerbesteuer um satte 35 Punkte.“ Einige hätten bereits abgewunken, weil kein Geld für Sponsoring mehr übrig sei.
„Es ist ein Trauerspiel. Auch für die Menschen, die sich jedes Jahr auf den Adventszauber und die anderen Feste freuen“, sagt Achten. „Ich habe Ministerpräsident Alexander Schweitzer schon vor Wochen zu den Themen angeschrieben und gebeten eine langfristige Lösung für die kommunale Finanzsituation zu finden. Leider habe ich noch keine Antwort bekommen. Es gibt auch Gespräche mit der ADD im Hinblick auf die freiwilligen Ausgaben. Aber das alles braucht Zeit und die haben die Organisatoren nicht,“ so der Stadtbürgermeister.
Das Weinblütenfest musste abgesagt werden
Für das Weinblütenfest im Juni gibt es schon keine Hoffnung mehr. „Wir mussten es leider absagen“, sagt Achten. Ob der traditionelle Seniorennachmittag in der Sprudelhalle im November stattfinden kann, steht noch in den Sternen. Rund 5000 Euro kostet er die Stadt. Im vergangenen Jahr musste er umständehalber ins Gemeindezentrum ausweichen. Dort konnte er immerhin 1500 Euro preiswerter über die Bühne gehen. In der vergangenen Sitzung folgte der Stadtrat dem Antrag der SPD, den Nachmittag wieder in die Sprudelhalle zu verlegen. Ob der Beschluss zum Tragen kommt, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar. Auch nicht, ob die Stadt noch das Hohe Haus oder Sportvereine unterstützen kann. Das muss sich ebenfalls noch rausstellen. „Die Sportvereine werden seit Jahren unterstützt. Das ist vertraglich vereinbart und das wollen wir auch weiterhin tun. Wir argumentieren gegenüber der ADD, dass die Förderung durch die Verträge Pflichtaufgabe sind“, sagt Achten, der hofft, dass diese Unterstützungen nicht doch dem Rotstift zum Opfer fallen müssen.
Pfingstspektaculum hat neuen Veranstalter
Immerhin, das alljährliche Pfingstspekataculum ist gerettet. Die Stadt ist zwar nicht Veranstalter, sie hat dennoch das Fest immer finanziell unterstützt. „Es hat sich ein neuer Veranstalter gefunden, der das Fest komplett in Eigenregie durchführt. Wir stellen nur das Grundstück zur Verfügung“, so Achten.
Hohe Gewerbesteuernachzahlung führen letztlich zum Minus im Haushalt
Das ganze Desaster scheint kaum nachvollziehbar, wenn man sich daran erinnert, dass die Stadt sich noch 2024 über einen echten Geldsegen freuen konnte. Sie erhielt eine einmalige Gewerbesteuerzahlung in Höhe von 3,2 Millionen Euro. Damit war sie zum Ende des Jahres formal zwar schuldenfrei, aber die bedrückende Realität hat sie in diesem Jahr in Form von hohen Umlagen eingeholt. Denn 82 Prozent des Geldsegens müssen 2025 als Umlagen abgeführt werden: 43 Prozent an den Kreis Neuwied und 39 Prozent an die Verbandsgemeinde Bad Hönningen. Damit verbleiben der Stadt lediglich 576.000 Euro zur tatsächlichen Entschuldung. „Die Situation ist schwierig: Einerseits wurden unsere Schulden formal getilgt, andererseits entstehen uns durch Umlagen neue Belastungen“, so Achten. Vor diesem Hintergrund hatte die Kommunalaufsicht der Stadt schon weitere Steuererhöhungen ins Aufgabenheft geschrieben. Die Grundsteuer B wurde auf 695 Prozent angehoben. Dabei hatte der Stadtrat im Dezember verabschiedeten Haushalt 2025/26 bereits den Hebesatz von 470 auf 620 Prozent erhöht.