VG Rengsdorf-Waldbreitbach 
Achim Braaschs Standpunkte vor der Stichwahl
Achim Braasch (freier Bewerber), Bürgermeisterkandidat der VG Rengsdorf-Waldbreitbach
Daniel Dresen

Die VG Rengsdorf-Waldbreitbach wählt am Sonntag (27. April) in einer Stichwahl den neuen Bürgermeister. Achim Braasch (freier Bewerber) beantwortet kurz vor der Entscheidung zehn Fragen zu den drängendsten Themen in der größten VG im Kreis Neuwied. 

Der Einzelbewerber Achim Braasch (53) tritt am Sonntag (27. April) in der Stichwahl um das Bürgermeisteramt der VG Rengsdorf-Waldbreitbach gegen Pierre Fischer (29, CDU) an. Unsere Zeitung hat den beiden Kandidaten zehn identische Fragen zu den wichtigsten Themen in der VG gestellt.

Herr Braasch, stehen Sie bedingungslos hinter der mindestens 15 Millionen Euro teuren Sanierung des Wiedtalbads? Was werden Sie tun, damit das Millionenprojekt der VG nicht finanziell das Genick bricht?

Ich stehe weiterhin hinter der Sanierung des Hallenbades sowie der Errichtung eines Lehrschwimmbeckens, zumal diese Investition im Wesentlichen durch die Else-Schütz-Stiftung finanziert wird. Kritisch sehe ich weiterhin die Freibadkomponente. Als VG unterhalten wir bereits ein großes Freibad in Rengsdorf. Zusätzlich gibt es noch ein Freibad in der Ortsgemeinde Straßenhaus im Ortsteil Niederhonnefeld. Aktuell beläuft sich das Defizit im Bäderbetrieb auf über 1,3 Millionen Euro jährlich. Ziel muss es sein, dieses laufende Defizit zu reduzieren. Entscheidend ist dabei auch das Energiekonzept für das Bad in Hausen. Das Ergebnis hierzu steht noch aus. Danach wird sich der Verbandsgemeinderat wieder mit dem Thema auseinandersetzen. Zusätzlich zum jährlichen Defizit werden auch die Finanzierung der Sanierung und die Abschreibungen unseren Haushalt belasten. Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Zuschüsse von zusammen 6,5 Millionen Euro die Investitionssumme schmälern. Unser Hauptaugenmerk sollte aber ebenfalls auf den erwarteten Folgekosten, dem rechnerischen Gesamtdefizit, liegen.

Seit Jahrzehnten sehnen sich viele Anwohner in Straßenhaus nach einer Ortsumgehung. Stehen Sie hinter diesem Plan? Wenn ja, was wollen Sie tun, damit das Thema endlich über die Planungsphase hinauskommt? Gibt es bis zum Bau der Ortsumgehung Alternativen, wie der Durchgangsverkehr bis dahin verringert werden kann?

Die Ortsumgehung Straßenhaus ist bereits seit vielen Jahren „im Verfahren“. Ich hoffe, dass in diesem Jahr der angekündigte Planfeststellungsbeschluss für die Umgehung Straßenhaus erlassen wird. Die B256 bedarf meiner Meinung nach einer gesamtheitlichen Betrachtung. Über den Streckenabschnitt „Ausbauende Rengsdorf“ bis „Planung Straßenhaus“ spricht aktuell niemand. Auch hier besteht Planungsbedarf. Das Gleiche gilt für den Bereich „Straßenhaus bis zur A3“. Hier wurde der kommunalen Familie schon im Herbst 2018 seitens des Wirtschaftsministeriums eine Kosten-Nutzen-Analyse/Variantenuntersuchung in Aussicht gestellt. Leider bisher ohne Ergebnis. Gerne wiederhole ich hier meinen Vorschlag für eine verlängerte/zusätzliche Autobahnauf- und abfahrt im Bereich der Linkenbacher Brücke, um das Gesamtverkehrsaufkommen zu teilen. Wirkliche Alternativen, den aktuellen Verkehr spürbar zu verringern, gibt es keine. Den Schwerlastverkehr wieder über die L258 durch Anhausen zu leiten, ist für mich keine Alternative. Wir müssen vielmehr alles daransetzen, die oben angesprochenen Lösungsvorschläge zeitnah auszuarbeiten und danach natürlich auch umzusetzen.

Die medizinische Versorgung in der VG ist ein wunder Punkt. Welche konkreten Maßnahmen wollen Sie treffen, damit sich die Situation verbessert?

Hier sind wir bereits auf einem guten Weg. Gemeinsam mit der Ärzteschaft werden unter Einbindung der Kassenärztlichen Vereinigung Lösungsmöglichkeiten erarbeitet. Wir sollten als VG Finanzmittel zur Verfügung stellen und, je nach Bedarf, Praxisräume anmieten beziehungsweise auch vorhalten. Vorteilhaft wäre es meiner Meinung nach auch, ein konkretes Förderprogramm aufzulegen und so beispielsweise die Einstellung von Assistenzärzten oder auch die Einrichtung von Ärztehäusern finanziell zu unterstützen. Auch im Hinblick auf den Bürokratieabbau halte ich eine Unterstützung für sehr wichtig. Dabei ist der Blick auf die gesamte VG, das heißt ins Wiedtal, ins Rengsdorfer Land und ins Kirchspiel Anhausen zu richten.

Die VG gilt als eine der wirtschaftsstärksten Gebietskörperschaften im Kreis Neuwied. Was wollen Sie konkret tun, damit das so bleibt? Ist die Erschließung neuer Gewerbegebiete die einzige Lösung?

Wirtschaft zu fördern, war und ist eines meiner Hauptziele. Geht es der Wirtschaft gut, geht es den Menschen und den Ortsgemeinden gut. Man muss zuerst einmal auf die Wirtschaft hören. Welche Anregungen, Wünsche und Vorschläge werden an uns herangetragen, um dann gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Angefangen beim Flächenbedarf über Infrastruktur, Ausgleichsflächen, mögliche Förderberatungen bis zur alltäglichen Unterstützung und natürlich der Berücksichtigung im Vergabeverfahren. Die Möglichkeiten sind vielfältig, und es würde der Bedeutung nicht gerecht, das Thema nur auf die Ausweisung neuer Flächen zu reduzieren.

Der Bau von Windkraftanlagen und Solarparks stößt häufig auf Widerstände aus der Bevölkerung. Wie stehen Sie zum geplanten Bau solcher Anlagen in den Dörfern der VG?

Reinen Solarparks stehe ich grundsätzlich kritisch gegenüber. Der sparsame Umgang mit Grund und Boden sollte ein Ziel von uns allen sein. Großflächenphotovoltaikanlagen konkurrieren im Wesentlichen mit der Landwirtschaft, der ich für die Futter-und Lebensmittelproduktion den Vorrang geben möchte. Wir haben immer noch so viele ungenutzte Dachflächen, die ohne eine zusätzliche Flächeninanspruchnahme mit Photovoltaik belegt werden könnten, dass wir vielmehr hierauf unser Augenmerk richten sollten. Auch die bereits existierende Solargenossenschaft Rengsdorfer Land könnte ihre Aktivitäten noch erweitern. Bei der Ausweisung neuer Gewerbeflächen sollten Dach- und/oder Fassadenphotovoltaikanlagen verpflichtend vorgesehen werden. So hätten wir eine Doppelnutzung der Flächen ermöglicht. Agri-Photovoltaikanlagen sind für mich ebenfalls denkbar. Bei Windkraftanlagen ist für mich die konkrete Einzelfallprüfung entscheidend. Grundsätzlich sollte die Kernzone unseres Naturparks unberührt bleiben. Ebenfalls begrüße ich eher konzentrierte Standorte als eine Verspargelung mit Einzelanlagen. Wichtig ist bei allen Planungen die frühzeitige und umfängliche Einbindung aller betroffenen Ortsgemeinden und natürlich deren Bürgerinnen und Bürger.

In einigen Dörfern sind Neubaugebiete außerhalb der Ortskerne entstanden, die teilweise auf eine geringe Nachfrage stoßen. Inwieweit sollten die Dörfer der VG versuchen, eher leer stehende Gebäude und Schrottimmobilien in den Ortskernen aufzukaufen, damit diese wieder mit Leben gefüllt werden und keine neuen Flächen erschlossen werden müssen?

Schon seit Jahren werbe ich für das Förderinstrument der Dorferneuerung, setze es gemeinsam mit dem Gemeinderat in Oberraden aktiv um, und berate soweit möglich auch heute schon andere Ortsgemeinden und deren Bürgerinnen und Bürger dementsprechend. Innenentwicklung geht vor Außenentwicklung. Das war und ist meine Handlungsgrundlage, welche wir auch in Oberraden erfolgreich praktizieren. Als Verbandsgemeindeverwaltung können wir unseren Ortsgemeinden zur Seite stehen und diese bei pragmatischen Lösungen innerhalb der Ortslagen beraten. Unabhängig ob Erwerb und Abriss von Immobilien oder nur Erwerb und Neuparzellierung, die Chancen und Möglichkeiten sind vielfältig.

Das ÖPNV-Angebot in der VG, insbesondere die Busverbindung zwischen Rengsdorf und Waldbreitbach, lässt zu wünschen übrig. Was wollen Sie tun, damit das Angebot zwischen den beiden Alt-VGs nutzerfreundlicher gestaltet wird?

Hier gilt es zuerst einmal, die konkreten Bedarfe der Bürgerinnen und Bürger zu erfragen. Gemeinsam mit der Kreisverwaltung müssen dann entsprechende Lösungskonzepte erarbeitet und umgesetzt werden. Vielleicht könnte die Verbindung zwischen dem Wiedtal und dem Rengsdorfer Land auch als Pilotstrecke für das On-Demand-System im ÖPNV, das heißt ein auf den Bedarf ausgerichtetes Abrufsystem, dienen.

Nach der Flut im Ahrtal gibt es Bemühungen, die Hochwasser- und Starkregenschutzmaßnahmen auch in der VG, insbesondere im Wiedtal, zu erhöhen. Wie würden Sie den aktuellen Hochwasser- und Starkregenschutz bezeichnen? Wo gibt es Nachbesserungsbedarf?

Unser Konzept für die sechs Wiedtal-Gemeinden steht kurz vor der Verabschiedung. Über 200 Einzelmaßnahmen sind dort aufgeführt. Sie betreffen sowohl die VG direkt als auch jede einzelne Ortsgemeinde sowie alle Bürgerinnen und Bürger. Einen 100-prozentigen Schutz für Extremereignisse wird es zwar nicht geben, aber mit der Stärkung des Bewusstseins der Betroffenen und vielen kleinen Bausteinen können wir gemeinsam den Schutz nachhaltig verbessern. Gerade im Bereich der Wied ist auch die Kreisverwaltung mit zuständig, und ich bin froh, dass mit den neuen Pegeln in Neustadt und in Oberhoppen bereits eine bessere Vorwarnung für die Bürgerinnen und Bürger unserer Unterlieger-Gemeinden gegeben ist.

Als VG-Bürgermeister sind Sie auch Dienstherr von mehr als 200 VG-Mitarbeitern und mitverantwortlich für die 400 ehrenamtlichen Feuerwehrleute. Wie wird sich deren Arbeitsalltag in den kommenden acht Jahren unter Ihnen entwickeln?

Die Mitarbeitenden sind das wichtigste Gut des Bürgermeisters beziehungsweise der Bürgerinnen und Bürger. Mit guten, gut ausgebildeten und motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Verwaltung der Motor für uns alle. Das gilt in einer Verwaltung ebenso wie in der freien Wirtschaft. Eine gute Mitarbeiterführung und stets ein offenes Ohr für deren Belange werden mein Ziel sein. Als Leiter einer Abteilung bringe ich bereits heute die erforderliche Führungserfahrung mit in das Amt.

Die Fusion der beiden alten VGs ist fast siebeneinhalb Jahre her. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie den Austausch und den Zusammenhalt zwischen den Menschen im Wiedtal und im Rengsdorfer Land fördern?

Es gilt, das Wir-Gefühl zu stärken. Die bestehenden Ansätze über die Vereinsaktivitäten sind hervorragend und sollten weiter ausgebaut werden. Als Beispiel nenne ich hier die neue gemeinsame Jugendspielgemeinschaft im Fußball. Auch die weiterführende Schule in Waldbreitbach baut Brücken. Der Schulstandort ist dauerhaft zu sichern. Über einen intensiveren Austausch zwischen Ortsgemeinden und deren Gemeinderäte, auch über die unterschiedlichen örtlichen Projekte können wir sicher alle voneinander lernen und uns so stärker vernetzen.

Die Fragen stellte Daniel Dresen

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