Seit 2024 arbeitet die Landesbühne im Schlosstheater Neuwied intensiv mit der Aisthetos-Akademie zusammen, um gemeinsam ein Angebot im Bereich Theaterpädagogik zu generieren. Das ist ein interdisziplinärer Bereich, der das Theater als Instrument der Erziehung, Bildung und Therapie nutzt. Künstlerische, pädagogische und therapeutische Methoden werden verbunden, um Ziele im Kontext sozialer oder kultureller Einrichtungen zu erreichen.
Neben Projekten, in denen Schulklassen bei Theaterbesuchen mit Informationsmaterial und begleitender Betreuung unterstützt werden, wurde auch ein „Junges Ensemble“ gegründet. Das besteht aus einer Gruppe von Schülern und Schülerinnen aus Neuwied und Umgebung, die an den Themen Theater und Schauspiel interessiert sind. Gemeinsam mit ihnen und einem professionellen Team aus Gestaltern, Technikern und Schauspielern erarbeitet Institutsleiterin Sabine Parker regelmäßig Inszenierungen, die im Schlosstheater zur Aufführung kommen. Im vergangenen Jahr hatte das Stück „Zu Hause MokuPoku“ großen Erfolg.

Aktuell laufen die Vorbereitungen für die zweite Inszenierung der Reihe. In diesem Jahr wird das Stück „Corpus Delicti“ der deutschen Autorin Juli Zeh auf die Bühne gebracht. Es ist sowohl als Roman als auch in der Bühnenversion sehr erfolgreich und wird auch häufig im Schulunterricht behandelt.
Die dystopische Geschichte handelt von einer Gesundheitsdiktatur in naher Zukunft. Die darin dargestellte Herrschaftsform erhebt einen Unfehlbarkeitsanspruch. „Derzeit sind die Themen Demokratie und Diktatur so präsent wie noch nie in den vergangenen Jahrzehnten. Deshalb war es mir auch ein Anliegen, so ein Stück zu nehmen, um die Menschen zum Denken zu bringen – und dann bestenfalls auch zum Handeln. Die Themen Freiheit und Sicherheit stehen ja im Mittelpunkt dieses Stückes“, erklärt Sabine Parker.
Wenige Jugendliche und jüngere Erwachsene kommen ins Neuwieder Theater
Auch die Hoffnung, mit diesem aktuellen Thema die Schulen der Region zu erreichen, spielte bei der Auswahl eine Rolle. Während sowohl das Angebot des jungen Schlosstheaters für Kinder als auch das Programm der großen Bühne sehr gefragt sind, kommen nur sehr wenige Jugendliche und jüngere Erwachsene ins Neuwieder Theater. Intendant René Heinersdorff möchte hier für Bewegung sorgen.
„Als Landesbühne haben wir ja einen kulturellen Auftrag. Aber auch abgesehen davon halte ich es für enorm wichtig, dass gerade junge Leute unsere Kunstform kennenlernen. Die direkte Begegnung mit echten Menschen auf der Bühne ist etwas ganz anderes, als die mediale Berieselung, die heute fast überall stattfindet“, erklärt er. Heinersdorff wünscht sich, dass die Schulen aus der Stadt und Umgebung das Angebot wahrnehmen, ihren Unterricht durch einen Theaterbesuch zu erweitern.

„Die Termine liegen ja kurz vor den Sommerferien – da sollte sich ein Besuch für viele Klassen einrichten lassen“, ergänzt Sabine Parker – zumal einige Neuwieder Schüler zu sehen sein werden. Besonderes Glück hatte Elly Failer, die zum zweiten Mal bei einer Inszenierung dabei ist. Als eine der professionellen Darstellerinnen kurzfristig ihr Engagement absagen musste, fragte Parker die Abiturientin, ob sie sich zutraue, die Rolle der Richterin zu übernehmen. Kurzentschlossen sagte die selbstbewusste junge Frau zu und übernimmt nun den Part.
„Es geht in dem Stück um eine Gesellschaft, die manchmal funktioniert und manchmal auch nicht. Es geht darum, warum man zu sich selbst stehen und selber überlegen sollte – und nicht immer dem Schwarm hinterherrennen muss. Man kann und soll das machen, was man selber für richtig hält“, fasst Failer zusammen.
Zu sehen ist “Corpus Delicti" vom 28. Juni bis zum 3. Juli. Die ersten beiden Aufführungen finden am Wochenende jeweils um 17 Uhr statt, in der Woche gibt es dann Schulaufführungen um 10 Uhr. In Absprache mit dem Schlosstheater sind bei Interesse von größeren Gruppen oder Schulklassen auch weitere Aufführungen realisierbar.