Kreis Neuwied/Mittelrhein
Ab Montag fällt der Regionalexpress RE 8 zwischen Koblenz und Köln aus: Können Busse eine Alternative sein?
VIAS (RB 10) und RB 27 legen zwischen Koblenz Stadtmitte und Neuwied keinen Halt ein, während die Züge der Linie RE 8 auch die Stationen Koblenz-Lützel und Urmitz Brücke bedienen. Ab Montag übernimmt die RB 27 nur den Halt an der Urmitzer Brücke aber nicht in Lützel.
Hans-Peter Günther

Kreis Neuwied/Mittelrhein. Können Busse den ab Montag aufgrund von Corona-bedingten Personalproblemen der Bahn ausfallenden Regionalexpress zwischen Koblenz und Köln ersetzen? Der Plan der Bahn trifft auf Skepsis.

VIAS (RB 10) und RB 27 legen zwischen Koblenz Stadtmitte und Neuwied keinen Halt ein, während die Züge der Linie RE 8 auch die Stationen Koblenz-Lützel und Urmitz Brücke bedienen. Ab Montag übernimmt die RB 27 nur den Halt an der Urmitzer Brücke aber nicht in Lützel.
Hans-Peter Günther

DB Regio NRW plant eine „bedarfsgerechte und intelligente Buslösung“ für den Schülerverkehr, zudem werde ein Schienenersatzverkehr mit Bussen vorbereitet, der in Rheinland-Pfalz einmal pro Stunde den fünfwöchigen Ausfall des RE 8 („Rhein-Erft-Express“) auffangen soll, wie das Unternehmen der RZ auf Anfrage mitteilte. Nicht nur der Neuwieder Landrat Achim Hallerbach ist skeptisch, ob dies eine Lösung sein kann – auch Pendler zeigten sich bei einer RZ-Umfrage am Neuwieder Bahnhof ob der Situation in den kommenden Wochen wenig angetan.

Erst am Freitag nahm laut Hallerbach ein Mitarbeiter von DB Regio mit der Fachabteilung beim Kreis Neuwied Kontakt auf. Er stellte in Aussicht, dass es eventuell einen Schienenersatzverkehr für den RE 8 geben könnte. Hallerbach ist allerdings skeptisch, ob der so kurzfristig zur Verfügung gestellt werden kann, wie er gegenüber der RZ erklärte. Denn auch dafür wäre eine entsprechende Anzahl an Bussen nötig – und Personal, das diese fahren kann. Hinzu kommt, dass derzeit wegen einer Baustelle auf der B 42 der Straßenverkehr durch Rheinbrohl geleitet wird. „Den Pendlern wäre sicher mehr damit geholfen, wenn die Zugverbindungen zumindest zu den Hauptverkehrszeiten aufrechterhalten werden“, meint Hallerbach.

Aische Nowak ist eine dieser Pendlerinnen. Sie will auf dem Bahnsteig gerade erklären, wie sich die Fahrplanänderung für sie auswirkt, als die Lautsprecheransage auf Gleis 2 des Neuwieder Bahnhofs startet: Die Abfahrt des Zuges verzögert sich um zehn Minuten. Das gibt der jungen Frau, die in Königswinter wohnt und als Logopädin in einer Rehaklinik in Vallendar arbeitet, Gelegenheit, ausführlicher zu berichten.

„Wegen einer Baustelle muss ich seit einiger Zeit ohnehin regelmäßig in Neuwied umsteigen. Um pünktlich sein zu können, muss ich deshalb früher raus und morgens eine halbe Stunde Aufenthalt in Neuwied in Kauf nehmen. Am Nachmittag warte ich dann aktuell noch einmal zehn Minuten in Neuwied. Wenn der RE 8 ab der kommenden Woche nicht mehr fährt, verlängert sich dieser Aufenthalt dann auf etwa 40 Minuten“, beklagt sie.

Immerhin ist ihr Arbeitgeber tolerant. „Wenn ich – so wie heute – wegen einem Zugausfall mehr als eine Stunde zu spät ankomme, führt das nicht zu Problemen. Ich kann auf diesem Wege die anfallenden Überstunden ausgleichen.“

Der Regionalexpress am Neuwieder Bahnhof - ab Montag fällt er aus.
Rainer Claaßen

Katherine Ortiz hat zwei Jobs in Krankenhäusern in Neuwied und Koblenz. Regelmäßig nutzt sie für den Weg zwischen den beiden Arbeitsplätzen den RE 8. Dank glücklichem Timing wird sie die Auswirkungen des Ausfalls erst mal nicht bemerken – sie hat ab der kommenden Woche Urlaub. „Danach kann ich die Arbeitszeiten hoffentlich so anpassen, dass ich mit den Zügen fahren kann, die weiterhin auf der Strecke unterwegs sind“, erklärt sie.

Die könnten dann allerdings deutlich voller sein – spätestens, wenn die Schule Anfang September wieder beginnt. Das hat Annekatrin Hamann schon erlebt. Sie macht gerade ein Praktikum bei einem Buchverlag in Bonn und pendelt täglich mit der Bahn von Neuwied dorthin. Die Fahrzeiten des RE 8 passen gut zu ihren Arbeitszeiten. Aktuell versucht sie zu klären, ob sie etwas früher anfangen kann, da sie sonst jeden Morgen fast eine Stunde auf den Arbeitsbeginn warten müsste. „In der jüngsten Zeit sind ohnehin schon häufiger Züge ausgefallen – und seit der Einführung des 9-Euro-Tickets sind die Bahnen oft überfüllt. Wenn jetzt praktisch die Hälfte der Züge auf dieser Strecke nicht mehr fahren, dürfte es regelmäßig eng werden“, ahnt sie.

RB 27 kann nicht aufgestockt werden

Eine Aufstockung der Kapazitäten der Regionalbahn 27, die teilweise auf der selben Strecke unterwegs ist wie der RE 8, ist laut Bahn nicht ohne Weiteres möglich. „In Dreifachtraktion – also mit drei Fahrzeugteilen – können wir die Linie RB 27 aufgrund der Bahnsteiglängen leider nicht fahren. Mit den Zügen der RE 8 können wegen der Bahnsteiglängenbegrenzung maximal zwei Dreiteiler mit in Summe 308 Sitzplätzen fahren. Die Doppeltraktion der Züge auf der RB 27 bietet hingegen 412 Sitzplätze“, erklärt eine Bahnsprecherin gegenüber unserer Zeitung. Sie ergänzt, dass die DB ihre Kunden ausdrücklich um Entschuldigung bitte.

Katharina Helbach fährt einmal pro Woche morgens von Neuwied nach Köln und abends zurück – sie besucht dort im Rahmen eines dualen Studiums die Hochschule. Bezüglich der Zeiten ist sie relativ flexibel – sie bevorzugt den RE 8 vor allem, weil es sich darin angenehmer fährt. In den kommenden zwei Wochen erwartet sie noch keine intensiven Auswirkungen des Ausfalls. Wenn aber Anfang September die Ferien zu Ende gehen, rechnet sie damit, dass die verbleibenden Züge zu ihren Fahrzeiten deutlich überfüllt sein werden.

Tim Weißenfels arbeitet in Neuwied als Controller und reist regelmäßig mit der Bahn aus Bad Honnef an. Er kann nicht nachvollziehen, dass die Planung bei der Bahn hier so schlecht gelaufen ist. Überrascht ist er davon allerdings nicht: „Gerade gestern noch war die Strecke am Morgen komplett gesperrt. Bis die Bahn mitteilte, dass die Verbindung vorläufig ausfällt, hatte ich schon einige Zeit am Bahnhof verbracht. Ich kann in solchen Situationen zum Glück ins Homeoffice ausweichen – sonst käme die Bahn als Verkehrsmittel auch kaum in Frage“, fasst er seine Erfahrungen zusammen.

Von Rainer Claaßen und Tim Kosmetschke

Sturm der Empörung aus Rheinland-Pfalz

Nachdem die Bahn relativ kurzfristig angekündigt hatte, dass der RE 8 vom 15. August an für fünf Wochen ausfallen wird (die RZ berichtete), hatte es einen Sturm der Empörung aus Rheinland-Pfalz gegeben. Landrat Achim Hallerbach hatte auch als Vorsteher des Zweckverbands Schienenpersonennahverkehr Nord (SPNV Nord) die Entscheidung und Kommunikation der Bahn scharf kritisiert. Ihm schlossen sich die Bürgermeister der rechtsrheinischen Kommunen im Kreis Neuwied an, die unter anderem auch auf die Situation von Schülern hingewiesen haben, die Schulen in NRW besuchen, wo die Ferien bereits zu Ende gegangen sind.

Den Protest der Bürgermeister unterstützte auch Erwin Rüddel. „Das ist eine eigentlich so nicht hinnehmbare Zumutung“, schrieb der CDU-Bundestagsabgeordnete aus dem Kreis Neuwied, der ankündigte, mit dem zuständigen Bevollmächtigten der Deutschen Bahn in Kontakt zu treten. In einer Resolution hat der Verbandsgemeinderat von Unkel nun auf Antrag der CDU-Fraktion gefordert, den RE 8 zumindest in den Hauptverkehrszeiten aufrecht zu erhalten. CDU-Fraktionsvorsitzender Stefan Schmitz sprach von einer „verkehrspolitischen Geisterfahrt“. tim

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