Kürzung beim Grundrentenzuschlag: Ein Fall aus dem Kreis Neuwied zeigt die Probleme auf - Hunderte Betroffene in RLP
80 Euro weniger im Monat zur Verfügung: Warum die Rente einer Frau aus Neuwied plötzlich sinkt
Rente
Ein verrentetes Ehepaar aus dem Kreis Neuwied versteht die Welt nicht mehr: Zum 1. Juli 2023 erhöhte sich die Rente der Frau auf 1354,01 Euro. Grund zur Freude möchte man meinen. Doch durch die Verrechnung ihrer Rente mit der ihres Mannes liegt das Ehepaar nun über der Grenze von 2145 Euro für den Grundrentenzuschlag – und bekommt deshalb 80 Euro weniger im Monat. Symbolbild: dpa/Jan Woitas
Jan Woitas. picture alliance/dpa

„Die Rente steigt im Westen um 4 und im Osten um 5 Prozent“ – dieser Satz klingt in der Tagesschau immer gut für die knapp 21 Millionen Rentner in Deutschland. Doch dass effektiv Renten gekürzt werden, kommt in manchen Fällen auch vor. Eine Betroffene aus dem Kreis Neuwied schildert der RZ ihren Fall, mit dem sie nicht alleine ist.

Seit 2018 bezieht die Frau, die anonym bleiben möchte, Rente. Damals war sie 63 Jahre alt. Bis auf wenige Jahre der Kindererziehung sei sie immer berufstätig gewesen. Mit 35 Beitragsjahren gelte sie als langjährig Versicherte bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Ohne die Jahre der Kindererziehung wären sogar 45 Beitragsjahre zusammengekommen. Butter bei die Fische: Zum 1. Juli 2023 wurde ihre Rente turnusgemäß auf 1354,01 Euro erhöht. So weit, so gut.

Wegfall von Zuschlag ist Grund

Doch dann kam Anfang des Jahres der Schock: Im neuen Bescheid betrug ihre Rente auf einmal nur noch 1273 Euro – satte 80 Euro weniger. Der Grund: Durch die Verrechnung ihrer Rente mit der ihres Ehemannes liegt die Rente der beiden nun über der Grenze von 2145 Euro für einen Zuschlag, den das Paar bis dahin erhalten hat. Aus dessen Wegfall entsteht die Rentenminderung.

Sie und ihr Mann verstanden die Welt nicht mehr. „Die Lebensleistung der Rentner sollte gewürdigt werden. Das ist Betrug am Beitragszahler. Es kann doch nicht angehen, dass wir nun Rentenkürzungen hinnehmen müssen“, sagen die beiden Rentner aus dem Kreisgebiet. Sie kritisieren, dass Empfänger von Transferleistungen teilweise mehr Geld vom Staat erhalten würden als Menschen, die Jahrzehnte gearbeitet haben. Ein Unding, wie das Paar findet.

Widerspruch ist eingelegt

Die beiden Rentner hätten dahin gehend schon mit der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz telefoniert. Sie hätten ebenfalls schriftlich Widerspruch gegen den aktuellen Bescheid eingelegt, der zwar auf den Dezember 2023 datiert ist, jedoch erst Anfang Februar im Briefkasten gelandet sei. Eine Reaktion seitens der Deutschen Rentenversicherung habe es bislang nicht gegeben.

Der Knackpunkt in diesem Fall, so wird nach einer RZ-Anfrage bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz in Speyer klar, ist der sogenannte Grundrentenzuschlag. Dieser wurde im Januar 2021 eingeführt. Von ihm profitieren Rentner, die mindestens 33 Jahre eingezahlt haben und unterdurchschnittlich verdient haben, erklärt die DRV RLP. Die Grenze, bis zu welcher Rentenhöhe der Zuschlag voll gezahlt wird, liegt bei 1375 Euro für Alleinstehende und 2145 Euro für Verheiratete. Wer darüber liegt, bekommt weniger bis keinen Zuschlag mehr.

2023 gab es in Speyer 112 Widerspruchsverfahren

„Da das Einkommen zum 1. Januar eines jeden Jahres überprüft und neu bestimmt wird, kann sich der Grundrentenzuschlag verändern – entweder nach oben oder nach unten. Das ist von Gesetzes wegen ausdrücklich so vorgesehen und betrifft im Grunde genommen alle Rentnerinnen und Rentner, die einen Grundrentenzuschlag erhalten und bei denen das Einkommen über den Freibeträgen (1375 oder 2145 Euro) liegt“, erklärt die DRV.

Rund 32.000 der 642.000 rheinland-pfälzischen Rentner erhalten den Grundrentenzuschlag. Bei wie vielen dieser sich zum 1. Januar 2024 verringert hat, lasse sich in der Kürze der Zeit nicht eruieren, erklärt die DRV. Doch: Aus dem Jahr 2023 seien am Hauptstandort Speyer 112 Widerspruchsverfahren anhängig gewesen. Das lässt vermuten, dass die „Kürzungen“ in Rheinland-Pfalz in die Hunderte, wenn nicht sogar Tausende gehen.

Anrechnung der Ehegattenrente verfassungswidrig?

Die betroffenen Rentner aus dem Kreis Neuwied möchten dies jedoch nicht hinnehmen. In ihren Widerspruchsschreiben formuliert das Ehepaar, dass kein Anlass bestehe, „den sogenannten Grundrentenzuschlag zu streichen. An den für den Zuschlag erforderlichen Grundrentenzeiten hat sich nichts geändert. Es wird Einkommen angerechnet, obwohl außer der Rente kein Einkommen erzielt wird. Die Anrechnung des Ehegatteneinkommens bei der Grundrente ist verfassungswidrig“, kritisieren sie. Denn durch die Verrechnung der beiden Renten von Frau und Mann liege man nun über der Grenze von 2145 Euro für den Zuschlag.

Ob sie mit ihrem Widerspruch Erfolg haben werden, bleibt abzuwarten. Fakt ist, dass das Ehepaar nun 80 Euro weniger im Monat zur Verfügung hat und befürchtet, zum Sozialfall zu werden und in die Altersarmut abzurutschen. Gerade in Zeiten, in denen alles immer teurer wird.

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