Für den Beschuldigten sieht es derweil nicht gut aus. Aufgrund seiner Erkrankung, bei der zudem eine Demenz vorliegt, muss eine aufwendige Beweisaufnahme durchgeführt werden, da der Angeklagte sich an die Taten nicht mehr erinnern kann. Auch wenn die Beweisaufnahme derweil noch durchgeführt wird, liegt bereits eine klare Tendenz vor.
Aufenthalt im Nette-Gut droht
Ungepflegt, einsam und schwer erschöpft präsentiert sich der 63-Jährige. Ob er überhaupt versteht, warum seinetwegen aktuell verhandelt wird und welche Strafe ihm droht, darf angezweifelt werden. Nach mehreren Zeugenaussagen, die Tatvorwürfe im Vergleich zu anderen Gerichtsprozessen relativ nüchtern berichteten, wird dem Angeklagten wohl ein unbefristeter Aufenthalt im Nette-Gut drohen. Möglicherweise auch sein Leben lang, da er sich aktuell nicht selbst versorgen kann und laut Gutachten eine Gefahr für seine Mitmenschen darstellt.
Bis es zu den Taten kam, war der Angeklagte in einer Einrichtung im Kreis Neuwied untergebracht. Auf seiner Station lebten 18 bis 20 Bewohner. Im Raucherzimmer soll er beispielsweise einer anderen Patientin ein Messer an den Hals gehalten haben. Zwar konnte sich die Frau, die den Gerichtsprozess wohl aufgrund ihrer Medikamente als bemerkenswert belustigend wahrgenommen hat, nach ihren eigenen Angaben an die Tat erinnern, verharmloste diese aber. Vielmehr könnte sie sich an die guten Zähne des 63-Jährigen erinnern, weswegen sie ihn seinerzeit auch nach seinem Zahnarzt gefragt habe.
Muss ich denn erst etwas tun, damit was passiert?
Der 63-jährige Angeklagte soll mit diersen Worten eine Pflegerin bei der Essensausgabe bedroht haben.
Relativ nüchtern berichtete eine Pflegerin der Einrichtung von einem Zwischenfall mit dem 63-Jährigen. Bei der Essensausgabe nahm der 63-Jährige sie in den Schwitzkasten und drängte sie an eine Wand: „Du machst jetzt sofort die Tür auf!“, soll er damals zu ihr gesagt haben und ihr einen Kugelschreiber so an den Hals gedrückt haben, dass die Spitze abbrach. Außerdem habe er die Frage gestellt: „Muss ich denn erst etwas tun, damit was passiert?“
Und das wird dem Angeklagten genau vorgeworfen: Dem 63-jährigen Beschuldigten wird von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt, während seiner Unterbringung wegen Fremdgefährdung nach dem Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG) im Zustand der Schuldunfähigkeit insgesamt vier Taten in der Unterbringungseinrichtung begangen zu haben.
So soll der Angeklagte am 7. November 2021 einer Pflegerin ein Haushaltsmesser an den Hals gehalten und diese in den Schwitzkasten genommen haben, um seine Entlassung aus der Unterbringung zu erreichen. Die Pflegerin soll hierdurch einen Schock erlitten und leicht am Hals verletzt worden sein. Im Anschluss daran soll der Beschuldigte eine weitere Mitarbeiterin der Einrichtung bedroht und versucht haben, diese mit dem Messer in den Bauch zu stechen, woraufhin diese den Beschuldigten aus der Einrichtung entlassen haben soll.
Mitpatientin in den Schwitzkasten genommen
Am 7. Dezember 2021 soll der Beschuldigte, nachdem er sich wieder in der Einrichtung befunden hatte, eine Mitpatientin mit einem Messer am Hals bedroht und ebenfalls in den Schwitzkasten genommen haben. Als ein weiterer Zeuge ihm das Messer entwenden wollte, soll der Angeklagte versucht haben, sowohl die Mitpatientin als auch den Zeugen mit dem Messer zu stechen. Schließlich soll der 63-Jährige am 9. Dezember 2021 eine Pflegerin gewürgt und dieser mit einem Kugelschreiber in den Hals gestochen haben, wodurch diese Rötungen und Kratzer am Hals erlitten haben soll. Die Staatsanwaltschaft beantragt deshalb die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus.
Die Verhandlung wird am Montag, 5. Dezember, um 9 Uhr von der 15. Strafkammer um Richter Dr. Gerald Prinz am Landgericht Koblenz fortgesetzt.