„Sie ist der Nachbau einer Dampflok, die bis in die 50er- und 60er Jahre Personen und Güterzüge über die Gleise zog. Nur kleiner. Sie ist eine Spur 1, im Maßstab 1:32 und hat eine Spurweite von 45 Millimeter“, erläutert der Modellbahnenthusiast, der vor 30 Jahren anfing, seinen 1000 Quadratmeter Garten in Neustadt in eine große Modelleisenbahnlandschaft zu verwandeln, zu seiner Lok. 200 Meter Gleise hat er verlegt. Nicht nur der originalgetreue Dampfloknachbau düst unter Zierbüschen und Stauden durchs Grün, sondern auch Güter- und Personenzüge.
In der KIndheit wurde der Samen der Bahnbegeisterung gesät
Die Leidenschaft für Modelleisenbahnen wurde dem 71-Jährigen schon in die Wiege gelegt. „Mein Opa war bei der Deutschen Bahn und wir haben in Engers direkt an der Bahn gewohnt. Mein Vater hat jedes Jahr vor Weihnachten im Weihnachtszimmer eine große Modellbahnlandschaft aus Draht und Gips aufgebaut. Als ich älter war, habe ich mitgeholfen. Jedes Jahr entstand eine andere Szene. Das hat mich wohl geprägt“, schwelgt er in Erinnerungen. Seine Leidenschaft für den Modelleisenbahnbau geriet nach der Schule in Vergessenheit, er studierte Elektronik, heiratete seine Frau Margit, das Paar bekam vier Kinder und hat jetzt sieben Enkel. Die Leidenschaft flammte aber erneut heftig auf, als er Anfang der 80er-Jahre eine Eisenbahnausstellung besuchte. „Da keimte der Samen offenbar, der in der Kindheit gesät worden war. Als wir unser Haus in Neustadt bauten, reifte die Idee, die Spur 1 quer durch den Garten fahren zu lassen“, berichtet er.
Und der Fahrzeugpark wuchs. Die ersten Züge, die unterm Lavendel durchfuhren, hat er bereits ersetzt. Jetzt zieht unter anderem eine V 200 die Waggons. „Sie war eine der ersten Diesel-Streckenlokomotiven der Deutschen Bundesbahn“, erläutert er. Die Lok im Westentaschenformat fährt aber nicht mit Diesel sondern mit Strom. „Eigentlich wird die Miniaturlok über die unter Strom stehenden Gleise versorgt. Es war aber sehr viel Arbeit die Schienen blitzblank zu halten, damit der Strom auch fließen kann“, so der Experte. Ständig habe er die Gleise von Blättern und Schmutz reinigen müssen.
„Es ist auch schon vorgekommen, dass ein Bekannter Gläser mit Kölsch in die Erzwaggons gestellt hat und durch den Garten zum Tisch transportierte. Sehr praktisch.“
Paul Ströder aus Neustadt
Auch Schnecken hätten immer wieder die Gleise vollgeschleimt. „Dann fließt kein Strom mehr. Die Stromversorgung war bei der Streckenlänge ohnehin ein Problem“, berichtet er von den täglichen Herausforderungen. Also stattete er die Loks mit Akkus aus und lenkt die Züge jetzt per Fernsteuerung durch die Beete. „Der Strom muss jetzt nicht mehr auf die Schienen und es ist kein Problem, wenn Schnecken über die Gleise schleimen“, stellt er lachend klar.
Die Echtdampfloks kamen 2010 auf die Schienen. „Ich habe sie auf einer Börse in Lahnstein für mich entdeckt. Sie fahren wie ihre die großen Vorbilder unter Dampf“, sagt er und zückt eine Wasserflasche, um den Tank aufzufüllen. Brennspiritus sorgt dafür, dass das Wasser zu Wasserdampf verkocht, für den Antrieb sorgt und aus dem Schornstein aufsteigt. „Sie fahren mit drei Bar Kesseldruck. Natürlich brauchen sie auch Öl zum Schmieren“, erläutert er. „Es ist auch schon vorgekommen, dass ein Bekannter Gläser mit Kölsch in die Erzwaggons gestellt hat und durch den Garten zum Tisch transportierte. Sehr praktisch“, meint er schmunzelnd.
Selbst gebaute Lok ist Ströders Jahrhundertprojekt
Was plant er für die Zukunft? Die Gleise will er nicht mehr erweitern. „200 Meter sind lang genug“, meint er. „Heute würde ich auch alles anders bauen. Auf Gestellen, höher, damit Schnecken nicht mehr alles vollschleimen können“, sagt Ströder und verrät nach kurzem Zögern, dass er doch noch ein großes Ziel hat. Er baut eine eigene Dampflok. Um den Beweis anzutreten, verschwindet er kurz in seiner Hobbywerkstatt und präsentiert den Nachbau einer BR 42, eine Güterzuglokomotive. „Nur die Räder sind gekauft, der Rest ist selbst gebogenes Blech und die anderen Teile sind auf der Drehbank selbst gefertigt“, erläutert der Modellbahnexperte. Immer wieder hat er sie umgebaut, weil der Perfektionist nicht ganz mit dem Ergebnis zufrieden war. „Sie hat nicht zu Hundert Prozent meine Erwartungen erfüllt. Da hab ich wieder von vorn angefangen“, beschreibt er sein Jahrhundertprojekt, wie er es nennt.
Die Lok sieht zwar bereits aus wie das Vorbild, aber eins ist klar: Wenn sie in den Augen von Ströder nicht absolut perfekt ist, darf sie keinen Güterzug durch den Garten ziehen.