Amtsgericht Cochem verurteilt 21-Jährigen zu drei Jahren und acht Monaten Haft - 20-jähriger Mitangeklagter erhält Jugendstrafe mit Bewährung
Zwischenfall am Amtsgericht Cochem: Aggressiver Angeklagter randaliert in der Zelle
Zwei Junge Männer mussten sich während einer Jugendschöffenverhandlung vor dem Cochemer Amtsgericht unter anderem wegen gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung verantworten. Foto: Archiv Kevin Rühle
Kevin Rühle

Cochem. Zwei junge Männer sitzen in der Jugendschöffenverhandlung beim Amtsgericht Cochem, wo sie unter anderem wegen gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung verurteilt werden.

Der 21-Jährige, der während der Verhandlung durch hohe Aggressionsbereitschaft und wütende Zwischenrufe auffällt, wird nach dem Erwachsenenstrafrecht zu drei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Der 20-Jährige, der ruhig und scheinbar teilnahmslos die Verhandlung verfolgt, erhält nach Empfehlung des Jugendgerichtshelfers Thomas Mauer eine Jugendstrafe, die das Gericht auf ein Jahr und drei Monate festlegt und zur Bewährung aussetzt.

Der jüngere Angeklagte hat zudem ohne ersichtlichen Grund Fensterscheiben einer Grundschule zerschlagen und einen hohen Sachschaden verursacht. Außerdem stellte die Polizei bei ihm 1,9 Gramm Marihuana sicher. Das Urteil gegen den 21-Jährigen umfasst auch Strafen für Sachbeschädigung, unerlaubten Waffenbesitz und Verstoß gegen die Führungsaufsicht. Das Vorstrafenregister des Angeklagten ist laut dem Vorsitzenden Richter Sven Kaboth „erschreckend“, es weist insgesamt acht Eintragungen auf, etwa wegen Körperverletzung, Diebstahl, Erpressung, Sachbeschädigung und unerlaubten Waffenbesitzes.

Die beiden Angeklagten legen Teilgeständnisse ab. Sie geben zu, dass sie im September 2021 gemeinsam am späten Abend an der Wohnungstür eines Bekannten in einem Moselort geklingelt und sich über die Gegensprechanlage als Polizisten ausgeben haben. Als der Bekannte die Tür öffnet, fallen sie nach dessen Zeugenaussage unvermittelt über ihn her. Der kräftig gebaute 20-Jährige nimmt den Mann in den Schwitzkasten, während der 21-Jährige ihn mit Schlägen und Tritten misshandelt. Dabei soll er ihm eine Druckluftpistole vorgehalten haben. Der Grund für den Überfall bleibt unklar.

Der 21-Jährige behauptet, dass sie nur eine Flasche Wodka bei dem Bekannten kaufen wollten, der jedoch als Erster zugeschlagen habe. Der 20-Jährige kann sich an den Grund nicht mehr erinnern, berichtet jedoch, dass er gehört habe, dass der Überfallene eine Frau vergewaltigt habe. Der Angeklagte sagt: „Ich habe nicht lange darüber nachgedacht.“ Dass er eine Pistole bei sich gehabt haben soll, streitet der 21-Jährige ab.

Ebenso weist er den Vorwurf zurück, dass an einem anderen Tag bei einer körperlichen Auseinandersetzung mit einem weiteren Bekannten ein Messer im Spiel gewesen sein soll. Ein Zeuge sagt aus, dass er das Messer in der Hand des Angeklagten gesehen habe, dem das Mitführen von Waffen untersagt ist und der unter Führungsaufsicht steht. Auslöser für den Streit zwischen dem Angeklagten und dem Bekannten ist wohl dessen Frau. Der Angeklagte behauptet: „Er hat mir zuerst eine Ohrfeige gegeben. Und ich darf mich doch wohl wehren.“ Das „Wehren“ besteht auch darin, dass er das Auto des Bekannten mit Tritten beschädigt. Wütend bestreitet der Angeklagte den von einer Autowerkstatt angegeben Schaden von rund 1900 Euro.

Dass sehr viel Wut und Aggressionspotenzial in ihm stecken, gibt der Angeklagte zu, auch dass er therapeutische Hilfe braucht. Doch Richter Kaboth erinnert ihn daran, dass er bislang jegliche in Jugendstrafanstalten angebotene Hilfe verweigert habe. Dieser Vorwurf macht den zornigen jungen Mann noch wütender, der nun behauptet, dass die Therapeuten „nur dummes Zeug reden und keine Ahnung haben“.

Während der Vorsitzende Richter und die Schöffen über die Urteile beraten, randaliert der Angeklagte in der Zelle des Amtsgerichts so heftig, dass polizeiliche Verstärkung angefordert werden muss. Vier Beamte führen den Mann zurück auf die Anklagebank, wo er vor Wut zitternd und sichtlich empört das Urteil entgegennimmt. Gleichwohl nimmt er das Urteil an, sodass es rechtskräftig ist.

Auch der jüngere Mitangeklagte nimmt das Urteil an. Bei ihm besteht immerhin die Hoffnung, dass er sein Leben ändert. Dabei soll ihn ein Bewährungshelfer unterstützen. Außerdem muss er, da er einer Arbeit nachgeht, 1000 Euro an eine Schule zahlen und sich einer Drogenberatung sowie regelmäßigen Screenings unterziehen.

Von unserer Mitarbeiterin Brigitte Meier

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