Letzte Kriegstage an der Mosel
Zwischen Furcht vor Bomben und Hoffnung auf Freiheit
Das Schreiben sei ihm relativ leicht gefallen, berichtet der Hobbyhistoriker Hans-Peter Seibold. Der wahre Aufwand verbarg sich im Sichten und Auswerten unzähliger lokaler, nationaler und sogar internationaler Quellen.
Johannes Kirsch

Wie erlebten die Menschen in der Region die letzte Phase des Zweiten Weltkriegs? Ein Klottener bringt Licht in ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte.

Dieser Tage wird vielfach an die Endphase des Zweiten Weltkriegs erinnert. Denn die Ereignisse von damals jähren sich zum 80. Mal. Trotz solcher in den Medien omnipräsenter Jahrestage sind die Geschehnisse in den Köpfen vieler Menschen weit weg. Selbst die Älteren unter uns waren häufig noch Kinder, als der Nazi-Terror ein Ende zu nehmen begann. Bei ihnen mag es zwar noch manche tief eingeprägte Erinnerung geben, aber gerade für viele Jüngere sind Berichte aus dieser Zeit oft sehr weit weg. Hans-Peter Seibold aus Klotten hat sich der Herausforderung angenommen, daran etwas zu ändern.

Er hat in einem 340-seitigen Übersichtswerk dokumentiert, was die Menschen an der Mosel, in der Eifel und im Vorderhunsrück erlebten und welches Leid ihnen widerfuhr. Unter dem fast poetisch anmutenden Titel „Funken im Moselschiefer“ – wobei unter „Funken“ herabfallende Bomben zu verstehen sind – verewigt er eine bedeutende Ära der Heimatgeschichte. Seine Motivation beschreibt er im Gespräch mit unserer Zeitung wie folgt: „Ich bin kein Historiker, der lediglich längst Bekanntes niederschreibt. Vielmehr will ich ergründen, welche Auswirkungen ein Weltkrieg hier vor Ort in unseren Dörfern hatte.“

Mehr als eine Chronologie der Ereignisse

Und tatsächlich bietet Seibolds Werk, das bald serienmäßig in den Druck gehen wird, einen Mehrwert für alle Heimatinteressierte. Das Herzstück bildet eine chronologische Darstellung der Ereignisse. „Ins Zentrum des Kriegsgeschehens rückte unsere Region erst ab Februar 1945, als die Amerikaner von Westen her durch die Eifel bis an den Rhein zogen. Als die 3. US-Armee unter General George Patton den Rhein nicht überqueren konnte, eroberte sie von Koblenz aus moselaufwärts kommend Ort um Ort an der Mosel und den angrenzenden Gebieten. Begleitet wurde die Eroberung von regelmäßigem Bombenfeuer“, berichtet der Klottener aus seinem ausgiebigen Wissensschatz.

Doch der Hobbyhistoriker Seibold erzählt nicht nur von Gefechten und dem sich verändernden Frontverlauf, sondern er nimmt die Menschen in den Blick. Dank ausführlicher Interviews mit Zeitzeugen und einer umfassenden Auswertung lokaler Quellen ist seine Dokumentation voller Lokalkolorit. Wenn er etwa berichtet, wie Josef Jung, der damalige Bürgermeister des Eifeldorfes Forst, SS-Soldaten, die sich in dem kleinen Ort aufhielten, durch kluge Taktik und weise Vorausschau zum Abzug gen Mosel bewegte und seine Gemeinde damit vor weiterer unnötiger Zerstörung und weiterem Leid bewahrte, wird eines sehr deutlich: Jene Zeit war geprägt durch einen äußerst schmalen Grat zwischen ständiger Angst auf der einen und der Sehnsucht nach der Befreiung von den Nationalsozialisten auf der anderen Seite.

„Ich bin kein Historiker, der lediglich längst Bekanntes niederschreibt. Vielmehr will ich ergründen, welche Auswirkungen ein Weltkrieg hier vor Ort in unseren Dörfern hatte.“ 
Hans-Peter Seibold

Als ehemaliger Ingenieur im Bereich der militärischen Rüstung bringt Seibold von Haus aus sehr viel Wissen in allen technischen Fragen des Krieges mit. Auch wenn dies die fachliche Qualität seines Buches zweifellos erhöht, lenkt er selbst den Blick auf etwas anderes: „Nach der chronologischen Darstellung der Kriegshandlungen würdige ich drei Personen, die sich in der NS-Zeit durch außergewöhnliche Zivilcourage hervorgetan haben, mit einem eigenen Kapitel.“ Allein dieser Abschnitt demonstriert eindrücklich, wie wichtig das Erinnern an jene schreckensvollen Tage bleibt – und zwar über alle Generationen hinweg.

Sehr viel Muße und sehr viel Fleiß hat der Klottener Hans-Peter Seibold investiert. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Auf den 340 Seiten des Buches „Funken im Moselschiefer“ steht nicht nur sehr viel Wissenswertes aus der Region, sondern Seibold hat auch penibel auf eine akkurate Dokumentation seiner Quellen geachtet.
Johannes Kirsch

Buchbestellung direkt beim Autor

Die an wissenschaftlichen Standards orientierte Dokumentation „Funken im Moselschiefer. Die Heimat unter Bomben im 2. Weltkrieg“ (ISBN: 978-3-00-081340-5) kann ab sofort direkt beim Autor unter hanspeterseibold@t-online.de bestellt werden. Der Preis für das 340 Seiten starke Übersichtswerk im DIN A4-Format beträgt 49 Euro. Weitere Informationen unter www.borberesch.de.

Top-News aus der Region