Luftalarm, die Angst vor Bombenangriffen und die Suche nach Schutz, um das eigene Leben zu retten, prägten das Leben der Klottener in der Zeit, in der der Zweite Weltkrieg an der Mosel zu Ende ging. Das war vor ziemlich genau 80 Jahren. Um die Ereignisse von damals nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, hat das Team des Klottener Dorfarchivs schon im vergangenen Sommer die Broschüre „Bomben über Klotten“ erstellt, in der vor allem die Angriffe vom August 1944 und Februar 1945 in den Blick genommen wurden. „Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Lage in Europa ist uns das ein wichtiges Anliegen“, erklärt Regina Locker.
Jetzt erscheint eine zweite Broschüre, in der vor allem Zeitzeugen zu Wort kommen und sich erinnern, wie sie persönlich die „schlächt (schlechte) Zeit“ erlebt haben. „Wir haben auf die erste Broschüre so viel Resonanz bekommen, dass wir beschlossen haben, einen zweiten Band herauszubringen“, meint Ingrid Steffens-Ackermann. Etliche Zeitzeugen, die damals noch Kinder waren, haben sich beim Dorfarchiv gemeldet, um ihre ganz persönlichen Erinnerungen zu erzählen. „Das ist alles 80 Jahre her, aber die Leute erinnern sich, als sei es gestern gewesen“, fügt sie an.
27 Zivilisten kamen ums Leben
Im März 1945 marschierten amerikanische Truppen in Klotten ein. „Laut Augenzeugen kamen die Befreier die Hohlstraße runter, während sich deutsche Truppen auf der gegenüberliegenden Moselseite verschanzten“, sagt Margret Balthasar, deren Großvater in diesen Tagen sein Leben lassen musste. „Mein Opa wollte Kinder, die sich auf der Straße aufhielten, zu ihrem Schutz nach Hause schicken. Dabei wurde er selbst von einer Kugel getroffen“, sagt sie. Die Amerikaner brachten ihn noch nach Kaisersesch, wo er allerdings verstarb.
Die Familie wusste dann nicht, was mit ihm passiert war, und erfuhr erst später von Eifelern, dass man einen Mann aus Klotten dort begraben hatte. „Die Familie grub den Toten heimlich aus, und als klar war, dass es sich um den Großvater handelte, brachten sie ihn nach Klotten, um ihn dort zu beerdigen“, so Balthasar. Das ist nur eine von vielen Geschichten, die unter die Haut gehen.

Die ums Leben gekommenen Zivilisten, insgesamt 27, darunter auch Frauen und Kinder, sind auf dem Ehrenfriedhof neben der Klottener Kirche St. Maximin beigesetzt worden. Die kleinen gleichförmigen Kreuze aus Basalt erinnern bis heute an die schreckliche Zeit. Auch für die Lebenden: Hunger, Tauschhandel und Hamstern waren an der Tagesordnung.
Klottener haben Humor nicht verloren
„Doch obwohl es den Leuten nicht gut ging, haben die Klottener ihren Humor bewahrt“, sagt Steffens-Ackermann. Auch an Geschichten, die zum Schmunzeln verleiten, möchte das Team des Dorfarchivs die Leser der Broschüre teilhaben lassen. In dem 136 Seiten starken Büchlein sind sogenannte „Steckeltje“ aufgeführt. Eines erzählt von einer jungen Frau, die im Luftschutzkeller aus ihrem neuen Nachttopf getrunken hat, nachdem sie den anderen Schutzsuchenden erklärt hatte, sie habe vergessen, den Topf am Vorabend auszuleeren. Ungläubig habe man ihr dabei zugesehen, wie sie trank, bis sie gestand, dass der Inhalt nicht das sei, was die anderen denken, sondern Klottener Wein. Dass man auch in den Kriegsjahren Wein anbaute, kam den Moselanern zugute. „Denn Wein war wohl gutes Tauschmaterial“, weiß Steffens-Ackermann.
In einer Geschichte wird auch berichtet, dass man für ein paar Flaschen Wein ein ganzes Kalb bekommen hat und der Metzger sich als Bezahlung die Kalbsfüße wünschte, um daraus Sülze zu kochen. „Doch, so nett die Steckeltje auch klingen, so waren doch die negativen Erinnerungen der Leute deutlich stärker“, weiß Steffens-Ackermann.
Die neue Broschüre wird nach einem Gottesdienst am Mittwoch, 19. März, 15 Uhr, im Klottener Bürgersaal vorgestellt und kann für 9 Euro erworben werden.