Faid
Wenn eine Silbe die Lust am Lesen ausdrückt

Beim ersten regionalen Vorlesewettbewerb von Förderschülern in Faid zeigt Autor Stefan Gemmel den Teilnehmern auf lockere Art die Aufgaben.

David Ditzer

Faid. Zum ersten Mal haben sieben Schulen mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung aus der Region Eifel, Mosel, Hunsrück untereinander einen Vorlesewettbewerb ausgetragen. 41 Schülerinnen und Schüler traten am Montag im Gemeindehaus Faid in verschiedenen Gruppen gegeneinander an. Eine Expertenjury bewertete die Vorleseleistungen. Selbstverständlich kürte sie in jeder Kategorie auch Sieger (siehe Zusatztext), doch das war am Ende zweitrangig. Im Vordergrund stand der Lesespaß - und den hatten alle Beteiligten definitiv.

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Von unserem Redakteur David Ditzer

Von der Bühne aus fordert der Kinder- und Jugendbuchautor Stefan Gemmel alle Kinder, Jugendlichen und Lehrer im Saal des Gemeindehauses Faid dazu auf, sich von ihren Stühlen zu erheben. Weil die Köpfe der Teilnehmer des bevorstehenden Lesewettbewerbs möglichst leer sein sollen, müssen sie erst einmal von allem möglicherweise vorhandenen Ballast befreit werden. Wildes Kopfschütteln ist also angesagt. „Oh ja, ihr Großen dahinten an der Wand saht gerade besonders gut aus“, ruft Gemmel von der Bühne herab.

Mit den „Großen“ meint Gemmel die Schüler der Berufsfachschule 1 (Ernährung und Hauswirtschaft, Gesundheit und Pflege) aus der Berufsbildenden Schule in Cochem. Sie haben für alle Wettbewerbsteilnehmer, die nicht gerade vor den Augen der Jury auf der Bühne stehen müssen, in einem Nebenraum verschiedene Unterhaltungsangebote vorbereitet. Schließlich sollen Aufregung und Anspannung auch nach der kleinen Lockerungsübung mit Wettbewerbsmoderator und Schirmherr Gemmel nicht zurückkehren.

Nach Gemmels „Wandbemerkung“ zur Kopfschüttelübung erfüllt schallendes Gelächter den Saal. Das Ziel ist erreicht. Jetzt können die Vorleser letzte Reste von Anspannung und Aufregung mühelos aus den Beinen schütteln. Es kann losgehen.

Zuerst messen sich sechs Schüler im Buchstaben- und Silbenlesen miteinander. Die Leseaufgaben präsentiert Gemmel ihnen auf DIN-A4-Blättern. Sie sind so groß bedruckt, dass auch das Publikum im Saal die Buchstaben erkennen kann. Vorsagen verboten, versteht sich. Einfühlsam und mit dem nötigen Witz hilft Gemmel den Vorlesern auf die Sprünge, wenn der Lesefluss vom einen zum zweiten Buchstaben vor lauter Aufregung mal stockt. Er ist auch mit Tipps zur Stelle, wenn den Schülern nicht sofort ein Wort einfällt, in dem die soeben von ihnen vorgelesene Silbe vorkommt.

Buchstaben- und Silbenlesen ist nur eine Wettbewerbsaufgabe, der sich an diesem Vormittag in der Eifel förderbedürftige Schüler stellen. In anderen Gruppen geht es beispielsweise ums Bilderlesen, Wörterlesen, Bildzeichen-/Signalwortlesen oder gar darum, lange Sätze und kleine Texte zu lesen. Die Differenzierungen sind notwendig, damit Schüler gegeneinander antreten, die vergleichbare Fähigkeiten besitzen. Wobei das Gegeneinander in Faid eher ein großes, von ansteckender Fröhlichkeit geprägtes Miteinander ist.

Die Idee zu der Premiere eines regional angelegten Vorlesewettbewerbs der Schulen mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung war im Kollegium der Astrid-Lindgren-Schule (ALS) in Dohr geboren worden. Christina Esch lehrt dort, kümmerte sich federführend um die Wettbewerbsplanung und trat als Co-Moderatorin auf.

Vor dem Regionalentscheid waren an fast allen Schulen die besten Vorleser auf Schulebene gekürt worden. Moderation und Schirmherrschaft für den großen Wettstreit in Faid hatte der Autor Stefan Gemmel gern übernommen. Anregungen zur Konzeption lieferte Eva Pfitzner, die Vorsitzende des Literaturwerks Rheinland-Pfalz. Dass der Wettbewerb tatsächlich zustande kam, sei nicht zuletzt großzügigen Betrieben auf der Region zu verdanken, hielt Martina Reif von der ALS fest. Sie spendeten und ermöglichten es der Schule so zum Beispiel, das Bürgerhaus zu mieten.

Die Organisatoren der Astrid-Lindgren-Schule Dohr waren mit der Wettbewerbspremiere in Faid rundum glücklich. Sie können sich vorstellen, dass es so einen Regionalentscheid nun jedes Jahr gibt. Das Ziel, bei den Schülern den Spaß am Lesen und an Literatur zu wecken, sei vollends erreicht worden. Dafür spricht die allgegenwärtige Freude, mit der die Schüler auf der Bühne ihre Aufgaben gemeistert haben. Lachen war Trumpf an diesem Vormittag – und das Lesen natürlich auch.

Der Regionalentscheid im Vorlesewettbewerb in Kürze

Schulen: Astrid-Lindgren-Schule (Dohr), St.-Martin-Schule (Düngenheim), St. Laurentius-Förderzentrum (Daun), Hubertus-Rader-Förderzentrum (Gerolstein), Theodor-Heuss-Schule (Kastellaun), Genoveva-Schule (Mayen), Schule Herz-Jesu-Haus Kühr (Niederfell).
Jury: Cornelia Layaa-Laulhé, Gabi Walgenbach (Buchhändlerinnen aus Cochem und Kaisersesch), Eva Pfitzner (Literaturwerk), Hans-Rudolf Bott (früher Leiter der ALS Dohr), Jens Olberz (früher Schüler der ALS Dohr).
Sieger: Philipp (auf Elternwunsch nur Vornamen) aus Düngenheim (Gruppe „Bilder lesen“), Julian aus Düngenheim („Bildzeichen lesen“), Michelle aus Daun („Buchstaben-/ Silbenlesen“, Marcel aus Düngenheim („Wörter lesen“), Andreas aus Dohr („Sätze lesen“), Nina aus Niederfell („kleine Texte lesen“), Jessica aus Kastellaun („große Texte lesen“).
Preise: Für die Sieger je ein Buch und ein Leselöwenkuscheltier, alle anderen Teilnehmer erhielten als zweite Sieger je eine Urkunde.

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