An der Autobahnraststätte Elztal werden die jungen Frauen ihre Weltreise beginnen, per Anhalter nach Frankreich und Portugal fahren, über den Atlantik nach Südamerika segeln, durch Mittel- und Nordamerika nach Alaska reisen, um dann die Beringsee über die Aleuten nach Kamtschatka/Russland zu überqueren. Von dort geht es durch Sibirien weiter Richtung Iran, Türkei und zurück in die Eifel.
Das ist zumindest der grobe Plan für den Trip, der sicher zum Abenteuer wird. Dabei sind Lisa und Julia nicht auf touristische Abenteuer aus, sondern: „Wir werden Menschen besuchen, die ihre eigene Vision einer besseren Welt zu einer real existierenden Möglichkeit geformt haben.“ Aussteiger also, die Utopien leben.
Da Lisa bereits seit mehreren Jahren allein mit ihrem Rucksack die Welt bereist (die RZ berichtete) und Julia in alternativen Gemeinschaften in Europa gelebt hat, haben die Schwestern persönliche Kontakte zu Aussteigern, Kommunen und Bewegungen, die mit ihrer Art zu leben „die Welt verbessern“ möchten. So werden sie unter anderem einige Zeit im „Valle de Sensaciones und Colibris“ in Frankreich, Spanien und Südamerika verbringen, mit Aussteigern in der Wildnis Alaskas leben und in den USA mit Wanderarbeitern in Güterzügen durch das Land ziehen. In Mexiko möchten die Schwestern Eindrücke vom Alltag der Frauen in einem matriarchal strukturieren Dorf gewinnen. Und sie werden über eine Kontaktperson zu den Zapatisten vordringen, die als indigene revolutionäre Guerillabewegung für ihre Rechte kämpfen. Und natürlich werden Lisa und Julia auf ihrer Reise neue Kontakte zu außergewöhnlichen Menschen knüpfen, um deren Leben kennenzulernen.
Aussteigerinnen aus dem bürgerlichen Leben sind die Schwestern selbst, zumindest für drei Jahre. Doch ihre ungewöhnliche Reise soll kein Selbstzweck sein, betonen sie. Alle Eindrücke und Einblicke möchten sie in einem Fotobuch zusammentragen. Die freiberufliche Fotojournalistin Lisa möchte die Bilder liefern, während die Psychologin Julia die erläuternden Texte schreiben wird: „Wir möchten, dass interessierte Menschen auf das gesammelte Wissen zu alternativen Lebensformen zurückgreifen können.“
Lisa und Julia lassen für eine lange Zeit ihre Familie und Freunde zurück, ohne Bedauern und ohne Angst vor Heimweh. Sie empfinden ihren dreijährigen Ausstieg auch nicht als Flucht vor „dem wirklichen Leben“, sondern vielmehr als Erfüllung ihrer ureigenen Erwartungen an das Leben. Die jungen Frauen haben eine sehr enge Bindung zu ihren Eltern, die ihre Töchter loslassen und ihnen vertrauen: „Unsere Eltern sind immer da, auch wenn wir getrennt sind. Sie haben uns so aufwachsen lassen, dass wir das Selbstvertrauen haben, ohne Angst durch die Welt zu reisen.“ Geplant ist allerdings, dass die Eltern Lisa und Julia irgendwo auf der Welt besuchen.
Selbstredend, dass die beiden Schwestern sich gut verstehen, einander vertrauen und aufeinander aufpassen werden. Bislang haben sie getrennt voneinander das Leben und die Welt erforscht. Mit der gemeinsamen Reise erfüllen sie sich nun den lange gehegten Wunsch, zusammen etwas auf die Beine zu stellen.